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Umplanung des Museums der Moderne in Berlin: Mehr grün

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Von: Harry Nutt

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Die umstrittene „Scheune“ im Computermodell.
Die umstrittene „Scheune“, nun umgeplant zu nachhaltiger und begrünt. Herzog & de Meuron / Louise Bourgeois / Yayoi Kusama © Herzog & de Meuron/Louise Bourgeois/Yayoi Kusama

Das geplante Museum der Moderne in Berlin verbessert auf Geheiß der Kulturstaatsministerin Claudia Roth seine Ökobilanz.

Wenn die Intensität eines Architekturstreits ein Gradmesser für die Bedeutung einer Institution ist, dann stehen dem künftigen Museum der Moderne auf dem Berliner Kulturforum große Zeiten bevor. Der mit liebevoller Boshaftigkeit als „Scheune“ bezeichnete Entwurf des Elite-Architekturbüros Herzog & de Meuron wurde nicht nur wegen seiner ästhetischen Schlichtheit gerühmt und kritisiert, sondern vor allem wegen eines unübersehbaren Hangs zur Verschwendung, der sich nicht nur auf die lichtdurchflutete Halle bezog. Aus ökologischer Sicht, wurde immer aufs Neue moniert, sei der geplante Neubau neben der Neuen Nationalgalerie eine einzige Katastrophe – ein Haus mit hoher Heiz- und Kühlintensität, je nach Jahreszeit.

Die politisch Verantwortlichen, allen voran Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU), wehrten nach Kräften ab. Gut ein Jahr nach Amtsübernahme präsentierte nun die Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ihre Vision vom Museum. Es wird nachgebessert. Wo es nur geht, soll bis zur geplanten Fertigstellung 2027 Nachhaltigkeit implantiert werden. Claudia Roth sprach gar von einer Ästhetik der Nachhaltigkeit, und wer es bemerken wollte, konnte in der gewohnt Roth’schen Begeisterung eine straßenkämpferische Annahme der baupolitischen Herausforderung erkennen. „Das ist unser Haus“ zitierte sie einen frühen Song ihres einstigen Schützlings Rio Reiser.

Flankiert wurde Claudia Roth von Dirk Messner, dem Präsidenten des Bundesumweltamtes, der die Gelegenheit nutzte, ein paar Vokabeln aus dem Nachhaltigkeitskatalog unterzubringen. Es müsse gelingen, das Gebäude zu einem Zeichen des Aufbruchs zu machen. Andernfalls werde es ein Relikt einer Baumoderne, die abgelaufen ist. Zirkularität der Materialien, Ressourcenströme – die Sprache der Nachhaltigkeit enthält implizit ein Versprechen der Achtsamkeit und die Erwartung, dass bei der Verfertigung von Gedanken und Gewerken eins ins andere greifen möge.

Einer der Architekten, Jacques Herzog, verlor keine Zeit, den weitgehend vom Tisch gefegten ersten Entwurf zu verteidigen. Einem Architekten müsse man die Idee der Nachhaltigkeit nicht eigens beibringen. Alles soll grüner werden. Die Ausdehnung des angrenzenden Tiergartens in das Kulturforum hinein sei immer die Idee für das Haus gewesen, so Herzog. Er schloss ausdrücklich an die berühmten Kollegen Hans Scharoun und Mies van der Rohe an. Es gehe darum, ein Konzept der Dichte zu verwirklichen, nicht der Leere. Für die Außenhaut werden nun andere Backsteine verwendet, zur weitgehenden Klimaneutralität sollen Fotovoltaik und Fußbodenheizung beitragen. Insgesamt seien die Flächen, die wegen der sensiblen Kunstwerke klimatisiert werden müssen, verkleinert worden. Klaus Biesenbach, der künftige Hausherr des Museums der Moderne, brachte gleich mehrfach die Kunstform Performance ins Spiel, die sich mutmaßlich dadurch auszeichnet, dass schon aufgrund der körperlichen Bewegung der Akteure nicht eigens geheizt werden muss.

Weniger despektierlich könnte man konstatieren, dass die Planungen eine gehörige Portion Realitätssinn erhalten haben, in denen nun Begriffe wie Haustechnik und Energie-Bilanz Berücksichtigung gefunden haben. Die Reduktion von Beton wurde mit dem Wort Tragwerkoptimierung beschrieben.

Claudia Roth und Klaus Biesenbach machten keinen Hehl daraus, dass sie das Museum der Moderne politisch geerbt haben. Durch die dauerhafte Schließung der Sigismundstraße, eine Idee, die Biesenbach generös der Kulturstaatsministerin zuschrieb, soll insgesamt der Ensemblecharakter des Kulturforums, bestehend aus den Museen, der Piazetta vor der Gemäldegalerie sowie Philharmonie und Staatsbibliothek, betont und begrünt werden.

Die Gretchenfrage stellte sich in gleich zwei Varianten. Was kostet’s? Hermann Parzinger von der Stiftung Preußischer Kulturbesitz rechnete kurz zusammen. Statt der ursprünglich geplanten 359 Millionen Euro sei nun von ca. 450 Millionen auszugehen. Die Kosten für sogenannte Indexsteigerungen und Risikovorsorge waren bereits vor einiger Zeit eingepreist worden. 9,9 Millionen Euro, so Kulturstaatsministerin Roth, seien für die Umplanung bereits im Haushalt 2023 verbucht.

Gar nicht so viel mehr also? Klaus Biesenbach erklärte sich das durch erhebliche Einsparungen, z.B. seien die großen Tore ersetzt worden. Keine Scheunentore bedeutet auch: keine Scheune mehr. Das umfassende Greening hat zugleich eine willkommene Imagekorrektur im Gepäck.

Alles besiegelt und beschlossen also? Nicht wirklich. Die Außenflächen, auf der natürliche Kühlungsressourcen nur so sprießen sollen, sind Liegenschaften des Landes Berlin. Die sich gerade erst konstituierende schwarz-rote Regierung muss also noch ins Boot geholt werden. Es wird wohl nicht die letzte Präsentation einer grünen Vision gewesen sein.

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