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Shalini Randeria: Es gibt zurzeit keine globale Demokratie-Bewegung

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Von: Michael Hesse

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Die Finanzkrise von 2008 verstärkte die Demokratie-Müdigkeit: Protest in Boston gegen die Praktiken der Finanzmärkte.
Die Finanzkrise von 2008 verstärkte die Demokratie-Müdigkeit: Protest in Boston gegen die Praktiken der Finanzmärkte. © imago/ZUMA Press

Die Soziologin Shalini Randeria über die Gefahren für die Demokratie, den Rückgang der Frauenfrechte und die verengte Sicht der Europäer auf den Menschenrechtsbegriff.

Professor Randeria, zur Global Assembly 2023/24 kommen Aktivisten und Aktivistinnen aus aller Welt zusammen, um sich über den Kampf um Demokratie und Menschenrechte auszutauschen. Wie steht es weltweit um Demokratie und Menschenrechte? Viele glauben ja einen Verlust an demokratischen Strukturen zu erkennen.

In vielen Regionen der Welt sind Rückschritte im Hinblick auf die liberale Demokratie zu verzeichnen. So zum Beispiel in Polen oder Ungarn. Viktor Orbán proklamiert eine „illiberale Demokratie“. Das birgt einen Widerspruch in sich. Doch „sanft autoritäre“ Tendenzen, wie ich diese Entwicklungen nenne, nehmen in zahlreichen Ländern zu. Das heißt, gewählte autoritäre Regime setzen formaldemokratische Mittel ein, um liberale Institutionen und Prinzipien von innen heraus auszuhöhlen. In den USA geschieht dies seit Jahren durch sogenanntes Gerrymandering, wodurch eine politische Entrechtung von Afroamerikanern und indigenen Bevölkerungsgruppen bewirkt wird. Was Rückschritte im Hinblick auf Menschenrechte und insbesondere Frauenrechte anbelangt, ist die Sache komplizierter gelagert.

Inwiefern komplizierter?

Kritik an den Menschenrechten ist von unterschiedlicher Seite und mit unterschiedlicher Betonung vorgebracht worden. Es gibt Kritiker, die sich auf Argumente des kulturellen Relativismus stützen. Sie bezeichnen Menschenrechte als eurozentrisch und lehnen sie oft als eine imperiale Einmischung in die staatliche Souveränität ab. Aus postkolonialer Sicht wird ins Treffen geführt, dass die westliche Politik der Menschenrechte nicht nur selektiv angewendet wurde, sondern auch heuchlerisch ist. Zudem, so ein weiterer Kritikpunkt, fokussierten Menschenrechte lediglich auf politische Rechte, ökonomische Rechte würden hingegen außer Acht gelassen. Andere Kritiker bringen wiederum vor, dass die dem Individuum zugestandenen Menschenrechte die große Bedeutung von kollektiven Rechten in vielen Gesellschaften weltweit verkennen würden. Daher müssen wir zunächst einen differenzierten Blick auf den Status der Menschenrechte werfen.

Gibt es universelle Menschenrechte, oder haben auch jene recht, die sagen, es handele sich nur um europäische Rechte?

Die Menschenrechte sind universell. Die kulturrelativistischen Argumente gegen Menschenrechte verwechseln ihre Genese mit ihrer Geltung. Allerdings verkörpern Menschenrechte nichts intrinsisch Europäisches oder Christliches, sondern sie wurden überall mittels politischer Kämpfe durchgesetzt. In Europa mussten sie gegen die Kirche und die absolutistischen Monarchien erkämpft werden. Und heute müssen sie gegen Einschnitte durch autoritäre Regierungen verteidigt werden. Die interessantere Frage ist, ob und welche Rechte heute neu gedacht werden müssen und wie ein transnationaler Dialog zu dieser Frage ins Leben gerufen werden kann.

Wie lautet Ihre Antwort?

Wie bereits ausgeführt stellt der politische Liberalismus individuelle Bürgerrechte wie Eigentumsrechte in den Mittelpunkt, während er ökonomische Rechte eher vernachlässigt. Diese sollten aber eine genauso wichtige Rolle spielen. Beispiele für solche ökonomischen Rechte wären eine Anerkennung von Kollektivrechten indigener Gemeinschaften, die ihre Nutzung von Wäldern und Bodenschätzen gewährleistet, sowie die Sicherung der traditionellen Rechte von Bauerngemeinschaften, über ihr Saatgut verfügen zu dürfen. Diese traditionellen Kollektivrechte stehen in Widerspruch zu individuell definierten Eigentumsrechten, die im rechtlichen Rahmen der geistigen Eigentumsrechte in der Welthandelsorganisation ihren Niederschlag finden. Hier sehen wir, wie der politische Liberalismus und der wirtschaftliche Neoliberalismus miteinander verzahnt sind. Die negativen Folgen dieser Verzahnung sollten in der Global Assembly genauer beleuchtet werden.

Was meinen Sie konkret?

Sehen wir uns zum Beispiel die Eigentumsrechte an biogenetischen Substanzen an und fokussieren wir exemplarisch auf Basmatireis aus Indien und Pakistan. Aufgrund der Patentierung geringfügiger genetischer Modifizierungen kann eine in Texas, USA, ansässige Firma diesen Reis zu ihrem Privateigentum erklären und als Texamati-Reis vermarkten. Die Enteignung und Kommerzialisierung fremden Kollektivwissens wird durch diese neuen Eigentumsrechtregime ermöglicht. Oder nehmen Sie den Impfstoff gegen Covid, dessen Patentierung zu einer künstlichen Knappheit führte. Dadurch kam es bei der Herstellung zu Problemen. Zudem kam es zu Preisanstiegen, die dazu führten, dass diese Impfstoffe in vielen Ländern des globalen Südens unerschwinglich wurden. Oder denken Sie an die vielen Medikamente, die zwar wortwörtlich am eigenen Leib armer Menschen in Afrika oder Südasien getestet werden, aber danach aufgrund des Marktpreises außer Reichweite dieser Menschen sind.

Wie steht es da um die Menschenrechte?

Aufgrund der eklatanten Ungleichheiten in dem Zugang zu Medikamenten oder Impfstoffen kann das Recht auf Gesundheit in armen Ländern sowie auch unter den armen Bevölkerungsgruppen in den reichen Ländern nicht verwirklicht werden. Insgesamt stellt sich das Bild der praktischen Durchsetzung von Menschenrechten beziehungsweise der Inanspruchnahme dieser Rechte differenziert dar. Zurzeit können wir in Sachen Frauenrechte und insbesondere mit Blick auf reproduktive Rechte vielerorts, in Osteuropa wie in den USA, Rückschritte beobachten. Auch wenn sie rechtlich noch gesichert sein sollten, können sie in der Realität oftmals nicht in Anspruch genommen werden. In vielen europäischen Staaten werden seit Jahren die Rechte von Migranten und Migrantinnen systematisch beschnitten und die von Asylsuchenden offen infrage gestellt.

Und die Demokratie?

Zur Person

Shalini Randeria ist Präsidentin und Rektorin der Central European University (CEU). Zuvor war sie Professorin für Sozialanthropologie und Soziologie am Graduate Institute in Genf, wo sie auch das Albert Hirschman Centre on Democracy leitete. Sie hat den Excellence Chair an der Universität Bremen inne. Zum Thema Demokratie betreibt sie seit sieben Jahren den Podcast „Democracy in Question“.

Mit einem öffentlichen Auftakt in der Frankfurter Paulskirche beginnt am Sonntag, 14. Mai um 18 Uhr die „Global Assembly für Menschenrechte, Demokratie und globale Gerechtigkeit“. Das Treffen findet aus Anlass des 175. Jahrestages der Nationalversammlung in der Paulskirche statt. Der Schriftsteller Navid Kermani diskutiert mit der Sozialanthropologin Shalini Randeria über Fragen globaler Demokratie.

Die Veranstaltung wird von der FR mitorganisiert. FR-Autorin Bascha Mika moderiert den Abend. Eine Anmeldung vor Ort ist möglich. fr.de/paulskirche Foto: Imago Images

Es gibt keinen linearen, unumkehrbaren Fortschritt. Die Geschichte der Zivilisation ist, wie Walter Benjamin es formulierte, auch eine Geschichte der Barbarei. Ein westliches Monopol auf die Demokratie gibt es nicht. Genauso wenig gibt es ein ideales Modell der Demokratie, das erfolgversprechend in alle Teile der Welt exportiert werden könnte. Demokratie muss im Plural gedacht werden. Denn es gibt unterschiedliche Spielarten der Demokratie, die jeweils ihre eigene Geschichte haben und aus einem spezifischen gesellschaftspolitischen Kontext heraus entstanden sind. Dabei ist beispielsweise die zeitliche Abfolge von Prozessen der Demokratisierung, Säkularisierung und Individualisierung bedeutend. Im Gegensatz zu England oder Frankreich, wo die Demokratisierung auf die Säkularisierung folgte, fand etwa in Indien die Demokratisierung ohne vorherige Säkularisierung oder Individualisierung statt. Die Demokratie in Indien war nicht nur Teil des politischen Kampfes gegen die britische Kolonialherrschaft und wurde daher aus der blutigen Teilung des Landes geboren, sondern sie musste sich auch in einer armen, hierarchischen und weitgehend analphabetischen Gesellschaft etablieren. Entgegen allen Prognosen des Westens scheiterte sie nicht, sondern vertiefte sich, auch durch die Gewährung von Gruppenrechten für ehemals benachteiligte und unterdrückte Gemeinschaften. Die indische Verfassung schlug bereits 1950 neue Wege ein, indem sie diese Rechte über eine Politik der positiven Diskriminierung und über Quoten für Minderheiten verankerte.

Wenn Demokratie sich nicht exportieren lässt, muss sie dann in den Ländern selbst entstehen?

Das ist eine schwierige Frage. Deutschland und Japan waren Länder, in denen sich eine von außen oktroyierte Demokratie erfolgreich etablieren konnte. Hierfür gab es aber spezifische Voraussetzungen, denn sie hatten Vernichtungskriege geführt und wurden anschließend vernichtend geschlagen. In den postkolonialen Ländern hingegen entstanden Demokratien im Zuge antikolonialer Nationalbewegungen. Die Verfassungen dieser Staaten nach ihrer Unabhängigkeit wurden von ihren eigenen politischen Eliten gestaltet, oft in Anlehnung an westliche Vorbilder. Die USA sind ein interessanter Fall. Das ist ein Land, das sich gern als Vorreiter in Sachen Demokratie rühmt, obwohl die Afroamerikaner ihre Bürgerrechte nicht nur hart erkämpfen mussten, sondern ihnen diese Rechte erst sehr spät, in den 1960er Jahren gewährt wurden. Die von Martin Luther King erfolgreich angewendeten Praktiken des gewaltlosen Widerstandes und des zivilen Ungehorsams hatten ihren Ursprung in der von Mahatma Gandhi geleiteten indischen Nationalbewegung. Angesichts der systematischen Unterminierung und der Rückschläge in Sachen politische Inklusion und Ausübung von Bürgerrechten von Afroamerikanern ist die amerikanische Demokratie heute als akut gefährdet einzustufen.

Wie meinen Sie das?

Man denke nur an Trump, der in der republikanischen Basis nach wie vor große Popularität genießt, obwohl er ein Wahlleugner ist. Die Republikaner sind an der Herstellung einer permanenten Mehrheit und damit an einem Machterhalt interessiert, der jegliche liberaldemokratischen Prinzipien konterkariert. Die USA als Vorbild für eine Demokratie zu sehen, fällt einem zunehmend schwer. In vielen Ländern der Welt gibt es ähnliche Angriffe auf liberale Grundsätze durch konservative Kräfte und nationalistische Populisten. Auch unter dem früheren britischen Premierminister Boris Johnson haben wir ernste Attacken auf den britischen Parlamentarismus erlebt. Es ist eine Art „sanfter Autoritarismus“. Ich gebrauche dabei den Ausdruck „sanft“, weil hier nicht etwa militärische Mittel zum Einsatz kommen, sondern Verfassungscoups vorgenommen werden wie in Israel unter Netanjahu oder in der Türkei unter Erdogan. Das Recht wird also eingesetzt, um den Rechtsstaat systematisch zu schwächen. Auf Grundlage eines ethnischen Nationalismus wird versucht, eine permanente Mehrheit zu schaffen. In vielen Gesellschaften gebären sich religiöse oder ethnische Mehrheiten als Gruppen, deren Rechte infrage stünden. Und mit diesem Argument werden nicht nur Minderheitenrechte demontiert, sondern auch liberale Werte infrage gestellt. Sanft autoritäre Praktiken verbreiten sich, indem diese Regierungen voneinander lernen. Gegenwärtig scheinen konservative Parteien international viel besser vernetzt zu sein als die fortschrittlichen Kräfte.

Trump, Putin, Erdogan oder Orbán stehen für Demokratieabbau: Alle sind gewählt worden. Rührt die Demokratieskepsis von der Finanzkrise 2008 und der sozialen Ungleichheit her?

Das ist gewiss einer der Gründe. Man müsste in diesem Zusammenhang Max Horkheimers berühmten Aphorismus „Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch vom Faschismus schweigen“ umformulieren. Man könnte sagen: Wenn man nicht gewillt ist, über die Widersprüche des Kapitalismus zu sprechen, muss man auch über den Niedergang der Demokratie schweigen. Ohne einem ökonomischen Reduktionismus zu verfallen, wäre es wichtig, die wirtschaftlichen Faktoren, die zu einem demokratischen Rückgang beigetragen haben, zu berücksichtigen. Die Auswirkungen der Finanzkrise von 2008, der Abbau des Wohlfahrtstaates, die wachsende Ungleichheit in jeder Gesellschaft, all das spielt eine Rolle. Denn der soziale Abstieg führt zu Ängsten und Ressentiments, die von den Rechten instrumentalisiert werden. Aber die Demokratie wird nicht nur an fairen Wahlen und der Einhaltung formaler Prozeduren gemessen, sondern auch an ihrem konkreten Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen. In vielen postkolonialen oder postsozialistischen Kontexten war Demokratie zu sehr auf Verfahrensnormen und formales Recht ausgerichtet. Man ging davon aus, dass die unbestrittenen Vorteile der unregulierten kapitalistischen Märkte für den Rest sorgen würden. Der Kapitalismus wurde nicht als Problem betrachtet, sondern als integraler Bestandteil demokratischer Gesellschaften akzeptiert, der nicht gezähmt oder adaptiert werden musste. Und der neoliberale Kapitalismus ging vielerorts nicht nur mit Abbau, Verlagerung und Vernichtung von Arbeitsplätzen einher, sondern rief bei vielen Menschen auch ein Gefühl der Machtlosigkeit hervor, die eigenen Lebensbedingungen zu ändern. Die Enttäuschung über die nicht erfüllten Versprechen der Demokratie fördert die Sehnsucht nach einer starken Führung. Toxische Männlichkeit, Ethnonationalismus und Kumpel-Kapitalismus gehen mit „sanftem“ Autoritarismus einher.

Das trübt den politischen Blick?

Die Frage, wer zählt oder besser gesagt wer zum wahren Volk gezählt wird, gewinnt damit an Bedeutung. Die Grenzen des Nationalstaates mögen unverändert bleiben, aber die Grenzen der politischen Gemeinschaft werden durch Inklusion und Exklusion neu gezogen. Während Minderheiten, die in einem Land leben, ausgeschlossen werden, werden Diasporagemeinschaften mit politischen Rechten ausgestattet. Auf diese Weise gewann Viktor Orbán in Ungarn die vorletzten Wahlen. Diese Art der Verflechtung von Demokratie mit Demografie ist ein wichtiges Merkmal rechtsgerichteter ethnonationalistischer Politik, die nicht nur Wahlergebnisse verzerrt und damit die Demokratie gefährdet, sondern in Angriffe auf reproduktive Freiheit mündet. Denn in weiterer Folge werden einerseits antinatalistische Maßnahmen gegen Minderheiten ergriffen, um ihren Anteil in der Bevölkerung zu reduzieren; andererseits wird mit pronatalistischen Maßnahmen versucht, Druck auf jene Frauen auszuüben, die zu der ethnischen Mehrheitsbevölkerung gehören. Sie sollen zahlreiche Kinder gebären, um ihre patriotische Pflicht zu erfüllen. In der Global Assembly sollte meines Erachtens über diese Verschränkungen nachgedacht werden.

Wenn man an die Global Assembly denkt, geht man da nicht davon aus, dass man etwas an Demokratie jenseits der Nationalstaaten schafft? Wie geht es weiter mit den Ideen? Kant träumte von einer Weltregierung. Marx hoffte auf den Sozialismus.

Der Sozialismus sowjetischer Prägung ist gescheitert. Ich sehe zurzeit keine globale Demokratiebewegung. Es gibt gegenwärtig jedoch zahlreiche Bewegungen, die im nationalstaatlichen Rahmen relativ breit mobilisieren und das auch in sehr autoritären Staaten. Schauen Sie nur, wie stark sich eine spontane Bewegung, angeleitet von Frauen mit dem Slogan „Women, Life, Freedom“, in weiten Teilen Irans verbreiten konnte. Es gab überraschend viele erfolgreiche Proteste in China, wo die Regierung ihre sehr restriktive Covid-19-Politik neulich ändern musste. In Indien hat die sehr gut organisierte Bauernbewegung die Regierung ebenfalls dazu gezwungen, ihre agrarpolitischen Maßnahmen zurückzunehmen. Bei keiner dieser Bewegungen hat internationale Unterstützung eine Rolle gespielt.

Wo hätten Sie eine erwartet?

Mich hat es gewundert, dass während der Covid-19-Pandemie, die globale Auswirkungen hatte, keine transnationale Bewegung gegen die Patentierung von Vakzinen entstanden ist. Gegen die Patentierung von HIV-Medikamenten dagegen gelang eine transnationale Mobilisierung. Und diese starke internationale Solidarität führte dann auch zu einem gerechten Zugang zu HIV-/Aids-Medikamenten. Trotz gravierender Einschnitte bei den Frauenrechten, insbesondere im Hinblick auf das Recht auf Abtreibung, unter anderem in den USA, gibt es noch keine internationale Frauenbewegung, wie wir sie zu Zeiten der UN-Weltbevölkerungskonferenz in Kairo oder der Weltfrauenkonferenz in Peking vor 30 Jahren beobachten konnten. Gegenwärtig gibt es beispielsweise bei Themen wie dem Klimawandel sowie bei der Black-Lives-Matter-Bewegung Solidarität auf transnationaler Ebene. Aber die Fragen des Umgangs mit begrenzten Ressourcen und ihrer gerechten Verteilung können letztlich nicht von einer einzigen, lokalen Bewegung realisiert werden, genauso wenig wie eine nachhaltige Klimapolitik. Eine globale Bewegung hingegen kann zur Entwicklung neuer Ideen beitragen, Möglichkeiten zum Austausch schaffen, politische Mobilisierung ermöglichen. Anschließend muss Druck auf nationale Regierungen ausgeübt werden. Die relevanten multilateralen Organisationen müssen in Fragen der Energie- und Klimapolitik, der Frauenpolitik und der Gesundheitspolitik ebenfalls zum Handeln bewegt werden. Die soziale Frage kann heute nur in einem globalen Rahmen gestellt werden, denn eine faire Weltwirtschaftsordnung ist eine unabdingbare Voraussetzung für Verbesserungen jeder Art. Die Vereinten Nationen sind leider eine machtlose Institution. Umso bedeutender ist es, bestehende internationale Organisationen wie die WHO, die Weltbank oder den IWF zu reformieren und zu demokratisieren. Denn sie sind zu einem Zeitpunkt entstanden, als der Großteil der Weltbevölkerung noch unter Kolonialherrschaft lebte. Schließlich müssen wir über das kapitalistische System und das damit verbundene Nord-Süd-Gefälle sowie die Ungleichheiten innerhalb von Gesellschaften sprechen, denn die Zukunft der Demokratie und der Menschenrechte hängt entscheidend davon ab, wie wir diesen Asymmetrien begegnen und für globale soziale Gerechtigkeit sorgen. Der Weg dahin ist genauso wichtig wie die Ziele. Und um seine Ausgestaltung geht es heute.

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