Es gibt auch Psychopathinnen, doch die sind selten. Ist das Böse also doch männlich?
Das ist eine viel diskutierte Frage, über die man ein eigenes Buch schreiben könnte. Die Verurteilungsstatistik spricht dafür, derzeit sind knapp 60.000 Menschen im Knast, davon nur etwa 2600 Frauen. In der Sicherungsverwahrung sitzen nur zwei Frauen und rund 500 Männer ein. Natürlich gibt es auch Psychopathinnen, aber ihr Anteil in Frauengefängnissen ist geringer, als bei den Männern. Man muss natürlich auch sehen, dass Frauen seltener verdächtigt und seltener überführt werden. Es kann also auch sein, dass sie einfach cleverer sind und andere Wege der Kriminalität gefunden haben. Und es wird ihnen eher verziehen.
Wie kommen Sie darauf?
Gerade in der Strafjustiz wird ja bis heute ein Frauenbild tradiert, das eigentlich überholt ist. Man entschuldigt ihre Taten mit ihrer Schwäche und Abhängigkeit. Daher kommen Frauen vor Gericht nach wie vor besser weg als Männer. Es spielt auch eine Rolle, dass Frauen von klein auf beigebracht wird, ihre Impulse zu kontrollieren. All diese Faktoren müssten viel intensiver wissenschaftlich erforscht werden, ebenso wie die Formen weiblicher Kriminalität, die bisher auch überwiegend nur in Einzelfallbetrachtungen untersucht werden. Wenn sich herausstellen würde, dass Frauen tatsächlich die besseren Menschen wären, könnten wir alle daraus lernen und diese Erkenntnisse in Erziehung, in Schule und Therapien einsetzen, um auch die Männer zu bessern.
Klingt nach einem guten Plan.
Das finde ich auch, ich bin jedenfalls froh, dass ich eine Tochter habe.
Interview: Regine Seipel