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Ensemble Modern: Dämmerzustände

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Von: Bernhard Uske

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Das Ensemble Modern in der Alten Oper Frankfurt. Von Bernhard Uske

Ein Hauch von Happy New Ears lag über dem jüngsten Abonnementskonzert des Ensemble Modern im Mozart Saal der Alten Oper. Vier Komponisten (drei Männer, eine Frau) waren anwesend und wurden von den Ensemble Modern-Mitgliedern Christian Hommel und Eva Böcker zu ihren Werken befragt. Das hatte kaum einen Erkenntnisgewinn und so war es gut, dass die beiden Moderatoren dem ungestalten Gedankensprudel der Künstler jeweils schnell ein Ende machten. Zumal im Programmheft in besserer Fasson zu Biografie und Werkanlass genug zu lesen war.

Dirigiert wurde von der 31-jährigen Französin Lucie Leguay, die man eher mit klassischer Musik kennt. Eine sichere Hand bot sie auch hier, die mehr als die übliche Neue Musik-Schutzmann-Signaletik war und dem aufgeräumten Ensemble zu gefallen schien.

Innige Auseinandersetzung

Die Werke entstammten neuester Produktion, wobei Johannes Boris Borowski (Jahrgang 1979) mit „Innig“ und Anna Korsun (geboren 1986) mit „Marevo“ aus der typischen Hüllkurve zeitgenössischer Klangbildung herausragten. Borowski vermochte am besten seine Intentionen einer innigen Klangauseinandersetzung darzustellen. Teilweise wirkten die 15 Minuten wie eine Proustiade: das Nachleben und Vorbilden von klanggedächtnisbesetzenden Vorgängen einer musikalischen Memetik. Das gab der mémoire involontaire eine sinnenhafte, einerseits bohrende und verharrende, andererseits sich auflösende und neu bildende Funktion.

Das andere markante Werk stammte von der (nicht anwesenden) Weißrussin Anna Korsun, die mit „Marevo“ eine akustische Blase im mentalen Halbschatten gestaltete, wie man sie aus Zuständen des vor sich Hindämmerns kennt: mit Verschiebungen, partiellen Fokussierungen und Überlagerungen eines harmonikalen Flows. Er war grundiert im Einsatz von zwei „singenden Sägen“ und bildete sich bei jedem der Instrumentalisten auch als Dauergesumme: wiegenliedhafte Schamanerie.

Eine Art Neobarock-Hiphop-Ostinato samt rezitativischen Instrumentalmonologen bot Hankyeol Yoon (Jahrgang 1994) mit „Grande Hipab“, während es Milica Djordjevic (geboren 1984) mit zwei verschiedenen Arten von Klangplastik – „Transfixed – Transfixed‘“ – darauf ankam „dass niemand gleichgültig bleibt“. Johannes Maria Staud ist bei „Listen, Revolution (We’re buddies, see -)“ offensichtlich viel durch den Kopf gegangen was Revolution, Politik und Kunst anbetrifft. Zumindest konventionell programmpolitisch hat sein vollgriffiger und plastischer Klang dem Abend zu klassischer Finalwirkung verholfen.

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