Bundes-Privat-Kunsthalle

Kulturstaatsminister Bernd Neumann zieht die Notbremse. Welcher Teufel hat den Intendanten der Bundeskunsthalle nur geritten, sich für die aktuelle Anselm-Kiefer-Schau ausgerechnet mit Walter Smerling zu verbünden?
Von Sebastian Preuss
Öffentliche Museen waren noch nie unabhängig von der Gunst privater Sammler. Was wäre etwa Berlin ohne die Nofretete, der Schenkung des jüdischen Wohltäters James Simon? Trotzdem muss es Grenzen geben, zur Sicherheit von beiden Seiten. Wo diese Grenzen verletzt werden, bricht in der Regel ganz schnell Ärger aus. So ist es jetzt in Bonn, und auch dort ist es ein Skandal, den sich alle Beteiligten leicht hätten ausmalen können.
Ob Robert Fleck, der Intendant der Bundeskunsthalle, tatsächlich so unfähig war, ob seine Ausstellungen wirklich so uninteressant waren, wie es ihm die Süddeutsche und die FAZ jetzt unterstellen, sei dahingestellt – fest steht, dass Fleck zuvor als Direktor der Hamburger Deichtorhallen eine exzellente Arbeit machte und auch einige seiner Ausstellungen in Bonn weithin akklamiert wurden. Jedenfalls verfehlte die Kampagne ihre Wirkung nicht. Gestern ließ Kulturstaatsminister Bernd Neumann mitteilen, dass Flecks Vertrag nicht über 2013 hinaus verlängert wird. Das Fass zum überlaufen brachte offenbar die Kritik an der aktuellen Anselm-Kiefer-Schau.
Welcher Teufel hat Fleck nur geritten, sich dafür ausgerechnet mit Walter Smerling zu verbünden? Smerling, der in einem merkwürdigen Machtgeflecht eine Kulturstiftung betreibt, ein Sammlermuseum in Duisburg führt und in dubioser Allianz mit der Bild-Zeitung ebenso dubiose Großausstellungen im Berliner Gropius Bau organisiert hat – diesem rheinischen Klüngler hat Fleck jetzt die Kuratorenschaft der großen Kiefer-Schau übertragen. Für Bonn ist das schon Affront genug, denn mit der pompösen, aber inhaltlich dünnen Schau „Zeitenwende“ bescherte Smerlin der Stadt 1999 ein Zwei-Millionen-Mark-Loch; sie musste ein kostbares Baselitz-Gemälde verkaufen.
Aber nicht genug: Smerling lässt vom Staat ausschließlich die Präsentation der Kiefer-Sammlung des Unternehmers Hans Grothe finanzieren. Dieser zeigte seine – in Teilen wahrhaft eindrucksvolle – Kollektion lange Jahre im Bonner Kunstmuseum. Dort war die Sammlung herrlich ausgebreitet, wurde gehegt, gepflegt und im Wert gesteigert, bis Grothe alles nach und nach abzog und verkaufte. Und jetzt gewährt die benachbarte Bundeskunsthalle demselben Sammler wieder eine öffentlich finanzierte Aura.
Kiefer, Grothe, Smerling – da wurde der Bock zum Gärtner gemacht. Steht auch diesmal wieder ein angestrebter Verkauf im Hintergrund? Die Frage muss erlaubt sein, denn wie wichtig die Zusammenarbeit mit Sammlern auch ist: Öffentliche Museen und Kunsthallen dürfen sich nicht für private Zwecke missbrauchen lassen. Jetzt hat der Minister die Notbremse gezogen.