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Trump attackiert die Nato

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Von: Karl Doemens

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Alarmierende Botschaft: Donald Trump bereitet seine Rückkehr ins Weiße Haus vor. Anna Moneymaker/AFP
Alarmierende Botschaft: Donald Trump bereitet seine Rückkehr ins Weiße Haus vor. Anna Moneymaker/AFP © Anna Moneymaker/afp

Beim Treffen rechter Republikaner fantasiert der Ex-US-Präsident einen Angriff auf das Brüsseler Hauptquartier.

Als der Mann nach mehr als 100 Minuten endlich zum Schluss kommt, springen seine Fans im Saal von den Stühlen. Donald Trump will die Innenstädte der USA neu aufbauen und die Straßen nach Patrioten umbenennen. Er kündigt eine Geburtsprämie für einen neuen Baby-Boom an und fordert einen Pulitzerpreis für den ultrarechten Fox-News-Moderator Tucker Carlson. Er fantasiert über russische Panzer, die das Nato-Hauptquartier „mit einem Schuss“ in Schutt und Asche legen und sieht das eigene Land in der Hand von Marxisten und Verrückten. Aber zum Glück hat er den Durchblick: „Ich kann sehr einfach den Dritten Weltkrieg verhindern“.

Die Reden des Ex-Präsidenten haben selten einen roten Faden. Aber der Monolog, den er am Samstagabend bei der CPAC-Tagung der rechten Republikaner vom Stapel lässt, klingt selbst für seine Verhältnisse wild. „Die Menschen mögen es, wenn ich mich vom Manuskript entferne“, hat er gesagt: „Das ist etwas riskant, macht aber mehr Spaß.“ Spaß ist genau das, was seine Zuhörer haben wollen. Vor der Konferenzhalle werden T-Shirts von Joe Biden mit Hitler-Bärtchen verkauft.

Brav war das jährliche CPAC-Treffen der US-Konservativen noch nie. Aber inzwischen hat sich die viertägige Veranstaltung zu einem Jahrmarkt für „Make America Great Again“-Schlachtenbummler, Rechtsextreme und Verschwörungsideologen entwickelt, dessen Höhepunkt der Auftritt von Trump ist. Sein mutmaßlich aussichtsreichster innerparteilicher Herausforderer im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur, Ron DeSantis, ist genauso wenig gekommen wie Ex-Präsident Mike Pence oder Kevin McCarthy, der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, und Senats-Minderheitsführer Mitch McConnell. Immerhin hat am Vortag Trump-Herausforderin Nikki Haley gesprochen, aber sie bekam eher mageren Applaus.

Kein Geld für die Ukraine

In dem Konferenzzentrum vor den Toren Washingtons wird eine Freak-Show gegeben. Mit 62 Prozent landet Trump in einer Umfrage unter den Teilnehmenden wenig überraschend auf dem ersten Platz beim Rennen ums Weiße Haus. Sein Vortrag ist eine Mischung aus seinen rechten Evergreens, Seitenhieben gegen die traditionellen Republikaner, Pöbeleien über Joe Biden und Verneigungen vor Russlands Machthaber Wladimir Putin.

Im Grunde aber geht es nur um Trump selber: Unter ihm standen die USA in Blüte, die äußeren Feinde hatten Respekt, die Wirtschaft florierte, und Nato-Regierungschefs schickten angeblich sofort Milliarden-Schecks, nachdem er ihnen drohte, sie bei einem feindlichen Angriff nicht mehr zu verteidigen. Je länger die Rede dauert, desto mehr verschwindet die Wirklichkeit hinter der narzisstischen Fantasie, in der dauernd irgendwelche Generäle ehrfürchtig „Yessss, Sir!“ zu ihm sagten.

Doch jenseits der üblichen Lügen birgt der Auftritt eine alarmierende Botschaft: Mehr noch als zu seiner Regierungszeit sieht Trump die Nato inzwischen als rein ökonomisches Zweckbündnis, und die anderen Partner sind für ihn Schmarotzer. Deren militärischen Schutz will er künftig an die Bedingung knüpfen, dass sie den USA Vorzugskonditionen im Handel einräumen. Das Geld für die Ukraine will er lieber zur Sicherung der eigenen Grenze mit Mexiko einsetzen. Den Ukraine-Krieg will Trump sofort beenden: „Das wird nicht länger als einen Tag dauern.“ Wie das passieren soll, verrät er nicht. Nur dass er mit Putin „sehr gut klargekommen“ sei, betont er mehrfach.

Seine Fans im Saal hören das gerne. Die von Russland überfallene Ukraine habe indes Anlass zur Sorge. Und viele Alliierte dürften sich fragen, wie das Bündnis mit einem Oberbefehlshaber Trump wohl aussähe. Mitten in einem Krieg fabuliert dieser noch über das neue, aus Glas und Stahl errichtete Hauptquartier der Nato in Brüssel: „Das ist eines der längsten Gebäude, das ich je gesehen habe.“ Drei Milliarden Dollar habe die Nato dafür verpulvert. „Sie hätten stattdessen für 500 Millionen Dollar den großartigsten Bunker bauen sollen, denn es je gab“, kritisiert der Immobilienmogul.

Vor seinem geistigen Auge sieht er schon russische Panzer nach Belgien rollen: „Dann würde es keine 15 Minuten dauern, bis das Gebäude platt wäre.“ Hätte man auf ihn gehört, bestünde die Gefahr nicht: Er hätte 15 Zentimeter dicke Betonwände empfohlen, sagt der Mann, der ernsthaft in zwei Jahren ins Weiße Haus zurückkehren könnte.

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