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Berlin-Wahl: Stillschweigen an der Spree

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Von: Jan Sternberg

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Giffey (M.) begrüßt Lederer im Beisein von Jarasch bei den Sondierungen.
Giffey (M.) begrüßt Lederer im Beisein von Jarasch bei den Sondierungen. © dpa

SPD führt in Berlin mit nur 53 Stimmen vor Grünen / Linke pocht auf Enteignungen

Zweite ist Franziska Giffey immerhin geblieben, wenn auch nur mit einem hauchdünnen Vorsprung. Am Montag gab der Landeswahlleiter das Endergebnis der wiederholten Berliner Abgeordnetenhauswahl bekannt. 53 Stimmen trennen SPD und Grüne, sie bekamen jeweils 18,4 Prozent der Stimmen. Die CDU hatte die Wahl am 12. Februar klar mit 28,2 Prozent gewonnen. Die Linke kam bei der Wahl auf 12,2 Prozent, die AfD auf 9,1 Prozent. Die FDP flog mit 4,6 Prozent aus dem Parlament.

Kann die 44-jährige Ex-Doktorin und Ex-Bundesfamilienministerin Giffey, die seit Dezember 2021 Regierungschefin ist, im Roten Rathaus bleiben? Die 53 Stimmen Vorsprung spielen dabei eine kleine, aber nicht ganz unwichtige Rolle: Auch 53 Stimmen „bestimmen die Reihenfolge. So ist das in der Demokratie“, betont Bettina Jarasch am Montag. Die Grünen-Spitzenkandidatin hat damit ihre letzten Hoffnungen begraben, selbst Regierende Bürgermeisterin zu werden. Und dennoch halten es nicht wenige Beobachter:innen der Sondierungsgespräche für wahrscheinlicher, dass Jarasch und ihre Grünen Teil des nächsten Senats werden als Giffey und die Sozialdemokraten.

Noch schweigen alle Beteiligten und sondieren hinter verschlossenen Türen weiter. Am Montag trafen sich erneut die bisherigen Koalitionäre SPD, Grüne und Linke. Eine Fortsetzung des Linksbündnisses ist weiterhin möglich, müsste aber deutlich anders aussehen als der bisherige Senat.

Nach der Wahl hatte die Linke als kleinster Partner darauf gedrängt, am bisherigen Bündnis festzuhalten, um einen CDU-geführten Senat zu verhindern. Es gebe „soziale Mehrheiten“, sagte ihre Sozialsenatorin Katja Kipping. „Die muss man nutzen.“

Vor dem letzten rot-grün-roten Sondierungsgespräch am Montag erhöhte die Linken-Basis aber den Druck beim Herzensthema Enteignung von Wohnungskonzernen: 11 von 12 Bezirksverbände forderten in einem Antrag für den Linken-Sonderparteitag am Wochenende, dass in einem neuen Koalitionsvertrag ein Gesetzentwurf zur Vergesellschaftung festgeschrieben werden soll, der spätestens bis Mitte 2024 abgestimmt werden müsse.

Als „nicht korrekt“ wies CDU-Wahlsieger Kai Wegner einen „Tagesspiegel“-Bericht zurück, nach dem die Union eine schwarz-rote Koalition dem Bündnis mit den Grünen vorläufig bevorzuge. Mit den Grünen dauerten die Gespräche länger als mit Giffeys Leuten, weil man mit ihnen mehr in die Details gehen müsse, hieß es aus der Union. Das bedeutet aber nicht, dass Koalitionsgespräche mit ihnen unwahrscheinlicher wären.

Ein schwarz-grünes Bündnis wäre eine Premiere für Berlin und könnte Innenstadt und Außenbezirke miteinander versöhnen, sagen die Befürworter dieses Zusammengehens. Zwischen Schwarz und Rot hingegen ist die Distanz geringer.

In einem solchen Bündnis wäre die Sozialdemokratin Giffey höchstens noch einfache Senatorin. In einem Interview für die „Zeit“ hat sie schon einmal durchblicken lassen, dass sie den Chefinnenposten räumen würde: „Ich klebe nicht an meinem Amt. Wirklich nicht“, sagte sie. 53 Stimmen vor den Grünen hin oder her.

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