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Sanktionen gegen Teheran

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Von: Damir Fras

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Annalena Baerbock in Luxemburg.
Annalena Baerbock in Luxemburg. © dpa

Die EU-Diplomatie verhängt Strafen und hadert mit dem Atom-Deal. Und iranische Waffen für Russland machen den Umgang mit den frauenfeindlichen Mullahs nur noch schwieriger.

Vorm Tagungszentrum auf dem Luxemburger Kirchberg riefen am Montag einige Hundert Angehörige des iranischen Exils zum Sturz des Regimes im Iran auf. Im Tagungssaal waren sich die Chefdiplomat:innen der EU am Montag schnell einig: Auf die gewaltsame Niederschlagung der Proteste wollen sie mit gezielten Sanktionen reagieren.

Im Visier ist vor allem die berüchtigte „Sittenpolizei“ der Mullahs, die gnadenlos gegen die Demos vorgeht. „Wir benennen definiert diejenigen, die dafür verantwortlich sind, dass Menschen, dass insbesondere Frauen, die nichts getan haben, als für ihre Rechte zu streiten, dass die umgekommen sind“, formulierte die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock. Im Gespräch sind Einreiseverbote gegen ein knappes Dutzend Führer des Regimes wie die „Sittenpolizei“ als Institution. Auch soll deren Vermögen, wenn es auf Bankkonten in der EU liegt, eingefroren werden.

Baerbock sagte, es gehe um Verbrechen gegen Jugendliche, Kinder und Frauen, „die nichts anderes wollen, als in Frieden und in Freiheit zu leben“. Ausgelöst wurden die Demos durch den Tod der jungen Kurdin Mahsa Amini im Gewahrsam der „Sittenpolizei“ und entwickelten sich schnell zum Protest für das Ende des Kopftuchzwangs und anderer Repressionen. Die 22 Jahre alte Frau war am 16. September unter ungeklärten Umständen gestorben, nachdem sie wegen ihres angeblich „unislamischen Outfits“ verhaftet worden war. Die iranischen Behörden weisen jede Verantwortung ihrer Moralapostel zurück. Die Polizei behauptet, Amini habe einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall erlitten.

Kein Effekt erwartet

Dieses erste Sanktionspaket der EU nun, gedacht zur direkten Unterstützung der Proteste, dürfte nicht das letzte bleiben. Denn die Außenministerinnen und Außenminister erwarten nicht, dass es groß Eindruck in Teheran machen wird. So kündigte Baerbock an, dass weitere Sanktionen schon vorbereitet werden. Zuvor hatte bereits die britische Regierung Strafen gegen Höherrangige aus Politik und Sicherheitsbehörden im Iran verhängt.

Auch die Rolle des Teheraner Regimes in den Verhandlungen über einen Atomdeal beschäftigte die EU-Diplomatie am Montag. Das Abkommen, das eine Atomwaffenproduktion des Iran verhindern soll, liegt seit Jahren auf Eis, weil der frühere US-Präsident Donald Trump es einseitig aufgekündigt hatte. Wegen des Vorgehens der iranischen Behörden gegen das eigene Volk gibt es Stimmen, die einen Abbruch der Verhandlungen verlangen. Das forderte jetzt etwa SPD-Chefin Saskia Esken.

Zwar zweifeln viele EU-Außenministerien daran, ob es zurzeit viel Sinn hat, mit dem Iran über eine Kontrolle seiner Atomanlagen zu verhandeln. Ein formales Ende der Gespräche forderten sie jedoch nicht.

Auch Meldungen, dass der Iran den Russen Kampfdrohnen für den Krieg gegen die Ukraine liefert, haben vorerst keine Konsequenzen auf die EU-Politik gegenüber Teheran. Mehrere Außenminister:innen und auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell drängen aber auf Untersuchung der Vorwürfe.

Der Leiter des ukrainischen Präsidialbüros, Andrij Jermak, schrieb am Montag in der Messaging-App Telegram, Russland habe Kiew unter anderem mit vom Iran gelieferten Schahed-Drohnen, sogenannten Kamikaze-Drohnen, angegriffen. Teheran hat Berichte über Lieferung und Einsatz von iranischen Drohnen bislang stets dementiert.

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