Pläne für Cannabis-Legalisierung entschärft
Bundesregierung will so das Scheitern auf EU-Ebene verhindern
Auf Druck der Grünen und der FDP hat die Bundesregierung die ursprünglich von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgelegten Eckpunkte zur Cannabis-Legalisierung an mehreren Stellen entschärft. Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch ein überarbeitetes Konzept für die Entkriminalisierung, das nunmehr keine generelle Obergrenze für den Rauschwirkstoff THC mehr enthält. Eine Begrenzung für Jugendliche unter 21 Jahren will die Regierung im weiteren Verfahren lediglich prüfen. Die Cannabis-Menge, die straffrei gekauft und besessen werden darf, soll höher sein als bislang geplant: Statt 20 Gramm sollen bis zu 30 Gramm erlaubt sein. Zudem ist vorgesehen, im Eigenanbau nicht nur zwei, sondern drei Pflanzen zuzulassen.
Lauterbach, der in der Vergangenheit gegen eine Cannabis-Freigabe war, sagte, die Entkriminalisierung solle einen besseren Kinder- und Jugend- sowie Gesundheitsschutz im Vergleich zu heute ermöglichen. Mit dem Cannabis-Verbot habe Deutschland bisher keine vorzeigbaren Erfolge erzielt. Vielmehr sei der Konsum gestiegen. Problematisches Suchtverhalten habe auch bei Erwachsenen zugenommen. „Die Tendenz geht in die falsche Richtung“, so der Minister, der selbst Arzt ist und nach eigenen Angaben in dieser Funktion Cannabis selbst probiert hat.
Die übrigen Eckpunkte zur Legalisierung, über die das RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) bereits in der vergangenen Woche berichtet hatte, blieben weitgehend unverändert. Danach sollen die Standorte von Cannabisgeschäften streng reguliert werden und Mindestabstände zu Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen vorgeschrieben werden. Die Werbung für Cannabisprodukte bleibt verboten.
Kritik von Europa-Grünen
Geprüft werden soll, ob ein Verkauf auch in Apotheken erlaubt wird. Offen lässt die Regierung auch, ob der Verkauf von cannabishaltigen Kuchen oder ähnlichen Produkten möglich wird. Klar ist dagegen, dass der Cannabishandel mit der Umsatzsteuer und einer speziellen „Cannabissteuer“ belegt werden soll. Die Regierung setzt zudem ausschließlich auf den Anbau in Deutschland.
Der Minister dämpfte allerdings die Erwartungen. Die nun von der Regierung beschlossenen Eckpunkte wolle er nicht als „großen Durchbruch in der Drogenpolitik verkaufen“, sagte er. Um eine „Hängepartie“ wie seinerzeit bei der PKW-Maut zu verhindern, würden die Eckpunkte jetzt zunächst der EU-Kommission zur Prüfung übersandt. Nur wenn es ein klares Ja von dort gebe, werde der Plan der Legalisierung fortgeführt. Dann könne schnell ein fertiger Gesetzentwurf vorgelegt und im Laufe 2023 beschlossen werden. Allerdings muss dann auch der fertige Gesetzentwurf noch einmal zur Prüfung nach Brüssel. „Wenn alles gut läuft, kann ich mir vorstellen, dass 2024 die Legalität erreicht ist“, sagte der Gesundheitsminister.
Der Freigabe von Cannabis stehen auf europäischer Ebene mindestens zwei EU-Vorschriften entgegen, die den Kampf gegen Drogen vorschreiben. Allerdings gibt es bereits Länder mit gelockerten Regelungen, etwa die Niederlande, Portugal, Malta und Tschechien. Sie gehen allerdings nicht so weit wie die in Deutschland geplanten Gesetzesänderungen.
Gleichwohl stieß die von Lauterbach geplante Freigabe durch die EU-Kommission auf Kritik. „Wenn nun von einer Vorabprüfung durch die Kommission die Rede ist, handelt es sich dabei meiner Meinung nach um eine Ausrede, um den Prozess um Jahre zu verlangsamen“, sagte der grüne Europaabgeordnete Niklas Nienaß, dem RND. „Denn dieses Vorgehen bietet keinerlei Rechtssicherheit, ist nicht vorgeschrieben und daher auch nicht notwendig.“
Nienaß kritisierte zudem, dass Deutschland keinen Import von Cannabis zulassen will. Das sei „problematisch, denn es ist schlichtweg unvereinbar mit dem europäischen Binnenmarkt“. Hier bestehe ein großes Risiko für eine Klage anderer Mitgliedsstaaten vor dem Europäischen Gerichtshof.
Kommentar S. 13