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Nur wenige Gramm Asparagopsis pro Tag im Futter von Rindern können der Forschung zufolge den Methan-Ausstoß senken.
Nur wenige Gramm Asparagopsis pro Tag im Futter von Rindern können der Forschung zufolge den Methan-Ausstoß senken. © IMAGO/AAP

Studie: Algen in der Ernährung von Mensch und Tier einzusetzen, könnte Emissionen sparen.

Die Algenzucht ist weltweit eine aufstrebende Industrie. Vor wenigen Monaten machte die Alge Asparagopsis, die als Futterzusatz auf dem Speiseplan von Kühen landen kann, Schlagzeilen. Die vor Australiens Küsten vorkommenden Meeresalgen sollen die Methan-Emissionen der Wiederkäuer um 90 bis 95 Prozent reduzieren.

Doch Algen haben laut einer aktuellen Studie, die im Fachmagazin „Nature Sustainability“ veröffentlicht wurde, noch weitaus mehr Potenzial im Kampf gegen den Klimawandel. So haben Forschende aus Australien und Österreich Teile der Weltmeere identifiziert, die sich für den Anbau von Algen eignen würden. In ihrer Studie schlagen die Autor:innen vor, zehn Prozent der menschlichen Ernährung durch Algen zu ersetzen, um damit Emissionen aus der Landwirtschaft zu reduzieren.

Decken Algen zehn Prozent der menschlichen Ernährung ab, so würde dies die für Nahrungsmittel benötigte landwirtschaftliche Fläche um 110 Millionen Hektar verringern. Letzteres ist eine Fläche doppelt so groß wie Frankreich.

Die globalen landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen könnten so um bis zu 2,6 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr reduziert werden. Im Gegenzug bräuchte es eine Meeresfläche von fast der Größe Australiens, um die kommerzielle Algenzucht aufzubauen und Nahrung für Menschen, Futterergänzungsmittel für Rinder und alternative Brennstoffe zu liefern.

Die aktuelle Studie untersuchte 34 Algenarten und wo sie möglicherweise wachsen könnten. Dies glichen die Forschenden dann mit Orten ab, die über ausreichend ruhiges Wasser verfügen und sich nahe genug an menschlichen Siedlungen befinden, damit Farmen einfach aufgebaut werden könnten. Insgesamt identifizierte die Studie rund 650 Millionen Hektar für den Algenanbau, wobei die größten Gebiete in Indonesien und Australien liegen.

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Einen der größten Vorteile würde laut der Studie die australische Algenart Asparagopsis liefern. Asparagopsis, das seit Juni 2022 über die Firma CH4 Global verkauft wird, kommt in den tropischen und warm-gemäßigten Teilen des Indopazifiks im Überfluss vor. Die Meeresalge kann als Futterzusatz für Rinder oder auch Schafe zu drastisch geringeren Methanemissionen führen: Die Rede ist von einer Reduktion von 90 bis 95 Prozent.

Untersuchungen zeigen, dass nur sehr wenig Asparagopsis in das Futter eines Wiederkäuers eingestreut werden muss, um die Methan-Emissionen zu senken. Bei einer Kuh, die täglich 14 Kilo Trockenmasse zu sich nimmt, müssen 50 Gramm der Algen beigemischt werden. Letzteres lässt sich natürlich im Rahmen eines sogenannten Feedlots oder einer Pferche einfacher managen als bei Tieren auf der offenen Weide.

Doch auch andere Meeresalgen könnten großes Potenzial besitzen. Laut Scott Spillias, einem Doktoranden der School of Earth and Environmental Science der University of Queensland (UQ), der die Studie leitete, befindet sich die Forschung beim Thema Algen nach wie vor in den Anfängen. Beispielsweise seien viele einheimische Algenarten in australischen Gewässern noch nicht in Hinblick auf eine kommerzielle Produktion untersucht worden, wie er berichtete. Letzteres könnte daran liegen, dass sich viele noch nicht mit einer Diät aus Algen angefreundet haben.

Dabei lässt sich Seetang laut Spillias mit den alten Versionen der heutigen Nutzpflanzen Mais und Weizen vergleichen, die einst auch „wenig inspirierende, unkrautige Dinger“ waren, wie er sagte. Bis die heutigen Grundnahrungsmittel entwickelt worden seien, seien Jahrtausende vergangen.

Algen könnten seiner Meinung nach ein ähnlich großes Potenzial wie Mais oder Weizen haben, auch wenn beim Aufbau einer Algenwirtschaft mit Sorgfalt vorgegangen werden müsse. Laut den Forschenden dürften bestehende Probleme nicht vom Land auf den Ozean verlagert werden. Das Gewächs bietet laut Spillias aber auf alle Fälle eine nachhaltige Alternative zur landwirtschaftlichen Expansion, die notwendig sein wird, um den weltweit wachsenden Bedarf an Nahrungsmitteln und Materialien künftig zu decken. „Algen haben ein großes kommerzielles und ökologisches Potenzial“, sagte der Wissenschaftler. Denn sie seien nicht nur ein nahrhaftes Lebensmittel, sondern auch ein Baustein für kommerzielle Produkte wie Tierfutter, Kunststoffe, Fasern, Diesel und Ethanol.

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