Klare Worte von ganz oben
In der Abhöraffäre gibt Griechenlands Staatspräsidentin eine ihrer seltenen Erklärungen ab
In der Affäre um die Bespitzelung eines prominenten griechischen Oppositionspolitikers und eines Finanzjournalisten hat sich Staatspräsidentin Katerina Sakellaropoulou in die Debatte eingeschaltet und gemahnt, die Vorkommnisse aufzuklären. Nachdem die Opposition bereits den Rücktritt der Regierung verlangt hatte, nimmt der Druck auf den konservativen Premierminister Kyriakos Mitsotakis damit weiter zu.
Dass sich Griechenlands Präsidentin zu innenpolitischen Kontroversen äußert, ist ungewöhnlich. Denn als Staatsoberhaupt hat Katerina Sakellaropoulou nur repräsentative Kompetenzen. Wenn sie sich dennoch zu Wort meldet, horcht man auf. Am Freitag war bekannt geworden, dass der griechische Geheimdienst im Herbst 2021 den damaligen Europaabgeordneten und heutigen Chef der zweitgrößten Oppositionspartei Pasok, Nikos Androulakis, drei Monate lang abgehört hatte. Auch der Finanzjournalist Thanasis Koukakis, der Themen wie Korruption und Geldwäsche recherchiert, wurde bespitzelt. Premierminister Mitsotakis, der sich den Geheimdienst direkt unterstellt hat, will von der Telefonüberwachung des Politikers nichts gewusst haben. Zum Abhörfall Koukakis äußert sich Mitsotakis bisher gar nicht.
In einer schriftlichen Erklärung zu der Abhöraffäre bezeichnet Staatspräsidentin Sakellaropoulou den Schutz der Vertraulichkeit der Kommunikation als „grundlegende Voraussetzung für eine demokratische und freiheitliche Gesellschaft“. Die in der Verfassung vorgesehenen Ausnahmen aus Gründen der nationalen Sicherheit müssten „eng ausgelegt werden und ihre Umsetzung mit den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und Verhältnismäßigkeit im Einklang stehen“. Rechtmäßigkeit und Transparenz staatlichen Handelns seien „nicht nur eine Garantie für die Rechte des Einzelnen, sondern auch der wichtigste Indikator für die Qualität unserer Demokratie“. In ihrer Erklärung fordert die Präsidentin „die sofortige und vollständige Aufklärung“ der Überwachungspraktiken.
Premierminister Mitsotakis hatte am Montag in einer Fernseherklärung die Telefonüberwachung des Oppositionspolitikers als „rechtens“, zugleich aber als „Fehler“ bezeichnet. Er sei darüber nicht informiert gewesen und hätte die Überwachung, falls er davon erfahren hätte, „niemals zugelassen“, erklärte Mitsotakis. Wegen der Affäre mussten Ende vergangener Woche der Geheimdienstchef und der Stabschef des Ministerpräsidenten zurücktreten.
Oppositionspolitiker Androulakis fordert nun Auskunft darüber, warum er abgehört wurde. Aber dazu schweigt Mitsotakis beharrlich. Unter dem Druck der Opposition hat die Regierung inzwischen zugestimmt, die Affäre vor einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu bringen. Sie stimmte auch einer außerordentlichen Parlamentsdebatte zu dem Thema zu. Dafür sollen die Abgeordneten am 22. August vorzeitig aus der Sommerpause zurückkehren.
Die politischen Konsequenzen des Skandals sind noch nicht abzusehen. Spätestens im nächsten Frühjahr wird in Griechenland ein neues Parlament gewählt. Die Affäre könnte den linken Oppositionsparteien Zulauf bringen.