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Klare Kante gegen Moskau?

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Überschattet vom Krieg: Estland wählt ein neues Parlament.

Es sieht nach einer zweiten Amtszeit für Kaja Kallas aus, die seit Januar 2021 als erste Frau an der Regierungsspitze von Estland wirkt. Ihre wirtschaftsliberale „Reformpartei“, die in einer Koalition mit einer sozialdemokratischen und einer konservativen Partei regiert, führte mit über 27 Prozent klar in den Umfragen des Landes mit gerade einmal etwas mehr als einer Million Einwohner:innen.

„Margaret Thatcher des Baltikums“ wird die 45-jährige gern genannt, eine Titulierung, die sie nicht ablehnt. Wie einst die britische Premierministerin in den 1980ern, die eine harte Linie gegen Moskau fuhr, schrieb die dreifache Mutter den Amtskolleg:innen in europäischen Staaten ins Gebetbuch, dass es „Zeitverschwendung“ sei, mit Putin zu verhandeln; helfen würden alleine Sanktionen gegen Russland und eine Unterstützung der Ukraine durch umfassende Waffenlieferungen. „Wahlkampfhilfe“ bekam sie von der Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen und Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Doch im Wahlkampf ihrer Partei spielte auch die Bedrohung durch einen politischen Gegner eine große Rolle: Estland könnte „ein verschlossenes, einsames, bösartiges Land“ werden, so Kallas, wenn die in Umfragen bei 19 Prozent liegende Partei „Estnische Konservative Volkspartei“ (EKRE) eine Regierung bilde. Kallas hat eine Koalition ausgeschlossen. Die Partei ist für einen Austritt aus der EU und der Nato. In ihrem Wahlkampf dominierten zudem Themen wie Einwanderung, Strompreise und soziale Nöte. Derzeit liegt die Inflation bei knapp 18 Prozent, im Sommer 2022 waren es sogar 24 Prozent.

Mart und Martin Helme, Vater und Sohn, die die Partei dominieren, wirkten bereits als Innen- beziehungsweise Finanzminister im Kabinett des Zentrumpolitikers Jüri Ratas, der von 2019 bis 2021 regierte, und fielen mit rassistischen Ausfällen auf.

Die Menschen auf dem Land, die sich gesellschaftlich wie wirtschaftlich abgehängt fühlen, setzen auf die Hoffnung, dass sich ihre Situation verbessert. Auch die Zentrumspartei, die die Belange der russischsprachigen Minderheit vertritt, machte mit Sozialversprechen Wahlkampf. Kallas gilt auch innenpolitisch als „Thatcher“; die Koalition mit der Zentrumspartei scheiterte im Juli 2022 an einem Sozialpaket für Familienpolitik.

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