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Energie-Krise: Habeck gesteht „klimapolitisch erbärmliche“ Kohle-Entscheidung ein

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Von: Nadja Austel

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Die Begrenzung von Energie für Privathaushalte könnte „Deutschland vor eine Zerreißprobe stellen“ – durch die Gas-Knappheit möglicherweise aber notwendig sein.

Berlin – Der Minister für Wirtschaft und Energie, Robert Habeck (Grüne), signalisierte am Freitag (8. Juli), dass die Bundesregierung den Energieversorger Uniper unterstützen werde. „Wir werden nicht zulassen, dass ein systemrelevantes Unternehmen in Insolvenz geht und infolgedessen der globale Energiemarkt in Turbulenzen gerät. Mit der neuen Gesetzgebung im Energiesicherungsgesetz haben wir verschiedene Möglichkeiten zum Handeln und wir werden handeln“, kündigte er in einem Interview mit dem DLF an.

Habeck räumte außerdem ein, dass die bisher geplanten 15 Milliarden für den Gaseinkauf zur Füllung der Energiespeicher nicht ausreichen könnten. „Dann muss man eben nachlegen.“ Wenn die Gaspreise weiter steigen, dann habe man keine Wahl. Sowohl Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als auch Finanzminister Christian Lindner (FDP) seien sich darüber im Klaren. Es werde möglich gemacht, was immer nötig sei, so Habeck weiter.

Robert Habeck stimmt Deutschland auf eine Gasknappheit nach den Wartungsarbeiten an Nordstream 1 ein.
Robert Habeck stimmt Deutschland auf eine Gasknappheit nach den Wartungsarbeiten an Nordstream 1 ein (Aufnahme vom Treffen der Ministerpräsidenten). © Fabian Sommer/dpa

Energie-Stopp: Wenn nichts hilft, kommen Beschränkungen im Gas-Verbrauch

Sollten diese finanziellen Maßnahmen nicht ausreichen, könne es zu weiteren Schritten kommen – etwa zu einer gesetzlichen Einschränkung des Gasverbrauchs. Private Haushalte und medizinische Infrastrukturen wie Krankenhäuser und Altenheime würden diese Maßnahmen als Letztes treffen. Zuvor würden Energie-Einschränkungen in der Industrie wirksam werden. 

Das Energie-Sicherungsgesetz sehe allerdings keinen Ausfall der Versorgung über Monate vor, sondern von beispielsweise einer Woche, in der die Industrie pausieren müsse. Gedacht sei das Gesetz für kürzere Perioden einer Versorgungslücke, durch etwa defekte Leitungen. Ein monatelanger Stopp der Industrie würde diese teilweise zerstören.

Bei Stopp der Gas-Importe: Energie-Versorgung mit Kohlekraftwerken sichern

„Das wird Deutschland vor eine Zerreißprobe stellen“, so Habeck im Interview weiter. Ihm sei bewusst, dass derlei Schritte einen enormen Eingriff bedeuteten. Die Debatten, die in der Folge auf die Bundesregierung und auf sein Amt zukommen würden, seien ihm durchaus klar. Jedoch müsse man sich „auf das Schlimmste einstellen“, während man für am bestmöglichen Ergebnis arbeite. Eine der Maßnahmen, um die Energieversorgung des Landes sicherzustellen, sei das Zurückgreifen auf Kohlekraftwerke. Habeck betonte, dass diese Entscheidung „klimapolitisch erbärmlich“ sei. „Es tut mir weh“, fügte er hinzu, es sei jedoch in der aktuellen Situation „notwendig“.

Auf die Frage, warum der deutsche Staat für die Rettung eines finnischen Unternehmens zahlen solle, entgegnete Habeck: Man können nicht sagen, nur weil jemand anderer Besitzer des Unternehmens sei, halte man sich heraus. „Wir sind in der Pflicht, die Energieversorgung in Deutschland sicherzustellen“, so der Minister. Uniper verfüge über ein vergleichsweise großes Portfolio an russischen Gaslieferern. Deshalb sei die Lage bei diesem besonders prekär. 

Energie-Versorger Uniper benötigt etwa fünf Milliarden Euro

Welche Summe an Hilfen dem Unternehmen zur Verfügung gestellt würden, könne und dürfe er nicht beantworten. Er verwies jedoch auch rechnerische Rückschlüsse, die die Presse bereits aus den bekannten Zahlen und den Gaspreisen gezogen habe. Medienberichten zufolge könnte die Summe, die Uniper an Unterstützung benötigt, fünf Milliarden Euro übersteigen.

Russland begründe den Lieferstopp von Gas mit „fadenscheinigen Gründen“. Man dürfe nicht dem Narrativ von Wladimir Putin oder Gazprom folgen. Es gebe kein reales Problem, aufgrund dessen Russland diesen Schritt gehe, sondern es handele sich um einen vorgeschobenen Grund. Gemeint ist die Wartung einer Turbine, die sich derzeit zur Reparatur in Kanada befinden solle. Wenn diese zurück sei, könne die Gasversorgung wieder in größerem Umfang stattfinden, so ein Sprecher des Kreml. Habeck erläuterte, man gehe auf diesen vorgeschobenen Grund allein deshalb ein, um ihn zu beseitigen.

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