Elons ObeliskElons Obelisk

Im Hinterland Australiens entdeckt ein Farmer ein schwarzes Ding. Inzwischen steht fest: Es ist Weltraumschrott aus dem Hause SpaceX.
Als erster stolperte Mick Miners, ein Farmer im australischen Bundesstaat New South Wales, über das große schwarze Trümmerteil. Es ragte wie ein Obelisk aus einer Wiese im weitläufigen Hinterland Australiens. Im ersten Moment dachte Miners noch, es handele sich um einen toten Baum, doch eine nähere Inspektion zeigte: Das mysteriöse Objekt war menschengemacht.
Fachleute, die herbeigerufen wurden, kamen zu dem Schluss: Es handelt sich um Schrott aus dem Weltraum. Australische Medien berichteten über den aufregenden Fund und schnell wurde spekuliert, ob Elon Musks Raumfahrtfirma SpaceX dahinterstecken könnte. Ende dieser Woche kam nun die Auflösung: Das Trümmerteil stammt tatsächlich von einer Kapsel von SpaceX – das bestätigten sowohl die Australian Space Agency (ASA) wie auch SpaceX selbst. Inzwischen wurden sogar noch zwei weitere Teile in der Nähe gefunden, die ebenfalls von der gleichen Kapsel stammen sollen.
Brad Tucker, ein Astrophysiker der Australischen Nationaluniversität in der australischen Hauptstadt Canberra, ist der erste Ansprechpartner in Australien, wenn es um Weltraumschrott geht. Der Experte eilte auch in diesem Fall herbei, um das unbekannte Fundobjekt genauer zu untersuchen. Es sei ein „seltsames und surreales Artefakt“ gewesen, das da vor ihm in der Wiese steckte, schrieb Tucker in einer E-Mail. Dass so große Stücke auf dem Boden landeten, käme nur „sehr selten“ vor, meinte er. Der einzig vergleichbare Fall sei der Absturz eines Teils der US-Raumstation Skylab in Westaustralien im Jahr 1979 gewesen.
In diesem Fall konnte Tucker anhand der Brandmuster und der Komposition des Objekts bestätigen, dass das aktuelle Trümmerteil tatsächlich aus dem Weltraum stammte. Auch visuell könne man das Teil grob dem Rumpf einer SpaceX-Kapsel zuordnen, meinte der Forscher. Laut Tucker war genau so eine SpaceX-Kapsel am 9. Juli um 7 Uhr morgens (Ortszeit Ostaustralien) über New South Wales – rund 450 Kilometer südlich von Sydney – wieder in die Atmosphäre eingetreten. „Zu dieser Zeit hörten die Menschen in der Umgebung einen Überschallknall“, sagte er. Dies passiere beim Eintritt in die Atmosphäre. Außerdem konnte der Forscher inzwischen sogar Zeugen auftun, die gesehen haben wollen, wie die Kapsel in der Luft auseinandergebrochen sei.
Obwohl die Gefahr für den Menschen vernachlässigbar ist, könnten Vorfälle wie der aktuelle laut Tucker in Zukunft häufiger werden. Einfach „da immer mehr Satelliten gestartet werden“, wie der Astrophysiker sagt. Auch heute schon fallen fast täglich Objekte aus dem Weltraum auf die Erde, doch die überwiegende Mehrheit landet in den Ozeanen, die den größten Teil des Planeten bedecken. Bisher ist nur ein Fall dokumentiert, bei dem ein Mensch von einem Stück Weltraumschrott getroffen wurde: 1997 landete im US-Bundesstaat Oklahoma ein kleines Teil auf der Schulter einer Frau. Letztere blieb aber glücklicherweise unverletzt.
Doch inzwischen werden deutlich mehr Satelliten und Raumschiffe ins All befördert als vor zehn oder 20 Jahren. Eine im Juli veröffentlichte Studie der kanadischen University of British Columbia kam zu dem Schluss, dass eine sechs- bis zehnprozentige Wahrscheinlichkeit bestehe, dass in den nächsten zehn Jahren ein oder mehrere Menschen durch Weltraumschrott verletzt oder sogar getötet werden.
Zahlreiche Trümmer liegen im sogenannten „Weltraumfriedhof“, ein einsam gelegener Meeresbereich, der als letzte Ruhestätte für Weltraummüll benutzt wird: Dieser zwischen Chile und Neuseeland gelegene Punkt – genannt „Point Nemo“ – gilt als der abgelegenste Ort der Erde. Die nächstgelegenen Inseln sind das zu den Pitcairninseln gehörende Ducie Island, Motu Nui (Osterinsel) und das antarktische Maher Island. Sie sind jeweils knapp 2700 Kilometer entfernt.
Seit den 1970er Jahren sollen rund 300 alternde Satelliten oder Raumstationen am „Point Nemo“ versenkt worden sein. Darunter sind die 120 Tonnen schwere, sowjetische Raumstation MIR, die im März 2001 gezielt zum Absturz gebracht wurde, sowie Versorgungsschiffe, Raketen und andere Weltraumfahrzeuge. „Nemo“ ist dabei ein passender Name. Nicht nur hieß Jules Vernes U-Boot-Kapitän in „20 000 Meilen unter dem Meer“ so, auf Lateinisch bedeutet das Wort zudem „niemand“.
Dass die NASA diesen einsamen Ort zum „Weltraumfriedhof“ ernannt hat, liegt nicht zuletzt daran, dass er eben so weit entfernt von jeder menschlichen Zivilisation ist. Auch die Internationale Raumstation wird ihr Ende eines Tages am „Point Nemo“ nehmen. Derzeit ist geplant, dass sie irgendwann in den kommenden zehn Jahren in der Region zum Absturz gebracht wird.
Es wird wahrscheinlicher, dass einen Trümmer treffen
