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Doppelschlag aus Luxemburg

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Von: Damir Fras

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EuGH in Luxemburg
Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg. © Arne Immanuel Bänsch/dpa

Niederlagen für Polen und Ungarn vor dem Europäischen Gerichtshof

Die rechtsnationalen Regierungen in Ungarn und Polen haben am Dienstag schwere Niederlagen vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) erlitten. Das Luxemburger Gericht urteilte, dass die Kriminalisierung von Flüchtlingshelfer:innen in Ungarn gegen EU-Recht verstößt. Im Falle Polens monierten sie, dass der Justizminister zu viel Macht hat. Zeitgleich zu den Urteilen forderten die europa-freundlichen Fraktionen im Europaparlament, dass Polen erst Geld aus dem Corona-Hilfsfonds der EU erhalten soll, wenn es seine sogenannten Justizreformen zurückgenommen hat.

Das Urteil gegen Ungarn geht auf das Jahr 2018 zurück. Damals verklagte die EU-Kommission Ungarn wegen eines Gesetzes, wonach Flüchtlingshelfer:innen kriminalisiert werden, wenn sie Migrant:innen dabei unterstützen, Asylanträge zu stellen. Die obersten EU-Richter sahen das jetzt als Verstoß gegen EU-Recht an.

Das Gesetz beschneide die Rechte von Asylsuchenden, „mit den einschlägigen nationalen, internationalen und nichtstaatlichen Organisationen zu kommunizieren und von diesen Unterstützung zu erhalten“, heißt es in der Urteilsbegründung.

Mit dem Urteil bestätigte der EuGH erneut, dass wichtige Teile der ungarischen Asylpolitik gegen EU-Recht verstoßen. Erst vergangene Woche hatte die EU-Kommission beim EuGH finanzielle Sanktionen gegen Ungarn beantragt. Das von Ministerpräsident Viktor Orbán (Fidesz) regierte Land habe ein früheres Urteil aus Luxemburg nicht umgesetzt, das Änderungen im ungarischen Asylverfahren verlangt, hieß es zur Begründung.

Politik mischt sich ein

Das zweite Urteil aus Luxemburg betrifft die nationalkonservative Regierung in Polen. Es sei nicht mit EU-Recht vereinbar, wenn der polnische Justizminister einen Richter „nach Kriterien, die nicht bekannt gegeben werden“, an ein anderes Gericht abordnen beziehungsweise wieder abberufen könne, so der EuGH. Es sei nicht ausgeschlossen, dass diese Regelung „als Instrument zur politischen Kontrolle des Inhalts justizieller Entscheidung“ eingesetzt werde.

Polen und die EU-Kommission liegen seit Jahren wegen der umstrittenen Justizreformen über Kreuz. Erst im Oktober hatte der EuGH Polen zur Zahlung eines täglichen Zwangsgeldes in Höhe von einer Million Euro verurteilt. Der Grund: Die Regierung in Warschau weigert sich, ein EuGH-Urteil zum Umbau des Justizwesens umzusetzen.

Unklar blieb, ob die Regierungen in Warschau und Budapest die jüngsten Urteile umsetzen werden. Gleichwohl begrüßte der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund, ein scharfer Kritiker der Regierungen in Warschau und Budapest, die Urteile. „Elementare Grundrechte für alle Menschen sind das Fundament der Europäischen Union“, sagte Freund dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es könne nicht sein, dass Grundrechte in Ungarn per Gesetz außer Kraft gesetzt würden: „Sollte die Hilfe für Schutzsuchende weiter kriminalisiert werden, muss das finanzielle Konsequenzen für Budapest haben.“

Die Unabhängigkeit der Justiz sei der zentrale Pfeiler in der Europäischen Werteordnung, so Freund über das Urteil gegen Polen. Die polnische Regierung dürfe sich nicht einfach passende Urteile bestellen. „Die polnischen Justizreformen sind kein Ausdruck von Souveränität, sondern eine politische Attacke auf den europäischen Rechtsstaat.“ Sie müssten umgehend zurückgenommen werden, sagte Freund: „Sonst darf es keine weitere Zahlung von EU-Geldern an die Regierung in Warschau geben.“

Diese Forderung erhoben am Montag auch die Chefs von fünf Fraktionen im Europaparlament. Der Umbau des polnischen Justizsystems müsse beendet werden. Erst dann dürfe die EU-Kommission Geld aus dem Corona-Hilfsfonds an Warschau auszahlen, hieß es in einem Brief an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

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