Die Jägerin unter der Falltür

Forschende entdecken in Australien eine außergewöhnlich große Spinne. Zu Gesicht bekommen Menschen sie aber sehr selten, weil sie sich meist unter der Erde versteckt.
Australien ist für seine Spinnen und Schlangen bekannt: Dort leben die mitunter giftigsten Exemplare der Welt. Jetzt sind Forschende auf eine außergewöhnlich große Spinnenart gestoßen. Der Achtbeiner ist für Insekten ein formidabler Gegner, Menschen wird er glücklicherweise nicht gefährlich. Im Gegensatz zu manch anderen Exemplaren in Australien: Auf dem fünften Kontinent lebt mit der männlichen Trichternetzspinne die giftigste Spinne der Welt. Etliche andere Spinnen haben potente Gifte, die den Menschen bei einem Biss schwer krank machen oder sogar töten können. Die meisten dieser Krabbeltiere verstecken sich jedoch in der Erde, der Mensch begegnet ihnen eher selten.
Letzteres erklärt womöglich, warum der Wissenschaft eine riesige Spinne, die zu den sogenannten Trapdoor Spiders – zu Deutsch Falltürspinnen – gehört, bisher verborgen geblieben ist. Die neue und seltene Art, die die Forschenden Euoplos dignitas nannten, wurde westlich von Brisbane unter – wie ihr Name schon andeutet – einer Falltür aus Spinnenfäden und Erde versteckt gefunden.
Die nun entdeckte Riesenspinne, deren Weibchen in freier Wildbahn mehr als 20 Jahre alt werden können, wurde von Forschenden des Queensland Museum in Brisbane aufgespürt. Dort läuft seit vier Jahren ein Projekt namens „Dig“. Ziel ist es, mehr über die Artenvielfalt des Bundesstaates Queensland zu erforschen. Ihren Fund veröffentlichten die Wissenschaftler:innen im Fachmagazin „Journal of Arachnology“.
Die neue Spinnenart begeisterte das Forschungsteam vor allem wegen ihrer stattlichen Größe. So können die Weibchen bis zu fünf Zentimeter Körperlänge erreichen. Letzteres gab auch die Anregung für ihren Namen: Euoplos dignitas leitet sich vom lateinischen „Dignitas“ ab, was soviel wie „Würde“ oder „Größe“ bedeutet, wie Michael Rix, Kurator für Spinnenkunde beim Queensland Museum, erklärte. Der Name spiegele „die beeindruckende Größe und das Wesen der Spinne wider“, sagte der Forscher.
Die weiblichen Spinnen verbringen ihr Leben – wie viele australische Spinnen – meist unter der Erde. Die Männchen sind umtriebiger. Sie verlassen den Bau nach fünf bis sieben Jahren, um in einem anderen Bau eine Partnerin zu finden. Tagsüber ist die Falltür, unter der die Tiere leben, geschlossen. Nachts sitzt die Spinne dagegen direkt unter der angelehnten Tür und wartet darauf, Insekten zu schnappen.
Lebensraum bedroht
Um ihre Beute zu fangen, bringen die Spinnen zwar Gift zum Einsatz, doch dem Menschen können die Tiere mit ihrem Biss nicht gefährlich werden. Die neue Art ist sogar nützlich: Laut den Forschenden spielt sie eine wichtige Rolle im Ökosystem des am Boden liegenden Laubes und trägt zur Kontrolle der Insektenpopulationen bei.
Bisher wurde die Spinnenart nur in einem eher kleinen Gebiet gefunden. Anscheinend hat sie durch Rodungen bereits einen Großteil ihres Lebensraums verloren. Das mache sie „wahrscheinlich zu einer gefährdeten Art“, sagte der Wissenschaftler. Jedoch müsste mehr Arbeit geleistet werden, um sagen zu können, wie ernst die Situation wirklich ist.
In Australien werden noch regelmäßig neue Tierarten entdeckt. Im Februar veröffentlichten ein anderes Forschungsteam, wie es bei ihrer Expedition auf gleich drei bis dahin unbekannte Spinnenarten gestoßen ist. Eine Riesenkrabbenspinne, die eine Art „Kriegsbemalung“ an den Beinen trägt, eine nur drei Millimeter große springende Spinne und eine Wickelspinne, die sich als Ast tarnt. Im März stellten Forschende zudem eine bis dahin unbekannte Gecko-Art vor. Die kleine Echse, die einen blattförmigen Schwanz trägt, hat ein „Schnabelgesicht“, wodurch das Reptil ein wenig wie ein kleiner Drache aussieht.