Die Anspannung steigt
Nach dem Zwischenfall am Buckingham-Palast werden die Sicherheitsvorkehrungen erhöht
Alles begann offenbar harmlos, als sich ein Mann am Dienstagabend dem Tor des Buckingham-Palasts näherte. Er wollte zunächst mit einem Soldaten reden, berichtete Ade Adelekan, Sicherheitsspezialist bei der Metropolitan Police am Mittwoch. Dann jedoch warf er Schrot-Patronen auf das Schlossgelände. Er trug laut Polizei außerdem eine verdächtige Tasche bei sich, die ddaraufhin kontrolliert zur Explosion gebracht wurde. Die Umgebung wurde abgesperrt, der Mann unverzüglich festgenommen, verletzt wurde niemand.
Obwohl niemand zu Schaden kam, wirft das Ereignis ein Schlaglicht auf das hohe Risiko, welches mit einem Großereignis wie der Krönung von König Charles III. in einer Metropole wie London einhergeht. Und: „Es steht viel auf dem Spiel“, betonte der britische Sicherheits-Experte Simon Morgan. „Wenn etwas schiefgeht, wird es sofort ausgestrahlt und schadet dem Ansehen Großbritanniens in der Welt.“
Während die Straßen der Stadt erst kürzlich mit Union Jacks geschmückt wurden, laufen die Vorbereitungen für die Operation „Golden Orb“ („Operation Goldener Reichsapfel“), wie das Ereignis von den britischen Behörden genannt wird, schon seit Monaten. Dahinter verbergen sich nicht nur Pläne zum Ablauf der Krönung, sondern auch ein detailliertes Sicherheitskonzept, betonte der britische Sicherheitsminister Tom Tugendhat am Mittwoch. „Wir haben sehr viel Zeit damit verbracht, uns auf eine Vielzahl unterschiedlicher Bedrohungen vorzubereiten. Dies ist ein sehr komplexes Ereignis.“ Ziel sei, eine „schützende Blase“ um die königliche Familie, Staatsgäste und Würdenträger sowie die Menschen im Allgemeinen zu bilden, ergänzte Adelekan.
Anlässlich der Krönung setze die Polizei auf verschiedenen Strategien. Wesentlich sei die Präsenz der Beamten, aber auch, dass die Bevölkerung selbst aufmerksam reagiere, falls ihnen etwas auffällt. Schon seit Tagen patrouillieren verstärkt Polizisten in gelben Warnwesten auf den Straßen Londons, in der Luft kreisen Hubschrauber, Teile der Innenstadt wurden zu Sicherheitszonen erklärt. Insgesamt sollen im Zuge der Feierlichkeiten rund 29 000 Polizeikräfte unterwegs sein, 9000 allein am Samstag.
Die Behörden haben einige Gruppen identifiziert, die als mögliche Unruhestifter in Frage kommen. Medien berichteten hier im Vorfeld von Umweltaktivist:innen und Monarchie-Gegner:innen. Sie werden zwar nicht als Gefahr eingeschätzt, könnten die Zeremonie jedoch stören, hieß es.
Um zu verhindern, dass Protestierende die Straßen blockieren, wurde am Mittwoch ein neues Gesetz erlassen. Wer sich an Gebäuden oder Gegenständen anschließt, festkettet oder anklebt, riskiert eine mehrmonatige Haftstrafe. Adelekan begrüßte das Gesetz, weil es der Polizei erlaube, schneller zu handeln. Wann sie im Fall von Demonstrationen oder anderen Vorfällen eingreifen würden, sagte er nicht. Das sei „kontextabhängig“.
Als gefährlich stufen die britischen Geheimdienste laut Medienberichten Dschihadisten, Neonazis und andere Extremisten ein. Durch das Aufflackern der Spannungen in Nordirland scheint auch ein Anschlag der Terrororganisation „Neue IRA“ (Irisch-Republikanische Armee) möglich. Die britische Tageszeitung „The Times“ berichtet, dass die Polizei die sozialen Medien nach Informationen durchsucht, um potentielle Störenfriede präventiv festzunehmen. Um die Menschen während den Feierlichkeiten zu schützen, soll unter Umständen auch Gesichtserkennung genutzt werden, sagte der Sicherheits-Experte. In Großbritannien sogenannte CCTV-Kameras weitverbreitet.
Dass die Sicherheitsoperation den britischen Steuerzahler umgerechnet über 100 Millionen Euro kosten könnten, wollte Sicherheitsminister Tugendhat auf Nachfrage von Journalisten nicht bestätigen. Er könne aufgrund der Komplexität der Operation keine konkrete Zahl nennen, räumte er ein. Der Minister betonte stattdessen, dass das Land durch das Großereignis finanziell profitieren werde, etwa durch den Tourismus und neue Geschäftskontakte.