Nach „Judenstern“-Äußerungen an Goethe-Universität: Palmer äußert sich
Boris Palmer steht nach Äußerungen in Frankfurt in der Kritik. Tübingens Oberbürgermeister verteidigt sich und weist auf seine jüdischen Vorfahren hin.
Frankfurt – Nach der Aufregung um die Äußerungen von Tübingens Oberbürgermeister zu Judensternen hat sich Boris Palmer nun selbst geäußert. Im Rahmen einer Migrationskonferenz in Frankfurt war Palmer am Freitag (28. April) vor einem Gebäude der Goethe-Universität in eine verbale Auseinandersetzung geraten. Dabei bezog er Stellung zu der Art und Weise seiner Verwendung des „N-Wortes“.

Daraufhin wurde er mit „Nazis raus“-Rufen konfrontiert. Palmer erwiderte: „Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem Ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für Euch ein Nazi. Denkt mal drüber nach.“
Nach „Judenstern“-Äußerungen in Frankfurt: Palmer äußert sich
Palmer bestätigte die getroffenen Aussagen, die auch auf Video festgehalten wurden, die fr.de von IPPEN.MEDIA vorliegen. „Ich habe die Methode der Protestierer, mir den Stempel als Nazi und Rassist aufzudrücken, niederzuschreien und auszugrenzen, als Vergleich herangezogen“, sagte der Politiker gegenüber der Deutschen Presse Agentur (dpa). Er habe den Protestierern erklärt, dass Nazis die Gräber seiner Vorfahren mit Hakenkreuzen beschmiert hätten und ihnen entgegnet, dass „ihre Methode der Ächtungen und Ausgrenzung sich nicht vom Judenstern unterscheidet“.
Auch die Verfolgung seiner jüdischen Vorfahren durch die Nazis bestätigte Palmer gegenüber der dpa. 2021 hatte er seine Familiengeschichte auf Facebook thematisiert: Auf dem jüdischen Friedhof in Königsbach lägen seine Ahnen bis ins 18. Jahrhundert. 1937 sei die Familie dann die Flucht in die USA gelungen. Sein Vater blieb als „uneheliches Kind einer Nichtjüdin im Remstal und wurde in der Schule vom Lehrer Moses genannt, nicht Helmut“.
Spaltung, Ausgrenzung und Rassismus: Veranstalter sind sauer nach Eklat in Frankfurt
Neben Palmer haben sich inzwischen weitere Personen aus dem Umfeld der Veranstaltung zu Wort gemeldet. „Die Wortwahl und die Beiträge von Boris Palmer an der Universität Frankfurt sind indiskutabel“, sagte Hessens Justizminister Roman Poseck (CDU) am Samstag in einer Pressemitteilung. „Derartige Provokationen leisten Spaltung, Ausgrenzung und Rassismus Vorschub. Sie schaden in einer Debatte, die mit Sensibilität und Ernsthaftigkeit zu führen ist.“ Poseck hatte ein Grußwort bei der Konferenz unter dem Titel „Migration steuern, Pluralität gestalten. Herausforderungen der Einwanderungspolitik in Deutschland“ gehalten.
Auch der Präsident der Goethe-Universität, Enrico Schleiff, zeigte sich empört und fordert eine öffentliche Entschuldigung Palmers. „Jede explizite oder implizite den Holocaust relativierende Aussage ist vollkommen inakzeptabel und wird an und von der Goethe-Universität nicht toleriert – dies gilt gleichermaßen für die Verwendung rassistischer Begriffe“, sagte Schleiff in einer Stellungnahme auf der Universitäts-Website.
Nach Eklat in Frankfurt: Für Palmer entscheidet der Kontext
Palmer selbst erläuterte auf Facebook weiter seine Aussagen bei der Konferenz. Er nutze das N-Wort, weil er Sprachvorschriften nicht akzeptiere. „Das hoch umstrittene Wort“ (sic) gehöre jedoch nicht zu seinem aktiven Wortschatz. „Ich benutze es nur, wenn darüber diskutiert wird, ob man schon ein Rassist ist, wenn man es verwendet. Darüber entscheidet für mich der Kontext.“
Schon in der Vergangenheit hat Palmers Umgang mit dem N-Wort für Aufregung gesorgt. Im Mai 2021 hatte er es in einem Facebook-Beitrag über den früheren Fußball-Nationalspieler Dennis Aogo, der einen nigerianischen Vater hat, ebenfalls benutzt. Palmers Äußerung hatte massive Kritik auch bei seinen damaligen grünen Parteikollegen ausgelöst.
Ein Parteiausschlussverfahren endete vor einem Jahr mit dem Kompromiss, dass Palmer seine Mitgliedschaft bei den Grünen bis Ende dieses Jahres ruhen lässt. Im Oktober 2022 war er in Tübingen dann als unabhängiger Kandidat angetreten und war im ersten Wahlgang mit absoluter Mehrheit – unter anderem gegen die Kandidatin der Grünen – für eine dritte Amtszeit wiedergewählt worden. (spr/dpa)