Demo in Frankfurt: „Zusammen sind wir stärker“

Verdi und das „feministische Streikkollektiv“ gehen in Frankfurt gemeinsam auf die Straße und verbinden den aktuellen Arbeitskampf mit weiteren Themen.
Das Gewerkschaftshaus bebt, als Janine Wissler ihr Grußwort an die Anwesenden richtet. „Es ist gut, dass heute tarifliche Kämpfe mit feministischen Kämpfen verbunden werden“, ruft die Bundesvorsitzende der Linkspartei in den Saal voller jubelnder Gewerkschafter:innen.
Mehrere hundert Menschen stehen hier Mittwochmittag beieinander und lassen sich für den anschließenden mehrstündigen „Care-Walk“ im Frankfurter Schneeregen anheizen. Aufgerufen zur Demo haben die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi und das „Feministische Streikkollektiv Frankfurt“. Das Zusammendenken von Kämpfen betont auch Wisslers Vorrednerin, die stellvertretende Verdi-Bezirksvorsitzende, Angelika Kappe: „Wir vereinen unsere Kräfte“, denn das Angebot der Arbeitgeberseite in der zweiten Runde der Tarifverhandlungen sei „unter aller Kanone“.
Verdi befindet sich in Verhandlungen mit den Arbeitgebern. Deshalb findet mit dem internationalen Frauentag auch ein Warnstreik der Beschäftigten im Erziehungs- und Sozialdienst statt.
„Falls es nichts wird, werden wir uns Frankreich zum Vorbild nehmen“, skandiert Kappe unter tobendem Applaus. Im Nachbarland findet gerade ein Generalstreik gegen die Rentenreformpläne von Präsident Emmanuel Macron statt. Ein politischer Streik, der in Deutschland verboten ist. Auf Nachfrage erklärt Kappe, dass sie etwas anderes meine: „Gemeint ist, dass alle Branchen des öffentlichen Dienstes auf einmal streiken“, also das öffentliche Leben lahmgelegt wird, sollte die Arbeitgeberseite keinen für Verdi annehmbaren Vorschlag unterbreiten. Ziel sei der Inflationsausgleich.
Nach einer knappen Stunde brechen die Teilnehmenden zum „Care-Walk“ auf. Trotz Schneeregens, der zwischenzeitlich Starkregen weicht, laufen die Streikenden gut gelaunt und skandierend zwischen den Hochhäusern und bekommen dabei die ein oder andere Solidaritätsbekundung. Auch SPD-OB-Kandidat Mike Josef ist kurz unter den Demo-Teilnehmenden zu sehen.
Erster Zwischenstopp ist auf der Untermainbrücke. Das „Feministische Streikkollektiv“ hat hier einen Vortrag zu „Intersektionalität“ geplant. Der Begriff beschreibt Überschneidungen unterschiedlicher Diskriminierungsformen. Das Kollektiv schließt sich zusammen aus Organisationen und Gruppen Lateinamerikas, Asiens und kurdischen Gruppen. „Wir wollen internationale Solidarität nicht nur predigen, sondern leben“, erklärt Kristin Ideler vom Kollektiv.
Nach einer Schweigeminute für Opfer transfeindlicher Angriffe geht der Marsch weiter. An der Kita-Zentrale angekommen, folgt der nächste Vortrag. Angestellte aus Jugendamt, Kindertagesstätte und Uni-Klinik berichten von harschen Reaktionen auf ihren Ausstand. So erzählt eine Jugendamtmitarbeiterin: „Ich bekam zu hören: ‚Wenn ihr streikt, ist es deine Verantwortung, wenn Kinder zu Schaden kommen oder gar sterben’.“
Ähnliches berichtet eine Mitarbeiterin der Uni-Klinik. „Dabei haben wir eine Notdienstvereinbarung, damit Notfälle weiter behandelt werden können“. Die Menschen würden unter dem Normalzustand leiden, die Verantwortlichen seien die Arbeitgeber, nicht die Streikenden, die die Bedingungen verbessern wollten.
Kristin Ideler zieht Bilanz: „Das Wetter hat uns leider etwas einen Strich durch die Rechnung gemacht, aber es geht um die Qualität, nicht die Quantität“.
Diese Qualität war in der Zusammensetzung durchaus zu spüren. Gemeinschaftlichkeit, egal ob nun marxistische Gewerkschafterin oder queerfeministische Studentin, das ist das tragende Thema dieses Frauentages gewesen.