Zurück auf dem Campus

An der Goethe-Universität in Frankfurt startet das Wintersemester in Präsenz.
Es ist noch alles grau in grau: Himmel und Asphalt lassen sich farblich auf dem Campus der Goethe-Universität kaum auseinanderhalten. Ein paar Studierende sammeln sich zaghaft vor den Gebäuden, sitzen vereinzelt in Grüppchen auf den niedrigen Betonmauern zwischen Mensa und Hörsaalzentrum. In der Mitte hockt zusammengekauert die acht Meter hohe, aus Buchstaben zusammengesetzte Figur „Body of Knowledge“, und man meint, sie könne es selbst noch nicht glauben, dass nach drei Semestern Stille das Unileben wieder in die Gebäude einzieht.
Das Wintersemester beginnt an diesem grauen Montag wieder in Präsenz: Bis zu 85 Prozent der Seminare und Vorlesungen sollen wieder vor Ort stattfinden. Überall stehen Aufsteller und erinnern an die 3G-Regel, in die Gebäude kommt man nur mit Studierendenausweis. Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss negativ getestet sein. Für Studierende, die nicht geimpft werden können, soll es weiterhin noch kostenlose Schnelltestmöglichkeiten geben.
Emily und Celine, zwei Lehramtsstudentinnen, stehen noch ein wenig orientierungslos vor ihrer Fakultät. Sie haben ihr Studium im vergangenen Jahr im Lockdown begonnen und müssen jetzt erst einmal lernen, wie das geht, das Studieren vor Ort: „Wir sind im dritten Semester und fühlen uns wie im ersten“, sagt Celine. Für beide sei das alles noch ein bisschen „komisch“, sie müssten erst mal die Gebäude und die Räume kennenlernen. Da sind sie nicht die Einzigen: Viele Studierende wirken noch ein wenig verhalten, tasten sich langsam wieder an die Normalität heran, die einige noch nicht kennenlernen durften,
Jasmine, Studentin der Theater-, Film- und Medienwissenschaften, sitzt auf einer Mauer, neben ihr ein roter Pappkaffeebecher. Ja, sie freue sich, aber trotzdem mache sie der Präsenzbetrieb noch nervös: „Ich traue der Corona-Situation noch nicht so ganz“, sagt sie. Dann fügt sie noch hinzu: „Aber meine Motivation ist zu Hause schon flöten gegangen.“ Sie sei ein wenig vereinsamt, so allein vor dem Computer. Neben ihr sitzt Tamara, Germanistik- und Soziologiestudentin. Auch für sie waren die vergangenen Semester einsam: „Es fehlten der Austausch und die Diskussionen. Online kann man schwer interagieren.“ Man habe sich zwar über Whatsapp in den Kursen auf dem Laufenden gehalten, aber der persönliche Kontakt konnte dadurch nicht ersetzt werden. Auch nicht das Mittagessen in der Mensa, der Kaffee zwischendurch oder das gemeinsame Lernen in der Bibliothek.
Die Goethe-Universität ist mit über 44 000 Studierenden eine der größten Universitäten in Deutschland. Dieses Semester sind laut Angaben der Universität mehr als 7000 Erstsemester dazugekommen. Die Anzahl der Studierenden sei somit nicht rückläufig, außer bei den Auslandsstudierenden. Grund sei hierbei die eingeschränkte Mobilität. Mit der 3G-Regelung, Eingangskontrollen und dem Einsatz von einem Impfmobil in Zusammenarbeit mit der Stadt erhofft sich die Universitätsleitung eine Rückkehr in einen weitestgehend normalen Lehrbetrieb.
Gegen Mittag füllt sich dann der Campus langsam. Die Stimmung lockert sich etwas, die Gespräche wirken gelöster, und der einsetzende Trubel überspielt das zaghafte Fremdeln. Esteban, der Gymnasiallehramt studiert, wirkt fast schon euphorisch: „Obwohl ich meine erste Vorlesung online hatte, bin ich heute schon früh in die Uni gefahren und habe sie mir mit Kaffee in der Mensa auf dem Laptop angeschaut.“
Auch vor dem Gebäude für Psychologie und Erziehungswissenschaften stehen immer mehr Gruppen, erleben eine Mischung aus Kennenlernen und Wiedersehen. Nicole, Laurin und Jakob beginnen ihren Master „Internationale Studien“. Die Uni ist neu und auch die Stadt, da gibt es viel Redebedarf. Doch dann schwenken die Themen zu ganz praktischen Dingen, die Corona so mit sich gebracht hat. „Ich muss mir noch medizinische Masken holen. Nachher versteht man mich mit der FFP2-Maske im Seminar gar nicht“, meint Jakob. Sie diskutieren, mit welcher Maske man wohl am wenigsten nuschelt. Dann verabschieden sie sich. „Wir gehen jetzt mensen“, sagt Nicole und lacht.