„Wir wollen die Bedarfe noch genauer erkennen“

Michael Wolfensteiner, Leiter der Statistikstelle der Stadt Frankfurt, über das digitale Statistikportal und dessen Vorteile
Herr Wolfsteiner, wieso bietet die Stadt Frankfurt ein Statistikportal an?
Das Portal gibt es nun seit Anfang Februar. Es ist als Ersatz für unser Statistisches Jahrbuch und die Stadtteildaten in der Reihe „Materialien zur Stadtbeobachtung“ entstanden. Das Jahrbuch erschien seit 1952 und das Stadtteilheft seit 2011 in gedruckter Form. Wir wollten die Druckprodukte ablösen und das Ganze in die digitale Welt überführen. Auf dem Portal haben wir aktuell täglich etwa 100 bis 150 Zugriffe.
Warum gibt es das Jahrbuch nicht mehr, beziehungsweise wieso nicht eine digitale und eine analoge Form?
Weil es an der Zeit war, auch hier das digitale Zeitalter zu beginnen. Es gab immer mehr die Kritik, diese Daten noch zu drucken. Am Ende waren es 300 Seiten dicke Jahrbücher. Auch hatte man damit lediglich reine Tabellen, die sich viele auch als Daten gewünscht haben. Dem sind wir nun nachgekommen. Beides – also auch noch ein gedrucktes Buch anzubieten – ist arbeitszeittechnisch nicht leistbar und auch nicht sinnvoll. Denn bei der digitalen Form wird vor allem auch die Aktualität steigen, da die Daten im Verarbeitungsprozess direkt online gehen, also auch unterjährig. Bisher wurden manche Daten erst mit dem Jahrbuch zum Jahresende veröffentlicht.
An wen richtet sich das Statistikportal?
Nutzen können es alle, es steht frei im Internet zur Verfügung. Die Hauptgruppen sind sicherlich Bürgerinnen und Bürger, die Politik oder auch die Wirtschaft. Stadtintern greifen außerdem alle Stellen der Stadtverwaltung, die Daten zur Planung oder zur Stadtentwicklung brauchen, darauf zu. Es bietet sich gerade für jene an, die die Daten weiterverarbeiten möchten.
Etwa für wissenschaftliche Arbeiten oder ein Buch?
Das sind sicher Beispiele dafür. Die Daten dürfen in eigene Systeme eingespielt werden oder können für weitere Prozesse genutzt werden, da sie auch maschinenlesbar zur Verfügung stehen. Das Portal bietet darüber hinaus viele Grafiken, die ebenfalls für kommerzielle oder nicht kommerzielle Zwecke genutzt werden können.
Welche Statistiken gibt es bereits?
Das Spektrum reicht vom Arbeitsmarkt und Bevölkerungszahlen über Flächennutzung, Freizeit und Sport, öffentliche Finanzen, Verkehr, Gesundheit bis hin zur Wirtschaft. Alle grundlegenden Daten, die wir aus der Nachfrage identifiziert haben, haben wir als erstes eingestellt. Es kommen aber immer weiter Daten hinzu, beispielsweise wenn die Nachfrage danach da ist.
Was soll konkret noch ergänzt werden?
DIE INTERNETSEITE
Das Statistikportal der Stadt Frankfurt ist unter statistikportal.frankfurt.de im Internet abrufbar.
In 17 Themengebieten finden sich mehr als 130 Tabellen und mehrere Grafiken.
Vier Beschäftigte der Statistikstelle kümmern sich um das Design und die Bereitstellung der Daten. Insgesamt 20 liefern die Daten aus ihren jeweiligen Fachstatistikbereichen. mic
3054 HEKTAR umfasst der größte Stadtteil Sachsenhausen-Süd.
5532 BETTEN hatten Frankfurts Krankenhäuser 2020 insgesamt. Zehn Jahre zuvor waren es 6203.
796 KITAS gab es in Frankfurt im Jahr 2021.
5,37 MILLIARDEN Kilowattstunden betrug der Stromverbrauch in Frankfurt 2021.
Momentan sind wir als kleinste räumliche Einheit auf der Stadtteilebene unterwegs. Da haben wir 46 in Frankfurt. Vermehrt sollen die Daten nun auch für die Stadtbezirke aufgeschlüsselt werden. Davon haben wir 123. Damit kann man noch genauer Bedarfe oder Besonderheiten erkennen. Im Mai sollen zudem dann noch Umfragedaten eingepflegt werden.
Was macht die Stadt dann aus den Erkenntnissen aus den Stadtteilen und Bezirken?
Die Standarddaten werden für Planungszwecke genutzt, etwa bei der Stadtplanung. Das Wohnungsamt schaut, wie die Bevölkerungsstruktur aussieht und wie vielleicht Maßnahmen gegriffen haben. Das Thema Gentrifizierung kommt immer wieder hoch. Also wie entwickeln sich die Stadtteile, bleiben sie in ihrer Struktur gleich oder verändern sie sich. Daraus kann man ableiten, was man tun muss, um Prozesse gegebenenfalls zu verhindern, die dort stattfinden. Im Bereich Schulplanung wird die Bevölkerungsentwicklung angeschaut, wobei dabei die Bevölkerungsvorausberechnung wichtig ist. Die erstellt die Stadt, sie ist aber momentan noch nicht im Statistikportal abrufbar.
Und was hat es mit den Umfragedaten auf sich?
Wir führen jährlich die Mehrthemenumfrage „Leben in Frankfurt“ durch und befragen dabei rund 25 000 Menschen mit einem zwölfseitigen Fragebogen. Dabei geht es beispielsweise um die Demografie, die Zufriedenheit mit Frankfurt und auch der Stadtverwaltung, Umwelt, Verkehr oder mobiles Arbeiten. Im Statistikportal werden die Ergebnisse von 2022 ein großer Themenblock, der dann auch eine eigene Rubrik bekommt.
Woher stammen die Daten im Portal?
Das ist ganz unterschiedlich. Vieles sind Primärdaten, die die unterschiedlichen Ämter der Stadt erfassen, etwa das Melderegister beim Bürgeramt oder die Schuleingangsuntersuchungen beim Gesundheitsamt. Beim Bauen und Wohnen basiert das Ganze auf der Bautätigkeitsstatistik. Die Bauaufsicht übermittelt uns Statistikbögen, wenn ein Neubau, Umbau oder Abriss stattfindet. Es gibt auch andere Datenlieferanten wie die Bundesagentur für Arbeit oder die Kassenärztliche Vereinigung.
Was ist in Zukunft noch mit dem Portal möglich?
Wir haben noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Wir überlegen beispielsweise, welche Darstellungsformen bei den Daten und Grafiken noch möglich sind. Auch arbeiten wir momentan daran, andere Plattformen mit den Daten zu versorgen. So könnten dann das Geoportal oder die Open Data Plattform der Stadt darauf direkt zugreifen.
Interview: Steven Micksch



