Klimastreik am Freitag: „Brauchen tiefgreifende Veränderungen in Frankfurt“
„Fridays-for-Future“-Aktivistin Kira spricht im Interview über den Klimastreik an diesem Freitag in Frankfurt und eine Neuorientierung der Klimabewegung.
Frankfurt – Es geht um die Verkehrswende beim globalen Klimastreik an diesem Freitag – auch in Frankfurt. Die Demo beginnt um 12 Uhr an der Alten Oper. „Fridays-for-Future“-Aktivistin Kira, die ohne Nachnamen in der Zeitung erscheinen möchte, erläutert im Gespräch die Hintergründe.
Kira, der Treffpunkt zur Demo ist diesmal wieder der Opernplatz. Was ist geplant?
Die Alte Oper liegt zentral, und wir haben Zubringer vom Bockenheimer Hülya-Platz, organisiert vom offenen Klimatreffen, aus dem Gutleut, organisiert von der Verdi-Jugend, und vom Südbahnhof, vom ,KoalaKollektiv‘. Der Opernplatz ist dann der Treffpunkt für die große Demo.
Wo führt die Route entlang?
Über die Taunusanlage zum Platz der Republik, dann links, am Hauptbahnhof vorbei und am Main entlang zum Römer.
Diesmal geht es beim Klimastreik speziell um das Thema Verkehrswende. Warum?
Wir sind auf der Straße, um zu zeigen, dass das Thema wichtig ist. Ein Fünftel der klimaschädlichen Emissionen in Deutschland kommt aus dem Verkehr. Natürlich gibt es auch in Frankfurt dafür viel Handlungsbedarf. Wir setzen uns dafür ein, dass der ÖPNV kostenlos ist und ausgebaut wird. Die Beschäftigten im Nahverkehr müssen besser bezahlt werden. Und die Straßenbahn soll nicht mehr mit Kohlestrom fahren, sondern mit Energie aus erneuerbaren Quellen.
FFF-Klimastreik in Frankfurt: Kostenfreier ÖPNV gefordert
Das Thema gilt bei allen Demos an diesem Freitag bundesweit, und es gibt diesmal eine Kooperation mit Verdi. Wie kam das zustande?
Aus der Erkenntnis heraus, dass es ohne die Beschäftigten keine Verkehrswende geben wird. Deshalb unterstützen wir die Gewerkschaft Verdi. Die Arbeit im ÖPNV muss ein Beruf mit Zukunft sein, mit besseren Arbeitsbedingungen und mehr Geld.

Ist die Verkehrswende momentan das drängendste Thema für den Klimaschutz?
Der Klimawandel ist das drängendste Thema, und das äußert sich in verschiedenen Facetten. Aber gerade für die Verkehrswende braucht es eine Umverteilung der Gelder. Wir brauchen mehr zukunftsorientierte Verkehrspolitik, statt weiter in Autos zu investieren, die uns noch mehr Millionen für Klimafolgeschäden kosten werden.
Gibt es einen Bezug zur Frankfurter OB-Wahl am Sonntag? Sogar eine Wahlempfehlung?
Wir sind überparteilich, aber es ist klar, dass wir die Klimaziele auf ökologische und sozial gerechte Weise erreichen müssen. Die Klimawende darf nicht davon abhängen, dass sich Leute kein ÖPNV-Ticket leisten können und dann auf einmal keine Möglichkeit zur Mobilität mehr haben. Deswegen ist es uns schon wichtig zu betonen, dass die Klimaziele auch soziale Lösungen erfordern. Leute mit wenig Geld sind stärker von den Konsequenzen der Klimakrise betroffen.
Was macht die Stadt falsch beim Thema Verkehrswende?
Die Frankfurter Innenstadt ist voll von Autos. Es bräuchte vor allem einen Ausbau des ÖPNV, barrierefrei und kostenlos, von Rad- und Fußwegen. Eine Sache, die auch auf jeden Fall schiefläuft: Kohlestrom aus dem Heizkraftwerk West für den Betrieb der Straßenbahn ist nicht geeignet, uns im Kampf gegen die Klimakrise weiterzuhelfen.
FFF-Klimastreik in Frankfurt: „In letzter Zeit hat man wenig bis gar keine positiven Entwicklungen gesehen“
Gibt es etwas, das die Stadt im Verkehrsbereich richtig macht?
In letzter Zeit hat man wenig bis gar keine positiven Entwicklungen gesehen. Ein großer Teil des Fechenheimer Waldes wurde für den Autobahnbau abgeholzt. Das Experiment autofreier Mainkai wurde ohne Begründung kompromisslos einfach beendet. Insofern sieht es da gerade eher schlecht aus.
Die roten Fahrradstreifen, die an vielen Stellen entstanden sind: ein Schritt in die richtige Richtung oder eher Kosmetik?
Das hilft natürlich schon, um mit dem Fahrrad durch Frankfurt zu kommen. Aber letztlich brauchen wir tiefgreifende Veränderungen in der Verkehrspolitik, nicht nur Pop-up-Fahrradwege. Viel zu viel Geld fließt in den Erhalt und den Bau von Straßen.
Was wünschen sich die Fridays for Future für die Innenstadt?
Es wäre schön, wenn die Frankfurter Innenstadt größtenteils autofrei wäre, wenn man mehr Grünflächen hätte, mehr Platz für kulturelle Begegnungen. Autos nehmen nun mal sehr viel Platz weg. Da, wo keine Straßen mehr wären, könnte man so viel Sinnvolles mit den Flächen anfangen.
FFF-Klimastreik in Frankfurt: Platz, den Autos brauchen, sinnvoller nutzen
Ist bei der Planung der Klimastreiks zu spüren, dass wieder mehr Kraft in der Bewegung steckt, ist die Corona-Flaute überwunden?
Wir merken schon, dass wir gerade wieder aktiv mehr Leute werden. Dass es Richtung Frühling geht und Corona nicht mehr so eine große Rolle spielt, hilft natürlich schon bei den Demos. Aber zugleich wollen wir uns auch umorientieren.
In welcher Hinsicht?
Demos sind zwar wichtig, um zusammenzukommen und unsere Überzeugungen auf die Straße zu tragen. Aber wir wollen auch verstärkt dafür werben, dass die Leute sich selber in ihrem Stadtteil oder in Gemeinschaftsgärten engagieren. Wir brauchen jede einzelne Person, die sic tatsächlich engagiert und nicht nur auf eine Demo kommt.
Gibt es weiterhin Zulauf von jungen Schülerinnen und Schülern?
Wir merken inzwischen, dass wir eine Bewegung sind, die es schon länger gibt. Aber es kommen auch immer wieder Leute dazu, was uns freut. Wir sind noch keine überalterte Gruppe.
Was haltet Ihr von der „Letzten Generation“, vom Festkleben auf der Straße und ähnlich aufsehenerregenden Aktionen?
Grundsätzlich ist es wichtig, dass das Thema Klimakrise auf die Agenda kommt, und man muss anerkennen, dass es verschiedene Aktionsformen gibt. Wir als Fridays for Future konzentrieren uns auf große Demos, erkennen aber an, wenn Leute mit zivilem Ungehorsam agieren, weil wir es ohne ihn nicht schaffen werden, eine Veränderung herbeizuführen. (Interview: Thomas Stillbauer)