Wie Romnja ihren Alltag in Frankfurt meistern

Zwischen Racial Profiling und trockenem Humor: In einer Doku der Filmemacherin Ursula Schmidt Pallmer gewähren drei junge Frauen einen Einblick in ihre Welt
Wir wussten schon von klein auf, als Roma wirst du schief angeguckt“, sagt Anita Adam und imitiert einen abschätzigen Blick zur Seite. Die humorvolle Art der jungen Frau lässt das Gesagte fast wie einen Scherz wirken. Schnitt. Alina Preda und eine Freundin sind dabei zu sehen, wie sie den Platz der Republik in Berlin überqueren: Einen Augenblick später treten die Frauen durch den schwarzen Rahmen zum Sinti-und-Roma-Denkmal. Alina tippt mit dem Fuß auf einen Stein, auf dem der Name eines Konzentrationslagers eingraviert ist. „In der Nähe dieser Stadt habe ich Verwandtschaft“, sagt sie.
In dem Dokumentarfilm „Weil wir Romnja sind?!“ gewähren die drei Frankfurter Romnja Anita Adam, Dragiza Caldaras und Alina Preda unter der Regie von Ursula Schmidt Pallmer Zuschauer:innen einen Einblick in ihren Alltag. Darin ist vieles „normal“, doch vieles zeigt auch die erschwerten Bedingungen, mit denen die Frauen zu kämpfen haben.
Da ist Anita, die sich mit ihrem Sohn und ihren Eltern eine Zweizimmerwohnung teilt und Schulden abbezahlen muss. Gleichzeitig sieht man sie auf einer Demonstration, wie sie von ihren Erfahrungen des Racial Profiling bei der Polizei berichtet und junge Romnja in Deutsch unterrichtet, nachdem sie selbst nur fünf Jahre eine Schule besuchen konnte.
Dragiza lebt seit 24 Jahren nur mit einer Aufenthaltsgenehmigung in Frankfurt
Oder Dragiza, die seit 24 Jahren mit einer Aufenthaltsduldung in Deutschland lebt, da ihr die rumänische Staatsbürgerschaft nicht anerkannt wird. Hessen konnte sie in ihrem Leben deshalb nur selten verlassen. Doch die junge Frau will kein Mitleid und nimmt auch schwierige Momente mit Humor. „Viele haben noch ganz andere Probleme, ich habe nur ein kleines Problem: Ich habe keinen Pass“, sagt die 28-Jährige.
Gemeinsam mit Alina, die genauso wie sie als Dolmetscherin im Förderverein Roma in Frankfurt arbeitet, sieht man sie in einem anderen Ausschnitt, wie sie Tüten mit Lebensmitteln für die Romnja und Sintizze packt, die sich in der Brache, der sogenannten Brettersiedlung aufhalten. „Ich wusste gar nicht, dass es mitten in Frankfurt so etwas gibt. Ich dachte, das gibt es nur in Rumänien“, sagt Alina anschließend in die Kamera.

Für den Dokumentarfilm hat Schmidt Pallmer die Frauen fünf Jahre lang mit der Kamera in ihrem Alltag begleitet. Ein Schritt, für den erst Vertrauen aufgebaut werde musste. Für die Regisseurin war das Kennenlernen, das bereits 2014 durch ein filmisches Bildungsprojekt zustande kam, das erste mit Romnja. „Wirklich schockiert hat mich, wie regelmäßig es, wenn wir als Gruppe im öffentlichen Raum unterwegs waren, zu diskriminierenden Kommentaren und Beleidigungen kam.“ Dadurch habe sie auch die Reserviertheit einiger der Mädchen und jungen Frauen gegenüber Gadjés – Personen, die nicht der Roma- und Sinti-Community angehören – besser nachvollziehen können. „Ein Gadjé kann immer zwischen vielen Roma leben, aber ein Roma zwischen vielen Deutschen, das ist schwierig“, sagt Anita.
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Die Veranstaltungsreihe „Aschunen I Dikhen* – hört und schaut hin“, die vom Frankfurter Frauenreferat, der Bildungsstätte Anne Frank und der Kinothek Asta Nielsen e. V. organisiert wird, findet seit vergangenem September an unterschiedlichen Orten überall in Frankfurt statt. Am 23. März ist die von Ursula Schmidt Pallmer und Linda Kagerbauer kuratierte Reihe im Historischen Museum zu Gast. Dabei werden sich Carmen Spitta, Tochter der Frankfurter Filmemacherin und Bürgerrechtsaktivistin Melanie Spitta, Sonja Böttcher und Patrizia Siwak über ihre Familiengeschichten und Erfahrungen austauschen. Am 12. April geht „Aschunen I Dikhen*“ im Mousonturm mit einem Gespräch und Konzert mit Sandra und Simonida Selimovic vorerst in die letzte Runde. (Von Johanna Wendel)