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Frust in der Carl-von-Weinberg-Siedlung

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Von: Matthias Bittner

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Kein schöner Anblick: Bröckelnde Fassaden in der Carl-von-Weinberg-Siedlung an der Miquellallee/ hansaallee.
Kein schöner Anblick: Bröckelnde Fassaden in der Carl-von-Weinberg-Siedlung an der Miquellallee/ hansaallee. © hamerski

Mieterinnen und Mieter der Carl-von-Weinberg-Siedlung an der Miquellalllee fordern die Deutsche Wohnen auf, ihre Pläne für die maroden und leerstehenden Bauten vorzustellen. Dazu soll es eine Mieterversammlung geben. Das plant auch das Unternehmen.

Die Farbe an der Balkonbrüstung ist abgeblättert. Teils schimmert verrostetes Eisen der Balkonkonstruktion durch. Der Rundgang durch die Carl-von-Weinberg-Siedlung entlang der Miquelallee gegenüber der Goethe-Uni ist kein schöner Anblick. Mieter:innen hatten Vertreter:innen des Ortsbeirates 2 (Bockenheim, Westend, Kuhwald) eingeladen, um sich ein Bild zu machen – zuvor hatten sie ihrem Ärger in zwei Sitzungen des Stadtteilparlamentes Luft gemacht. „Die lassen das absichtlich verfallen“, wirft Hans Laske der Deutsche Wohnen, der die Blocks gehören, vor.

Hans-Jürgen Hammelmann von der Linke-Fraktion im Ortsbeirat widerspricht nicht. Er glaubt, Mieter:innen mit Altverträgen und einer günstigen Miete sollen vergrault und zum Auszug bewegt werden, damit bei Neuvermietungen höhere Mieten zu erzielen sind. Er vermutet sogar, dass die in den 1930er Jahren erbauten Wohnblöcke abgerissen werden sollen. Mit der Neubebauung ließe sich mehr Profit erwirtschaften. Das aber ist Spekulation. Und das ist das Problem. Laut Laske kursieren wilde Gerüchte, was die Deutsche Wohnen mit den rund 400 Wohnungen plant. Von Renovierung und Aufstockung sei die Rede gewesen. Frage man nach, bekomme man keine Auskunft. Das sei unbefriedigend. Nicht nachzuvollziehen sei, warum 80 Einheiten aktuell leer stünden.

Conny Petzold von „Eine Stadt für Alle!“ – eine politische Initiative, die sich des Themas Wohnen und all seiner Probleme annimmt – regt eine Mieterversammlung an. Mieter:innen, Politiker:innen sowie Vertreter:innen der Deutsche Wohnen sollten ins Gespräch kommen. Die Vorbereitungen laufen, bisher scheitert es an geeigneten Räumen. „Es müssten Räume in der Nähe sein, ältere Mieter nicht so mobil sind“, sagt Petzold.

Wer helfen kann, kann an abg_kampagne@riseup.net eine Mail schicken. Für Freitag, 24. Juni, lädt die Gruppe, zum kritischen Stadtteilrundgang zum Thema „Leerstand stoppen! Deutsche Wohnen, Vonovia und Co enteignen!“ ein. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr an der Ecke Miquelallee/Hansaallee. Jessica Götz hält Petzolds Vorschlag für eine gute Idee, um die jeweiligen Positionen auszutauschen. Ihr Vater Rudolf, der auch in der Siedlung wohnt, stimmt zu. Fakten kämen hoffentlich auf den Tisch. Und man könne für sich anschließend eine Entscheidung fällen, ob man weiter in der Siedlung wohnen bleiben möchte oder sich anders orientiere.

Unabhängig von der Idee von „Eine Stadt für Alle!“ plant auch die Deutsche Wohnen eine Mieterversammlung. Das erklärt Gunnar Goldmann von der Unternehmenskommunikation auf Anfrage. Ein Termin steht noch nicht fest. Die Firmenvertreter:innen erwartet so Einiges. Denn die Mieter:innen der Weinberg-Siedlung sind frustriert von der „Hinhaltetaktik“. Robert Schieweck nervt der administrative Aufwand. „Es wird nur auf Zwang und Drohung mit dem Anwalt reagiert oder wenn man einen Teil der Miete einbehält“, sagt er. Andere berichten, dass immer im Oktober angemahnt werden müsse, die Heizung anzustellen. Die funktioniere dann oft nicht, weil Ersatzteile fehlten. Dächer und Fassaden seien marode, Schimmel in den Wänden die Konsequenz. Zuletzt tat sich laut Laske aber etwas. Acht Wohnungen werden renoviert. „Ich halte das aber für Augenwischerei“, sagt er.

Laut Goldmann stehen aktuell 38 Wohnungen plus die Dachgeschosse leer. Zum 30. Juni sollen nun 15 Wohneinheiten übergeben werden, zwei weitere folgen kurz darauf, eine davon bezieht eine Familie aus der Ukraine. Marko Rosteck, stellvertretender Leiter Unternehmenskommunikation bei der Deutsche Wohnen, hatte bereits im Mai gesagt, es sei keine Aufstockung und keine Luxussanierung geplant. Diese leerstehenden Wohnungen dienten als Ersatzwohnungen für Mieter:innen, die während der Sanierung ihre Wohnungen verlassen müssten. Im Frühjahr 2023 sollen die Renovierungen an mehreren Zeilen starten. Aufgrund der angespannten Marktsituation im Baugewerbe müsse der Zeitplan aber noch unter Vorbehalt gestellt werden, bittet er die Mieter:innen um etwas Geduld.

Für Freitag, 24. Juni, lädt die Initiative zum kritischen Stadtteilrundgang „Leerstand stoppen! Deutsche Wohnen, Vonovia und Co enteignen!“ ein. Treffpunkt ist um 14.30 Uhr an der Ecke Miquelallee/Hansaallee.

Mieterinnen und Mieter führen den Ortsbeirat 2 durch die Wohnhäuser der Siedlung.
Mieterinnen und Mieter führen den Ortsbeirat 2 durch die Wohnhäuser der Siedlung. © Hamerski

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