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Wahlprüfstein Bildung: Zu langsam beim Schulbau

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Von: Sandra Busch

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Die Holzmodule für das Übergangsquartier des Adornogymnasiums standen schnell; mit dem Neubau wird es noch dauern. Rolf Oeser
Die Holzmodule für das Übergangsquartier des Adornogymnasiums standen schnell; mit dem Neubau wird es noch dauern. Rolf Oeser © Rolf Oeser

Frankfurt braucht dringend Schulen und Kitaplätze – hinkt aber bei der Umsetzung hinterher.

Man könnte es als Wachstumsschmerzen einer Großstadt bezeichnen. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler steigt in Frankfurt rasant, 10.000 mehr innerhalb von zehn Jahren. Und jedes Jahr kommen rund 1000 weitere Schüler:innen hinzu. Alle brauchen einen Schulplatz. Da gibt es auch keine Alternative, da kann nichts aufgeschoben werden.

Es ist die gesetzliche Pflicht der Stadt, diese Plätze bereitzustellen. Wenn also mit dem Bevölkerungswachstum Schritt gehalten werden soll, dann müssen Schulplätze geschaffen werden. Doch die Umsetzung bereitet Kopfschmerzen.

Die Lage ist angespannt, die Schulen sind voll. Um es noch einmal zu verdeutlichen: 1000 Schüler:innen pro Jahr – das entspricht etwa 33 Gymnasialklassen. Oder 40 Grundschulklassen. Die Situation ist der Stadt durchaus bewusst. 28 neue Schulen will Frankfurt in den nächsten Jahren eröffnen. Es geht um 14.000 Schulplätze dabei.

Das ist der Bedarf, der sich aus prognostizierten Schülerzahlen ergibt. Regelmäßig wird der Schulentwicklungsplan aktualisiert und jedes Mal kommen neue Schulen hinzu. Die Liste wird immer länger. Von einer Herkulesaufgabe ist dann oft die Rede. Zwar ist es nicht so, dass keine Schulen gegründet werden, in diesem Schuljahr etwa das Gymnasium Süd, doch bei allen Bemühungen hinkt die Stadt beim Bau der Schulen hinterher.

Gründe dafür gibt es einige. So sind etwa freie Flächen in Frankfurt rar, Grundstücke für Schulstandorte schwer zu finden. Bürogebäude sollen daher umgebaut werden, es soll Hybridschulen – unten Schule, oben Wohnungen – geben. Aber weiterhin bleibt die Suche schwierig. Und es wird sicher nicht der Vergangenheit angehören, dass Schulen zunächst in Übergangsquartieren starten und erst Jahre später an ihren endgültigen Standort ziehen. Beim Bau gibt es immer wieder Verzögerungen, weil die Vergaben so lange dauern und das Personal in den Ämtern nicht mit den Aufgaben hinterherkommt.

Es herrscht große Einigkeit in der Politik darüber, dass neue Schulen gebraucht werden. Und es herrscht auch große Einigkeit darüber, dass die Stadt beim Schulbau zu langsam ist. Das zu ändern steht bei fast allen OB-Kandidat:innen auf der Agenda. Es steht auch auf der Agenda von Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD). Sie hat vor eineinhalb Jahren zusätzlich das Baudezernat übernommen und eine „Schulbau-Offensive“ angekündigt. Die Stadtverordneten haben auch beschlossen, dass es dafür mehr Geld und mehr Personal geben soll. Allerdings ist es schwer, qualifiziertes Personal zu gewinnen und Stellen zu besetzen.

Wahlprüfsteine

Welche Themen entscheiden die OB-Wahl am 5. März? Wir stellen die Herausforderungen und die Herangehensweise der Kandidat:innen zu acht Politikfeldern vor.

- Wahlprüfstein Klima - wer kann das in Frankfurt?

- Wahlprüfstein Verkehr - Frankfurt muss sich neu erfinden

- Wahlprüfstein Sicherheit - und deren Grenzen in Frankfurt

- Wahlprüfstein Migration/Diversität - Vielfalt kaum abgebildet

- Wahlprüfstein Wohnen - Angst vor der Verdrängung

- Wahlprüfstein Bildung - zu langsam beim Schulbau

- Wahlprüfstein Kultur - vor der Spardebatte

- Wahlprüfstein Soziales - Hilferuf der Jugendarbeit

238 Millionen Euro wurden in den vergangenen eineinhalb Jahren für Neubau, Erweiterungen und Sanierungen ausgegeben. Denn es geht nicht nur um den Bau neuer Schulen, auch um die Sanierung der bestehenden. Dafür soll es einen neuen Aktionsplan in diesem Jahr geben. Eine Stabsstelle Schulbau wurde bereits vergangenes Jahr gegründet. Sie arbeitet an beschleunigten Verfahren, erklärte Weber jüngst im Bildungsausschuss.

An Schulen sollten Baumaßnahmen zusammengefasst werden, etwa könnten Holzmodule gemeinsam ausgeschrieben werden. Stadtintern könnten Verfahren beschleunigt und mit städtischen Gesellschaften beim Schulbau zusammengearbeitet werden. „Wir können das alles nicht gestemmt bekommen, wenn wir eins nach dem anderen abarbeiten“, sagte Weber im Ausschuss. „Wir müssen parallelisieren.“ Und dann soll endlich alles schneller gehen.

Aber nicht nur bei neuen Schulen und bei der Sanierung der bestehenden fehlt es derzeit noch an Tempo. Auch beim Ausbau der Kitaplätze. Kein Februar, in dem nicht im Bildungsausschuss verzweifelte Eltern ihre Lage schildern: Sie haben noch keinen Betreuungsplatz für ihr Kind ab Sommer, sie fürchten, dass ein Elternteil seinen Job für die Betreuung aufgeben muss. Im jüngsten Bildungsausschuss waren es Eltern aus Harheim, die auf der Suche nach Hortplätzen sind.

OB-Wahl in Frankfurt

FR-Online-Dossier: Wer wird Oberbürgermeister oder Oberbürgermeisterin von Frankfurt? Die Bürgerinnen und Bürger entscheiden am 5. März. Stichwahl-Termin wäre der 26. März. Die FR bündelt ihre Berichterstattung mit Analysen, Porträts und aktuellen Nachrichten in einem Online-Dossier.

Mit dem exklusiven FR-Wahlhelfer können Sie einfach und interaktiv herausfinden, welche:r Kandidat:in Ihnen inhaltlich nahe steht. 25 Thesen hat die FR-Redaktion ausgesucht - die Sie selbst gewichten können.

FR-Stadtgespräch zum Nachschauen: Am Mittwoch, 8. Februar, stellten sich den Fragen des FR-Römerteams die Kandidat:innen Manuela Rottmann, Uwe Becker, Mike Josef, Daniela Mehler-Würzbach und Yanki Pürsün. Die Diskussionsrunde lässt sich im Video nachsehen.

OB-Talks: Mit dem Medienmanager Bernd Reisig (Stiftung „Helfen helfen“) lud die FR vier Kandidat:innen zu Einzelgesprächen ins SAE Institute: Uwe Becker (CDU), Manuela Rottmann (Grüne), Mike Josef (SPD) und - als Ergebnis einer Lerser:innen-Abstimmung - der Kandidat der „Partei“, Prof. Dr. Dr. Bembel, vertreten durch Katharina Tanczos. Die vier Abende im Video zum Nachschauen.

Auch hier gilt wieder: Um mit der wachsenden Stadt und der damit einhergehenden steigenden Zahl an Kindern Schritt halten zu können, müssen Kitaplätze geschaffen werden. Hinzu kommt ab 2026 ein Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder. Und wie bei den Schulen sucht die Stadt auch bei Kitas immer wieder nach Standorten, nach geeigneten Räumen. Das viel größere Problem aber: Es mangelt an Fachkräften. Erzieherinnen und Erzieher sind rar,

Um Fachkräfte anzuwerben und zu halten, hat die Stadt eine Koordinierungsstelle geschaffen. Berufsbildungsmessen für Erzieher:innen werden etwa organisiert, Werbemaßnahmen für den Beruf, Fachveranstaltungen und Fortbildungen durchgeführt. Bis 2025 sind 50.000 Euro im Jahr für jeden der großen Träger vorgesehen, mit deren Hilfe diese Qualifizierungs- und andere Maßnahmen angehen können. Aber: Stand Oktober fehlen rund 500 Erzieher:innen in Frankfurt. Weber hätte gerne noch eine „Ballungsraum-Zulage“ zum Gehalt der Fachkräfte, damit Erzieher:innen sich Frankfurt auch leisten können.

Die größte Berufsschule, die Erzieherinnen und Erzieher ausbildet, ist die Berta-Jourdan-Schule. Die Schule ist zu klein, regelmäßig müssen Bewerber:innen abgelehnt werden. Die Schule kann dem Bedarf nicht gerecht werden. Deshalb soll die Schule ein größeres Gebäude bekommen. Die Stadt ist auf der Suche.

DIE POSITIONEN DER KANDIDATINNEN UND KANDIDATEN

Manuela Rottmann (Grüne)

Manuela Rottmann (Grüne) will Frankfurter Oberbürgermeisterin werden.
Manuela Rottmann (Grüne) will Frankfurter Oberbürgermeisterin werden. © Renate Hoyer

Die Kandidatin der Grünen setzt sich dafür ein, dass die Sanierung der Schulen beschleunigt wird. Damit das gelingt, soll serielles Bauen und Sanieren im Schulbau Standard werden. Das habe sich beim Kita-Bau bereits bewährt. Beim Ausbau der Kinderbetreuung wirbt Rottmann dafür, in die Qualität zu investieren, nur so könnten Menschen für den Beruf der Erzieherin und des Erziehers gewonnen werden und der Ausbau der Plätze vorangetrieben werden.

Kostenlose Kitaplätze sieht die OB-Kandidatin kritisch, da Familien mit geringem Einkommen bereits weitgehend von der Beitragszahlung befreit seien. Rottmann hat ein Elf-Punkte-Programm für Kinder und Jugendliche aufgestellt. Ihr Ziel ist es etwa, dass bis 2030 alle Kitas und Schulen gesunde Mahlzeiten aus der Region anbieten.

Für die Schüler:innen aller 9. Klassen will Rottmann ein „Frankfurt- Jahr“ anbieten, in dem sie außerhalb der Schule Erfahrungen in Betrieben und mit gesellschaftlichem Engagement machen können.

Yanki Pürsün (FDP)

OB-Kandidat Yanki Pürsün (FDP).
OB-Kandidat Yanki Pürsün (FDP). © Rolf Oeser

Der Kandidat der FDP spricht sich im FR-Wahlhelfer dafür aus, dass die Stadt mehr Schulplätze an Gymnasien und weniger an Gesamtschulen schaffen soll. In seinem Wahlprogramm verspricht er, Schülerinnen und Schülern eine vielfältige Schul- und Bildungslandschaft zu schaffen, die in allen Schulformen „weltbeste Bildung“ ermöglicht.

Pürsün setzt sich dafür ein, dass Schulen ins digitale Zeitalter geführt werden. Mit maroden Sporthallen und Toiletten soll in den Schulen Schluss sein, sie sollen saniert werden. Die Schulsozialarbeit will der OB-Kandidat zudem weiter ausbauen und die Kinder- und Jugendarbeit durch Inflationsausgleich sichern.

Daniela Mehler-Würzbach (Linke)

Daniela Mehler-Würzbach kandidiert bei der OB-Wahl in Frankfurt für die Linke.
Daniela Mehler-Würzbach kandidiert bei der OB-Wahl in Frankfurt für die Linke. © Peter Jülich

Die Kandidatin der Linken sieht die Bildungschancen in Frankfurt ungleich verteilt. Durch Einsparungen im öffentlichen Bereich würde die soziale Herkunft entscheidend dafür sein, welche Bildung Kinder in Frankfurt bekommen. Um das zu ändern, setzt sich Mehler-Würzbach für gebührenfreie Kitas ein.

Sowohl die Krippe als auch die Horte sollen Eltern nichts kosten – die Kindergärten sind bereits entgeltfrei. Auch die Vermittlung der Betreuungsplätze soll einfacher werden. Mehler-Würzbach wirbt für mehr Schulen in der Stadt, auch sollen sie besser ausgestattet sein.

Zudem ist für sie eine Sanierungsoffensive für bestehende Schulen nötig. Die OB-Kandidatin will sich auch für eine bessere Finanzierung der Einrichtungen der Kinder- und Jugendarbeit einsetzen. Die Schulreinigung gehört für sie zurück in die öffentliche Hand.

Uwe Becker (CDU)

Uwe Becker (CDU) will Frankfurter Oberbürgermeister werden.
Uwe Becker (CDU) will Frankfurter Oberbürgermeister werden. © Renate Hoyer

Der Kandidat der CDU hat auf seiner Wahlkampfhomepage einen Schulmängelmelder eingerichtet. Dort sollen bauliche Missstände gemeldet werden. Falls er zum Oberbürgermeister gewählt wird, soll die Mängelliste Grundlage für sein erstes Arbeitsgespräch mit Bau- und Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) sein.

Auch sonst konzentriert sich Becker in seinem Wahlprogramm vor allem auf die Schulen. Er setzt sich dafür ein, dass neue Schulen schneller gebaut und die bestehenden Schulen zügiger saniert werden. Auch sollen die Schulen digitalisiert werden, er will für jede Schülerin und jeden Schüler ein Tablet.

Um alles zu realisieren, verspricht Becker einen „Schulbau-Booster“ von zusätzlich 100 Millionen Euro im Jahr, mit dem auch die Digitalisierung vorangetrieben werden soll.

Mike Josef (SPD)

Mike Josef ist der Kandidat der SPD zur Frankfurter Oberbürgermeisterwahl.
Mike Josef ist der Kandidat der SPD zur Frankfurter Oberbürgermeisterwahl. © Renate Hoyer

Der Kandidat der SPD will in moderne Schulen und Kitas in allen Stadtteilen investieren. Auf Großplakaten wirbt er mit „1 Milliarde Euro für Schulen und Kitas“. Die sollen insgesamt in sechs Jahren zusätzlich für Bau und Sanierung zur Verfügung stehen. Finanziert werden soll das unter anderem aus Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer.

Um die Sanierung zu beschleunigen, schlägt der OB-Kandidat vor, diese Aufgabe auszugliedern – also einer neu zu gründenden Gesellschaft zu übertragen oder von einer bereits bestehenden städtischen Gesellschaft übernehmen zu lassen.

Um dem Mangel an Erzieher:innen entgegenzuwirken, will sich Josef für einen „Frankfurt-Zuschlag“ einsetzen – mehr Gehalt, um den Arbeitsort Frankfurt attraktiver zu machen. So will er eine Betreuungszeitgarantie in Kitas gewährleisten.

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