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Frankfurter Corona-Teststellen-Betreiber: „Ich bin ziemlich verzweifelt“

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Von: Kathrin Rosendorff

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Coronateststellen-Betreiber Stephan Zamir hofft, dass die KV Hessen ihn bald ausbezahlt.
Coronateststellen-Betreiber Stephan Zamir hofft, dass die KV Hessen ihn bald ausbezahlt. © Monika Müller

Ein Frankfurter Betreiber einer Corona-Teststelle wird seit Monaten von der KV Hessen nicht ausgezahlt. Damit ist er ist kein Einzelfall.

Frankfurt – Stephan Zamir ist als stets gut gelaunter und herzlicher Corona-Teststellenbetreiber im Frankfurter Stadtteil Bockenheim bekannt. „Ich komme am liebsten zu ihm, weil er immer so nett ist und die Tests so gründlich macht“, sagt eine ältere Dame. Es ist viel los an diesem späten Montagnachmittag. Die meisten Kund:innen lassen sich für ihren Besuch im Pflegeheim oder Krankenhaus testen. Der 22-Jährige grüßt die Stammkund:innen, kennt ihre Namen. Seit Dezember 2021 betreibt er die „CTS Coronateststation“ auf der Leipziger Straße. Es ist eins der wenigen Testzentren, die es noch in Frankfurt gibt.

Zamir zeigt seinen Kund:innen nicht, dass er momentan, wie er es ausdrückt, „ziemlich verzweifelt“ ist. „Denn seit September 2022 bekomme ich schon von der KV Hessen kein Geld mehr überwiesen. Dabei habe ich alle notwendigen Dokumente korrekt abgegeben. Keine Fake Tests gemacht.“ Im vergangenen Oktober hatte die KV (Kassenärztliche Vereinigung) Hessen sich bei ihm gemeldet und gefragt, wie es denn sein könne, dass er am Tag 200 Tests habe, während andere Testcenter in der Nachbarschaft nur 30 Tests durchführten. „Ich verstehe, dass die KV Hessen prüfen will, dass alles korrekt ist, aber wieso dauert das so lange? Ich habe Fixkosten, die ich zahlen muss: Allein die Miete hier kostet 4100 Euro, im Dezember musste ich meinen Mitarbeiter entlassen, weil ich ihn nicht mehr bezahlen konnte. Ich musste mir Geld von meinen Eltern leihen. Ich habe nur noch 2000 Euro auf dem Konto.“

Probleme mit der KV Hessen: Corona-Teststellen melden vielerorts Probleme

Er wisse nicht, wie es weitergehe, wenn auch die monatliche Zahlung im Januar ausfalle. Insgesamt müsse ihm die KV Hessen noch über 200.000 Euro auszahlen. Auf FR-Anfrage, warum die Zahlungen an Zamir bislang nicht erfolgt seien, sagt ein Sprecher der KV Hessen: „Aus datenschutzrechtlichen Gründen kommunizieren wir das nicht öffentlich“. Zum Hintergrund: Die Kassenärztlichen Vereinigungen wollten bundesweit, nachdem gefälschte Abrechnungen von Corona-Teststellen bekannt geworden waren, Betrüger:innen auf die Spur kommen. Der Ablauf ist normalerweise folgendermaßen: Die Corona-Testcentren melden den Gesundheitsämtern die täglich genommenen Proben. Die KV gleicht die Daten ab. Das ist die erste Plausibilitätsprüfung. Dort wird untersucht, ob die Angaben stimmen, erst dann wird das Geld überwiesen.

Und solange diese Prüfungen eben nicht abgeschlossen sind, können die Zahlungen ausgesetzt werden. Zamir ist dabei kein Einzelfall. Das sagt Christoph Caesar. Er ist Vorsitzender des Bundesverbands für Teststellen und Infektionsschutz (BVTI), der sich im August 2022 gegründet hat. „Bundesweit sind uns aktuell 780 Fälle von Corona-Teststellenbetreibern bekannt, die seit Monaten von den KV nicht für ihre Dienstleistungen bezahlt wurden, also die Überweisungen zurückhalten wurden. Es gibt Betreiber, die bis zu einem Jahr kein Geld erhalten haben.“ Viele Corona-Teststellen hätten schließen müssen. „Es gibt auch Betreiber, die sogar Privatinsolvenz anmelden mussten.“ Das Problem sei, dass ihnen aktuell „rechtlich die Hände gebunden“ seien. „Solange die Plausibilitätsprüfung läuft, haben die KVs das Recht, die Auszahlungen auszusetzen.“

Corona-Teststelle in Frankfurt: Betreibern sind die Hände gebunden

Für ihren abschließenden Bescheid hätten sie laut Testverordnung des Bundesgesundheitsministerium bis zum 31. Dezember 2024 Zeit, so Caesar. Und er betont, dass also erst danach, wenn beispielsweise ein Betreiber nur 50 Prozent der geforderten Einnahmen ausbezahlt bekäme, dieser erst frühestens ab Januar 2025 beim Sozialgericht Klage erheben könnte. „Ein Sozialgerichtsverfahren dauert drei Jahre. Also im schlimmsten Fall würde der Betreiber sein Geld erst 2028 bekommen.“

Ein großes Problem sei, dass die Kassenärztlichen Vereinigungen telefonisch nicht erreichbar seien. Teilweise bekomme man auf Mails keine Antwort. Das bestätigt auch Zamir. Laut Caesar ist es wichtig zu erwähnen, dass die KV auch mitverdienen an den Tests. „Seit Dezember sind das 1,6 Prozent unserer Vergütung für Abstrichnahmen.“

Langwierige Prüfung durch KV Hessen: Keine Planungssicherheit für Corona-Teststellen

Die KV Hessen hat 2021 laut eigener Aussage rund 12 Millionen Euro an Verwaltungskosteneinnahmen für die Durchführung der Abrechnung der Testcenter mit den Teststellenbetreibern und dem BAS (Bundesamt für Soziale Sicherung) erhalten. Der Jahresabschluss für 2022 steht noch aus. Caesar betont, von diesen Einnahmen könne man Personal einstellen, das schneller überprüfe und eben auch eine Hotline für Fragen der Teststellenbetreiber:innen einrichten.

Momentan arbeitet Zamir täglich meist neun Stunden, oft ohne Pause, eben ganz allein. Nur eine Minijobberin unterstütze ihn an einigen Tagen. „Ich bin mir sicher, dass ich die Prüfung bestehe.“ Wie lange er noch sein Testcenter betreiben wird, bleibt aber abgesehen von den Kosten unklar. Denn die aktuelle Verordnung garantiert lediglich bis zum 28. Februar, dass Teststationen unter bestimmten Voraussetzungen kostenlose Test vornehmen können. Ob dies verlängert wird, darüber wird noch auf Bundesebene verhandelt.

Caesar sagt: „Es gibt also keine Planungssicherheit für die Betreiber. Und wo sollen sich die Menschen testen lassen, die sich fürs Krankenhaus oder Pflegeheim testen lassen müssen? Denn bis zum 7. April gilt noch die Testpflicht des Infektionsschutzgesetzes.“ (Kathrin Rosendorff)

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