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Prozess gegen Franco A. in Frankfurt: Verwirrung vor Gericht

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Von: Stefan Behr

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Der Angeklagte Franco A..
Der Angeklagte Franco A.. © Thomas Lohnes/dpa

Im Prozess gegen Franco A. schaut sich der Senat Festnahmevideos an – was nicht der Wahrheitsfindung dient.

Frankfurt – Das erste Opfer einer polizeilichen Festnahme ist immer die Wahrheit. Wenn man irgendeine Lehre aus dem gestrigen Verhandlungstag gegen Franco A. ziehen kann, dann wohl diese.

Zur Erinnerung: Dem Bundeswehroffizier, der sich eine Zweitidentität als syrischer Flüchtling zugelegt und eine Pistole auf einer Wiener Flughafentoilette deponiert hatte, wird unter anderem die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vorgeworfen. Das gerät angesichts der dadaistischen Züge, die der Prozess in den vergangenen Wochen angenommen hat, schnell in Vergessenheit.

Im Prozess gegen Franco A. geht es um die jüngste Festnahme des Angeklagten

Am Freitag nun sichtete der Staatsschutzsenat auf vielfachen Wunsch eines einzelnen Verteidigers die Handyvideos, die A.s jüngste Festnahme in der Offenbacher U-Bahn-Station Ledermuseum zeigen. Der Offizier ist gerade zurückgekehrt von einem Straßburg-Trip und hat die mitgeführte Aldi-Tüte aus unerklärlichen Gründen mit einem bunten Strauß neckischer Nazi-Gismos vollgepackt. Das eigentlich Erschreckende aber ist: In den Videos wird gelogen, dass sich die Balken biegen.

Das fängt mit Franco A. an. Der Offizier kabbelt sich tapfer mit einer zahlenmäßig weit überlegenen Truppe Polizisten und brüllt dabei: „Ich tu’ nichts, ich bin friedlich!“. Als er schließlich niedergerungen ist, brüllt er, „ich ersticke!“. Der Erstickende erreicht dabei überraschend ein Klangvolumen, das einem Siegfried in Bayreuth zur Ehre gereichte. „Vom Hals runter!“, feuern ein paar Zuschauer:innen die Polizisten an. Aber auch die Zuschauer:innen nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. Ein Polizist bittet einen Mann, der A.s Abtransport im Wege steht, diesen freizumachen. Er stehe gar nicht im Wege, erklärt der im Wege Stehende. Auf einem anderen Video geht ein Polizist auf einen Filmenden zu, glotzt böse in die Kamera und befiehlt: „Hören Sie sofort auf zu filmen!“. „Ich filme doch gar nicht!“, sagt der Filmende.

Antrag im Prozess gegen Franco A.: Musikgeschmack nicht Teil der Beweisaufnahme

Prozessual ist man nach diesen Filmen nicht ein Stück weiter. Immerhin weiß jetzt ein Wahrheitssuchender, dass er in der Bahnstation Ledermuseum mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht fündig werden wird.

Dann gibt es noch eine schlechte Nachricht für alle Freunde der leichten Muse. Die Generalbundesanwaltschaft spricht sich gegen den Antrag der Verteidigung aus, die damalige Playlist des Abiturienten Franco A. unter die Lupe zu nehmen, um zu beweisen, dass der nicht ausschließlich Nazimusik höre, sondern auch mal Rock, Pop, Punk und Schlager. An der völkischen Gesinnung des Angeklagten könnten laut Anklägern nicht einmal „Die Ärzte“ etwas ändern. (Stefan Behr)

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