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Urteil OLG Frankfurt: Nackt im Westend ist kein Problem

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Von: Oliver Teutsch

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Firma unterliegt im juristischen Streit gegen nudistischen Vermieter. Auch Essensgerüche und „Gerümpel“ muss in Häusern mit Mischnutzung geduldet werden. Mietminderung wegen Baustelle.

Ein nackter Vermieter, der sich regelmäßig im Hof sonnt, ist kein Grund für eine Mietminderung. Zu diesem Urteil kommt jedenfalls das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG) nach einer sehr aufwändigen Beweisaufnahme inklusive Ortsbesichtigung und folgte damit weitgehend der vorausgegangenen Entscheidung des Landgerichts. Dem Fall zugrunde liegt ein angespanntes Mietverhältnis im Frankfurter Westend. Eine Firma hatte dort eine ganze Büroetage in einem Gebäude gemietet, das auch zu Wohnzwecken genutzt wird. Die gemischte Nutzung hielt dem Urteil zufolge für Angestellte und Kundschaft der Firma manche Belastungsprobe bereit. So sei im Erdgeschoss oft „Gerümpel“ abgestellt gewesen und es habe oft nach Essen gerochen. Zu allem Überfluss soll sich der Vermieter nackt im Hof gesonnt haben.

Nach knapp einem Jahr minderte die Firma die Miete. Der Nudist und Vermieter klagte dagegen erfolgreich. Die „Gebrauchstauglichkeit“ der Räumlichkeiten werde durch einen nackten Sonnenbadenden nicht beeinträchtigt. Für eine Mietminderung fehle es „an einer unzulässigen, gezielt sittenwidrigen Einwirkung auf das Grundstück“, urteilte das OLG.

Der Ort, an dem sich der Kläger unbekleidet auf seine Liege lege, sei von den Räumlichkeiten der Firma nur zu sehen, wenn man sich weit aus dem Fenster herausbeuge. Auch die Ausführungen der beklagten Firma, wonach der Vermieter sich bereits unbekleidet durch das Treppenhaus zum Hof begebe und dadurch Belegschaft und Besuch mit seiner Nacktheit konfrontiere, überzeugten das Gericht nicht. Die Behauptung sei nicht nachgewiesen worden. Der Kläger habe vielmehr glaubhaft bekundet, stets einen Bademantel zu tragen, den er erst unmittelbar vor der Sonnenliege ausziehe.

Bei einem Ortstermin seien darüber hinaus auch weder die für die Mietminderung angeführten Küchengerüche noch ein „muffiger Geruch“ im Treppenhaus festgestellt worden. Auch das Abstellen von Kinderwagen, Ranzen oder Tüten im Treppenhaus sei im Hinblick einer Sozialverträglichkeit in Gebäuden mit gemischter Nutzung zu dulden.

Die Revision beim OLG blieb für die beklagte Firma dennoch nicht ohne Erfolg. Denn hinsichtlich umfangreicher Bauarbeiten in der Nachbarschaft habe die Firma die Miete für drei Monate um 15 Prozent mindern dürfen. Die massiven Bauarbeiten seien für das sehr gehobene Wohngebiet nicht ortsüblich.

Die „Ruhe und Gediegenheit“ des Umfelds sei Bestandteil des vertraglichen Mietverhältnisses. (Az. 2 U 43/22)

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