Türkisches Theaterfestival: Zehn Stücke zum Jubiläum

Das türkische Theaterfestival feiert sein Zehnjähriges vom 26. Mai bis zum 4. Juni im Gallustheater. Der Festivalleiter und Gründer des Tiyatro Frankfurt, Kamil Kellecioglu hat noch Großes vor.
Bevor der Tag anbricht, werden sie sterben.“ Das prophezeien zwei Wäscherinnen, gespielt von Gülden Arsal und Pinar Akkuzu. Die beiden Frauen arbeiten in einer Waschküche unter Macbeths Schloss. Sie haben Königreiche, Kriege, Zerstörung und Armut überlebt. Diese wie Zombies geschminkte Gestalten, die sich auch noch komisch bewegen und gestikulieren und nicht in die Geschehnisse in der Welt über ihnen eingreifen können, bewegen sich an der Grenze zwischen Wahnsinn und Prophezeiung, Tugend und Grausamkeit. „Unter dem Schloss“ ist ein in der Türkei mehrfach ausgezeichnetes Theaterstück, das am 29. Mai nach Frankfurt kommt. Die Adaption von William Shakespeares „Macbeth“ ist ein physisches Theaterstück, in dem der Körper das primäre Ausdrucksmittel ist.

„In der Türkei sind die Vorstellungen sofort ausverkauft“, sagt Kamil Kellecioglu. Er ist Leiter des Tiyatro Frankfurt und des türkischen Theaterfestivals, das in diesem Jahr sein zehntes Jubiläum feiert. Vom 26. Mai bis zum 4. Juni werden im Gallustheater zehn von Kellecioglu und seiner Festivalassistentin Venüs Bekar ausgesuchte Stücke mit deutschen Übertiteln aufgeführt. Mehrmals ist Kellecioglu in die Türkei geflogen, um sich mit Regisseuren, Produzenten und anderen Theaterleuten zu treffen und sie trotz ihres engen Terminkalenders davon zu überzeugen, nach Frankfurt zu kommen.
„Theater ist für mich nicht nur eine Kunstform, sondern auch ein Teil meines Lebens“, sagt Kellecioglu, der am Konservatorium von Gaziantep Theater studiert hat. 2003 gründete der heute 51-Jährige das Tiyatro Frankfurt, 2014 organisierte er erstmals ein Festival. „Theater bringt Menschen zusammen, bringt Emotionen zum Ausdruck und regt zum Nachdenken an“, sagt er. Vor allem in der Zeit nach dem verheerenden Erdbeben in der Türkei sei Kunst der schönste Weg, um Wunden zu heilen.

Das Theaterfestival fällt auch in den zweiten Wahlgang der türkischen Präsidentschaftswahl. Politische Stücke gehörten jedoch nie zum Programm, um niemanden auszuschließen. „Wir wollen die Herzen der Menschen berühren“, sagt der Leiter.
Finanziell unterstützt werden die Theatertage von Sponsoren, vom türkischen Kulturministerium und dem hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst sowie der Stadt Frankfurt. Abgesehen von den Gagen müssen Flüge, Hotel und Verpflegung für 80 Personen bezahlt und die Visa organisiert werden. Das zu stemmen, ist jedes Jahr eine riesige Herausforderung. Denn Kellecioglu organisiert alles in seiner Freizeit. 25 Freiwillige des Tiyatro Frankfurt werden sich an den Festivaltagen um Gäste, Bühnenaufbau und was sonst alles an Aufgaben anfällt kümmern.
Das Festival
Das türkische Theaterfestival in Frankfurt findet vom 26. Mai bis zum 4. Juni statt. Alle Stücke werden im Gallustheater, Kleyerstraße 15, aufgeführt. Tickets kosten 23 Euro. Kinder unter zwölf Jahren zahlen für die Kinderstücke zwölf Euro. tim
Weitere Informationen zum Festival gibt es unter: www.tiyatrofrankfurt.com. Tickets unter: www.adticket.de/turkisches-theaterfestival.html
Neben dem alljährlichen Festival probt und spielt die Equipe des Tiyatro Frankfurt eigene Stücke. Das Besondere: Die Schauspielerinnen und Schauspieler sind allesamt keine Profis, sondern erlernen bei Kellecioglu das Handwerk. Für seine Arbeit hat das Tiyatro den städtischen Integrationspreis, den Bürgerpreis der Stiftung Frankfurter Sparkasse und im vorigen Jahr die Walter-Möller-Plakette erhalten.

„Wir sind stolz, ein Teil von Frankfurt zu sein“, sagt Kellecioglu. Das Theaterfestival bringt Menschen aus ganz Deutschland und Nachbarländern wie den Niederlanden, Dänemark oder Belgien an den Main. Zum Programm gehört außerdem der Austausch mit berühmten Theaterleuten bei Workshops und Podiumsdiskussionen, die bei Bedarf auch übersetzt werden. Außerdem gibt es eine Fotoausstellung zu 109 Jahren städtischen Theatern in der Türkei mit alten Plakaten.

„In den vergangenen Jahren haben wir immer dazu aufgerufen, dass unsere türkischen Landsleute ihre deutschen Nachbarn mitbringen sollen“, sagt Kellecioglu. Zuletzt waren rund 30 Prozent der Besucherinnen und Besucher nicht türkischsprechende Menschen. „Dieses Jahr rufen wir dazu auf, dass die Deutschen ihren türkischen Nachbarn ein Ticket kaufen und ins Theater bringen.“ Ihm ist es wichtig, dass die Menschen verschiedene Blickwinkel kennenlernen. Für Kinder gibt es wieder die Möglichkeit, Einblicke hinter die Kulissen zu bekommen. Den Jüngsten wird vor der Aufführung gezeigt, wo sich die Dekoration befindet, wo die Schauspielerinnen und Schauspieler sich umziehen oder wie die Beleuchtung funktioniert.

Kellecioglus großes Ziel ist es, das Festival in näherer Zukunft einmal mit einer Oper oder einem Ballett in der Alten Oper zu eröffnen. „Wir streben nach Großem“, sagt er, die türkische Kultur sei sehr facettenreich. Kellecioglu und das Tiyatro Frankfurt haben es sich zur Aufgabe gemacht, diese Vielfalt den Menschen in Deutschland näherzubringen. Ein türkisches Theaterfestival, wie es Kellecioglu organisiert, ist in Europa einmalig.
