Frankfurt: Trauer um die Toten der Drogenszene im Bahnhofsviertel

Auf einer Kundgebung im Frankfurter Bahnhofsviertel werden Kurswechsel in der bundesweiten Drogenpolitik gefordert. Ein Notfallmedikament macht Hoffnung.
Frankfurt - Gegenüber vom Bahnhof auf der Kaiserstraße hat sich eine Gruppe von Menschen versammelt. Auf dem Boden liegen Grabkerzen und weiße Rosen. Jemand hat mit weißer Kreide Namen gekritzelt. Es sind die Namen der 28 Menschen, die im vergangenen Jahr in Frankfurt an einer Überdosis gestorben sind. Im Rahmen des Internationalen Gedenktags für verstorbene Drogengebrauchende findet hier eine Gedenk- und Protestaktion statt, organisiert unter anderem von der Frankfurter Aids-Hilfe. Seit über 20 Jahren schon wird in vielen Ländern der Welt am 21. Juli um die verstorbenen Drogenkonsument:innen getrauert.
Eine zentrale Forderung der Kundgebung ist die Zulassung des Notfallmedikaments Naloxon. Wenn es bei einer Opiumüberdosis zum Atemstillstand kommt, kann es Leben retten. Inzwischen kann Naloxon auch von Laien angewendet werden. Dennoch ist es verschreibungspflichtig. Jürgen Klee (62), Leiter im Fachbereich Drogen der Aids-Hilfe Frankfurt, fordert, das Medikament auch in Apotheken erhältlich zu machen. Viel sei schon getan, wenn Polizei und Sozialarbeiter:innen mit Naloxon ausgestattet wären, um im Notfall Erste Hilfe leisten zu können.
Bahnhofsviertel Frankfurt: Gedenktafel in der Taunusanlage für die Drogentoten
Im April 2020 wurde aufgrund der Corona-Pandemie eine Verordnung gelockert, die unter anderem die Verschreibung von Substitutionsmitteln wie Methadon regelt. Deshalb ist es Ärzt:innen aktuell möglich, ihren Patientinnen und Patienten Dosen für einen längeren Zeitraum zu verschreiben, die sie zu Hause konsumieren können. Eine weitere Forderung der Veranstalter ist es, die Lockerungen dauerhaft geltend zu machen. Aktuell sollen sie im Mai 2022 auslaufen. Nach Ende der Kundgebung ziehen die Trauernden weiter zur Taunusanlage. Dort wurde vor ein paar Jahren eine Gedenktafel installiert, um einen Ort der Trauer zu schaffen. Wegen der hohen Kosten werden die meisten Drogentoten außerhalb von Frankfurt und in manchen Fällen sogar anonym beerdigt.
Die Drogenszene ist gesellschaftlich stark stigmatisiert. Grund dafür sei vor allem die Politik, erklärt Gesundheitsdezernent Stefan Majer (Grüne). Immer gehe es nur darum, die Konsumierenden mit repressiven Maßnahmen aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit zu verbannen. Es gebe auch alternative Ideen für Modellprojekte in Frankfurt, doch diese scheiterten letztendlich an der Bundesregierung. „Wenn wir in Frankfurt etwas bewegen wollen, muss es Änderungen in der Drogenpolitik geben“, so Majer. Seine Hoffnungen lägen deshalb auf der Bundestagswahl im September. (KIKI BRUDER)