Stresstest für die Koalition im Frankfurter Römer

Die „Fraktion“ in Frankfurt stellt nächste Woche einen Antrag zu Rassismus zur Abstimmung. Ursprünglich stammt er von den Grünen. Doch die brachten ihn nicht durch die Koalitionsrunde.
Dieser Tage hat es dann auch Nico Wehnemann erwischt. Der Vorsitzende der Fraktion „Die Fraktion“ im Römer hat sich – wo auch immer – mit dem Coronavirus angesteckt. Die Symptome seien leicht (vermutlich dank Boosterimpfung), sagt er. Und wenn alles gut laufe, könne er am kommenden Donnerstag an der Plenarsitzung der Stadtverordneten teilnehmen.
Der Termin ist für Wehnemann einigermaßen wichtig, denn der Politiker hat vor, dort für den ersten Stresstest für die Regierungskoalition zu sorgen. Dafür hat Wehnemann den Antrag gestellt, die Stadt Frankfurt möge das N-Wort („Neger“) und das nicht minder rassistische M-Wort („Mohr“) ächten. Das Besondere daran: Der Antrag stammt nicht aus seiner Feder. Geschrieben hat ihn die Stadtverordnete der Grünen, Mirrianne Mahn. In der Koalitionsrunde scheiterte er aber am Widerstand der FDP. Damit hätte der Text eigentlich in der Versenkung verschwinden müssen. Doch eine anonyme Quelle spielte ihn der „Fraktion“ zu, die den Text kopierte und als eigenen Antrag einreichte. Die Grünen stehen damit vor der Frage, ob sie gegen ihre eigene Vorlage stimmen, was bei der Basis nicht gut ankäme und außerdem ein Affront gegenüber Mirrianne Mahn wäre. Oder ob sie dafür stimmen und einen Krach mit der FDP riskieren.
Im Ausschuss für Diversität wurde die Vorlage am Donnerstagabend zurückgestellt. Die Koalition arbeite an einem eigenen Antrag zum Thema Rassismus, hieß es. Das bestätigt Tina Zapf-Rodriguez, Fraktionsvorsitzende der Grünen, am Freitag im Gespräch mit der FR. „Aus unserem Koalitionsvertrag wird deutlich, dass wir als Koalition den Themen Antidiskriminierung, Antirassismus und der Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einen sehr großen Stellenwert einräumen“, sagt sie. Und weiter: „Generell arbeiten die Stadtverordneten der Koalition im Austausch mit den unterschiedlichsten Institutionen, Vereinen und Communitys an diversen Anträgen, die den Zusammenhalt in unserer Stadt stärken sollen.“
Die wahrscheinlichste Lösung ist also: Die Koalition beantragt auch in der Plenarsitzung eine Zurückstellung des Antrags der „Fraktion“. Bis zur Sitzung im Februar arbeitet sie einen eigenen Antrag aus und kann dann das Papier der „Fraktion“ ablehnen mit dem Argument, die eigene Vorlage gehe darüber hinaus.
Wehnemann will auf den Konflikt aber auf keinen Fall verzichten. Über „seinen“ Antrag werde am Donnerstag definitiv beraten, kündigt er an. Und sollte die Koalition die Zurückstellung beantragen, dann fordere er eine namentliche Abstimmung darüber. Dann müssten alle Stadtverordneten einzeln öffentlich kundtun, ob sie über die Ächtung von M- und N-Wort votieren wollen – oder eben nicht.