Streik ist überfällig

Beschäftigte am Check-in-Schalter verdienen zum Teil weniger als die Frauen und Männer an den Kassen der Lebensmittel-Discounter
Das Bodenpersonal der Lufthansa will am Mittwoch streiken. Da stellt sich die Frage: Wenn nicht jetzt, wann dann? Schon lange ist die größte deutsche Airline nicht mehr der Arbeitgeber, der prinzipiell überdurchschnittliche Gehälter zahlt. Das gilt nur noch für einige ausgesuchte Berufsgruppen, zu den Privilegierten zählen insbesondere die Piloten. Gewerkschafter weisen darauf hin, dass Beschäftigte am Check-in-Schalter aber zum Teil weniger als die Frauen und Männer an den Kassen der Lebensmittel-Discounter verdienen.
In der Vergangenheit hat das Management – sogar mit einer gewissen Berechtigung – darauf hingewiesen, dass man einfach nicht mehr zahlen könne, wegen des harten internationalen Wettbewerbs. Tatsächlich sind an den Flughäfen weltweit Millionen prekäre Jobs entstanden. Doch jetzt hat sich das Blatt gewendet. In der gesamten Branche herrscht allenthalben Personalmangel, den die Unternehmen mit überzogenen Stellenstreichungen während der Pandemie selbst herbeigeführt haben.
In der aktuellen Situation muss eine Dienstleistungsgewerkschaft offensiv werden. Wobei Verdi der Lufthansa sogar noch den Gefallen getan hat, erst am Mittwoch zu streiken. Ein Ausstand am vergangenen Wochenende, mit Rekordzahlen bei Fluggästen, hätte noch eine erheblich stärkere Wirkung gebracht. Dieses Entgegenkommen unterstreicht nur die Ernsthaftigkeit der Forderung. Es geht nicht um Krawall, sondern um den sprichwörtlichen „großen Schluck aus der Pulle“, der überfällig ist. Das wird das Fliegen für die Passagiere teurer machen. Aber diese Art der Umverteilung ist nur fair.