Streik in Frankfurt: Ruf nach mehr Lohn mit viel Getöse

2000 Beschäftigte des öffentlichen Diensts ziehen demonstrierend und lautstark durch Frankfurt. Es fehlt an Geld, aber an vielen Stellen auch an Personal
Mit einem einstudierten Tanz zeigen die Mitarbeiterinnen von Kita Frankfurt am Freitagmittag auf dem Roßmarkt in Frankfurt eine kreative Form des Streikens. Aus den Boxen dröhnt ein ebenfalls selbst komponiertes Lied: „Wir sind der öffentliche Dienst und wir sind böse, wir gehen auf die Straße mit Gebrüll und Getöse.“ Und was für ein Krach es auf der Demonstrationsstrecke zuvor gewesen war.
Knapp 2000 Menschen hatten sich laut der Gewerkschaft Verdi vom DGB-Gewerkschaftshaus im Gutleut auf die Demonstration zum Roßmarkt begeben. Die Polizei sprach von 1500 Teilnehmenden. Der Protest in der aktuellen Tarifrunde des öffentlichen Diensts hatte weitreichende Folgen für Frankfurt aber auch das Umland. So standen am Freitag die Straßenbahnen und U-Bahnen still. Die Bahnsteige an der Hauptwache waren wie leer gefegt, doch immer wieder kamen Menschen die Rolltreppen herunter und blieben verdutzt stehen, als sie die Infoschilder sahen. „Ich habe schon davon gehört, aber ich dachte es wären Teilausfälle“, sagte ein junger Mann. Er wollte zum Schweizer Platz. So blieb ihm nichts anderes übrig, als die S-Bahn bis zum Südbahnhof zu nehmen und dann zu laufen.
Knapp 1400 Beschäftigte der Verkehrsgesellschaft Frankfurt (VGF) streikten laut Verdi in den verscheidenen Depots der Stadt und sorgten dafür, dass keine Tram und keine U-Bahn den Hof verließ. Ebenfalls am Freitag streikten auch 2000 Beschäftigte der Fraport am Frankfurter Flughafen, auch dort kam der Passagierverkehr zum Erliegen.
Alexander Klein, Geschäftsführer des Verdi-Bezirkes Frankfurt am Main und Region, sagte: „Die Arbeitgeberseite bietet nichts an und lehnt unsere Forderungen einfach nur ab.“ Die Gewerkschaft fordert für die bundesweit 2,5 Millionen Beschäftigten des Bundes und der Kommunen 10,5 Prozent mehr Geld, mindestens aber 500 Euro. Auszubildende sollen 200 Euro mehr bekommen. Als Laufzeit strebt Verdi zwölf Monate an. In Hessen sind 120 000 Beschäftigte betroffen.
Die Gegenseite verweise auf die klammen Kassen der Kommunen und darauf, dass der Staat ja bereits mit Entlastungspaketen für mehr Geld gesorgt habe. Klein vermisst bei solchen Argumentationen die Wertschätzung für die hart arbeitenden Beschäftigten, die nicht nur unter dem Personalmangel in ihrem Bereich litten, sondern sich das Leben in den Ballungsgebieten nicht mehr leisten könnten. Besonders die unteren und mittleren Lohngruppen träfe es hart. Es müssten beim zweiten Tarifgespräch (22. und 23. Februar in Potsdam) nun endlich Zahlen von den Arbeitgebern auf den Tisch gelegt werden, damit es etwas zu verhandeln gäbe.
Zurück zum Demonstrationszug durch die Frankfurter Innenstadt. Von Beginn an ist der Marsch durch schier endloses Gehupe und Gepfeife geprägt – unbemerkt wollen die Beschäftigten jedenfalls nicht durch Frankfurt ziehen. Vorneweg fährt wie gewohnt ein Streifenwagen der Polizei, dicht gefolgt von einer roten Verdi-Kampfente, die von zwei Männern gezogen wird. Mit ihren Hörnchen sieht sie aus wie ein gefiederter Teufel mit Schnabel. Hinter dem Vogel marschieren die Beschäftigten des städtischen Abfallentsorgers FES. Die vorwiegend Männer haben ihr Arbeitsgerät gleich mit zum Streik gebracht. Die Mülltonnen dienen als Trommeln und werden mit Holzstäben bearbeitet.
Auf den Straßenbahngleisen am Willy-Brandt-Platz macht der Zug eine längere Pause. Angst vor der Tram braucht heute niemand haben. Ein Mitarbeiter der FES vertreibt sich die Zeit mit einem Tänzchen, das auch andere zum Mitmachen animiert. Etwas später setzt sich der Tross wieder in Bewegung. „Wir sind es wert“ ist häufig auf Transparenten zu lesen. Rote Verdi-Fahnen wehen im Wind, die meisten Menschen haben die gelben Warnwesten der Gewerkschaft an. Am Ziel – dem Roßmarkt – wird es nur noch ein Mal leise, und zwar bei einer Schweigeminute für die Betroffenen der Erdbebenkatastrophe in der Türkei und Syrien. Danach folgen wieder Kampfansagen. „Wir fangen jetzt erst an“, sagt eine Rednerin.