Stefan Majer: „Ein Freedom Day ist pures Wunschdenken“

Der Frankfurter Gesundheitsdezernent Stefan Majer zeigt sich im Interview erfreut über den Betrieb im Impfzentrum. Einen Lockdown für Geimpfte schließt er aus.
Herr Majer, Sie hatten die Entscheidung, die Impfzentren zu schließen, im Sommer scharf kritisiert. Nun hat der Bundesgesundheitsminister die Länder aufgefordert, die Impfzentren wieder in Betrieb zu nehmen. Fühlen Sie sich bestätigt?
Von Frankfurt kann man lernen, wie man frühzeitig und vorausschauend Impfen organisiert. Wir haben zwar das Impfzentrum in der Festhalle „geschlossen“, sind aber faktisch nur in eine benachbarte Messehalle umgezogen. Und wir haben sofort weiter geimpft: im Impfzentrum, durch die mobilen Teams in den Einrichtungen, Stadtteilen und bei zahlreichen Sonderimpfaktionen. Gleichzeitig haben auch die niedergelassenen Ärzt:innen und Betriebsärzt:innen mit großem Engagement geimpft. Denn diese große Aufgabe schultert man nur gemeinsam.
Wie viel war im Impfzentrum in den vergangenen Tagen los?
Im Schnitt werden 500 bis 700 pro Tag durchgeführt, die Zahlen steigen derzeit weiter an. Gestern waren es 775 Impfungen, heute werden’s wohl noch mehr.
Wird es beim Impfzentrum in der Messehalle bleiben oder ist auch eine Reaktivierung der Festhalle denkbar?
Eine Reaktivierung ist nicht notwendig, die Festhalle wird darüber hinaus für Veranstaltungen benötigt – am besten mit 2G. Die Kombination aus kleinem Impfzentrum und den bewähr-ten vielseitigen mobilen Sonderimpfaktionen ist ausreichend und geeignet, um sehr unterschiedliche Zielgruppen zu erreichen.
Welche Pläne hat die Stadt, um Boosterimpfungen durchzuführen?
Boosterimpfungen sollen nach den Plänen von Bund und Land in erster Linie durch die niedergelassenen Ärzt:innen durchgeführt werden. Darüber hinaus sind wir bei Bedarf erneut mit den mobilen Teams in den Alten- und Pflegeheimen. Und auch im Impfzentrum werden Boosterimpfungen durchgeführt.
Könnte der Impf-Express als niederschwelliges Impfangebot, das zudem im Stadtbild sehr präsent ist, länger fahren als geplant?
Der Impf-Express wird mit zum Teil über 100 Impfungen pro Tag klasse angenommen. Außerdem leistet er einen hervorragenden Beitrag, das Thema Impfen im Stadtbild präsent zu machen. Mal schauen, ob wir verlängern.
Die Ampelkoalition im Bundestag will die epidemische Lage von nationaler Tragweite auslaufen lassen. Was halten Sie davon?
Wir befinden uns mitten in der vierten Welle, die Infektionszahlen steigen massiv und vor allem nimmt die Zahl der Patient:innen in den Krankenhäusern wieder sehr schnell zu. Diese Entwicklung wird sich in den kommenden Wochen verstärkt fortsetzen. Hinzu kommt noch die übliche Erkältungs- und Grippewelle, die zusätzlich zur Belastung der Kapazitäten im Gesundheitswesen beitragen wird. Natürlich sind viele Freiheiten wieder möglich, aber ein Ende der Pandemie ist leider nicht in Sicht. Daher macht es wenig Sinn jetzt von „Freedom Days“ zu schwadronieren. Das ist pures Wunschdenken, während unsere Gesundheitsämter gleichzeitig mit der Fallnachverfolgung auf verlorenem Posten stehen.
Welche zusätzlichen Maßnahmen – etwa 2G-Regelungen – halten Sie angesichts der steigenden Zahlen für sinnvoll?
Zur Person
Stefan Majer ist seit 2011 haupt- amtlicher Dezernent in Frankfurt. Der Politiker der Grünen führte erst das Verkehrsdezernat.
Nach der Kommunalwahl 2016 wechselte er ins Gesundheitsdezernat. Dafür ist er weiterhin verantwortlich – zusätzlich zum Verkehrsdezernat, das der 63-Jährige im September wieder übernahm.
Der einfachste Weg aus der Pandemie ist Impfen, Impfen, Impfen sowie weiterhin Maske tragen und die Hygieneregeln einhalten. Ich bin froh um jede Entscheidung für 2G. Das setzt das klarste Signal und ist auch in der Umsetzung am einfachsten. Konsequentes Impfen gibt Freiheiten zurück.
Halten Sie auch Maßnahmen gegen Geimpfte – bis hin zu einem neuen Lockdown – für denkbar?
Weitreichende Maßnahmen, wie ein Lockdown, können wir als Kommune eh nicht treffen. Und ein Lockdown für Geimpfte, von wem auch immer angeordnet, würde vor jedem Gericht scheitern.
Ist es gesichert, dass der Weihnachtsmarkt stattfindet?
Die Planungen laufen auf Hochtouren, die Veranstalter:innen sind mit dem Gesundheitsamt in stetem Austausch, um einen größtmöglichen Infektionsschutz sicherzustellen.
Welche Regeln werden auf dem Weihnachtsmarkt gelten?
Voraussichtlich wird es unterschiedliche Bereiche mit unterschiedlichen Regeln geben, je nachdem, ob an Verkaufsständen beispielsweise von Kunsthandwerk oder in der Gastronomie.
Kann Eintracht Frankfurt weiter mit Vollauslastung im Stadion rechnen?
Ja, mit den jeweils vereinbarten Auflagen.
Sind Erleichterungen für die Eintracht denkbar? Etwa die 3G-Regel nur mit Schnelltests auch in der Stehkurve, wie es viele Fans fordern?
Wir wollen ja, dass die Fans der Eintracht helfen, wieder zu gewinnen. Das geht am sichersten mit 2G. Auch die Eintracht unterstützt das mit eigenen Impfaktionen. Kleiner Piks, große Wirkung. Liebe Eintracht-Fans – gebt euch einen Ruck und lasst euch impfen. Eurer Gesundheit und der Eintracht zu Liebe.
Interview: Georg Leppert