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Ein Stadtteil in Sorge

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Von: Elke Janning

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Laut Stadtplan steht die Warte im Stadtteil Westend. Sie heißt aber Bockenheimer Warte und die Stadtteilbewohner tragen sie als ihr Wahrzeichen im Herzen.
Laut Stadtplan steht die Warte im Stadtteil Westend. Sie heißt aber Bockenheimer Warte und die Stadtteilbewohner tragen sie als ihr Wahrzeichen im Herzen. © Michael Schick

Anwohner befürchten, dass Bockenheim zum Stadtteil der Besserverdiener wird. Einst zog die Uni Studenten, Kreative und Kultur an, heute sind vor allem Wohnungen gefragt.

Lange galt Bockenheim als das Kreativen- und Studentenviertel der Stadt. Die Goethe-Universität sorgte dafür, dass Studentenkneipen, Cafés und kulturelle Einrichtungen Zulauf fanden. Ein neues „Terrain der Kulturschaffenden“ soll mit dem Kulturcampus für die junge Kreativszene entstehen – so hatte es die damalige Oberbürgermeisterin Petra Roth 2010 jedenfalls geplant.

Doch die Entwicklung des Kulturcampus geriet ins Stocken. Derzeit wird eine Machbarkeitsstudie für die Hochschule für Musik und Darstellende Kunst (HfMDK) geprüft. Der Bau der HfMDK gilt als Startschuss für den Kulturcampus. Kunstschaffende halten die aktuelle Bockenheimer Kreativszene derzeit für klein bis nicht existent.

Viele Bürger beteiligten sich an Konzeptvorschlägen zur Entwicklung des Kulturcampus. Außer Kunst und Kultur steht günstiger Wohnraum ganz oben auf der Wunschliste. Die Sorge, dass Studenten, Senioren und Geringverdiener zunehmend aus dem Stadtteil verdrängt werden, beschäftigt die Bockenheimer.

Dass die Ladengalerie zwischen Leipziger und Adalberstraße kürzlich den Besitzer wechselte, sorgte bei einigen Mietern und Gastronomen in der Galerie zwar für entspannte Reaktionen. Doch in Sitzungen des zuständigen Ortsbeirats 2 äußerten Bürger und Aktivisten durchaus Bedenken, dass Wohnraum dort teurer wird. Zudem verschärft die allgemein steigende Nachfrage nach Wohnraum den Kampf um bezahlbare Mieten.

Auch an anderen Orten im Stadtteil stehen Veränderungen an. Am Rebstock sollen 900 Wohnungen auf einem 9,5 Hektar großen Gelände entstehen. Der ansässige Feldbahnmuseumsverein brachte einen Umzug unter finanzieller Unterstützung der Stadt ins Spiel. Die Mitglieder fürchten Ärger mit der künftigen Nachbarschaft, wenn in direkter Nähe Wohnungen entstehen. Der Gebäudekomplex, in dem früher das Tibethaus residierte, soll nun an einen Investor verkauft werden. Dort sollen 20 Eigentumswohnungen entstehen. Auf dem nahe der Leipziger Straße gelegenen Rohmerplatz werden eine Kita sowie ein Wohnheim für 120 Studenten gebaut. Nachbarn befürchten künftig Lärm und Parkplatzmangel.

Und auch der Abriss einer Sandsteinfassade eines Gründerzeithauses in der Falkstraße sorgte jüngst für Gegenwind von Anwohnern. Das Stadtteilbüro veranstaltete erst kürzlich einen Rundgang durch Bockenheim, präsentierte Interessierten vor Ort anstehende Wohnprojekte, die nach Meinung Anette Mönichs vom Stadtteilbüro für teure Mieten sorgen werden.

Zum Schluss noch ein paar Zahlen, Daten und Fakten: Bockenheim gehört seit seiner Eingemeindung 1895 zu Frankfurt. Dreh- und Angelpunkt des Stadtteils ist die Warte, der gotische Wartturm, der 1434 zur Verstärkung der Landwehr erbaut wurde. Die Einkaufsmeile, die Leipziger Straße, liegt quasi gegenüber.

39991 Menschen waren 2017 in Bockenheim gemeldet auf 803,1 Hektar Fläche. Der Stadtteil ist damit nach Sachsenhausen und dem Nordend der bevölkerungsreichste Frankfurts.

In unserer Serie FR vor Ort rücken wir eine Woche lang einen Stadtteil in den Mittelpunkt. Wir stellen Besonderheiten und Einkaufsmöglichkeiten vor, testen Angebote für Kinder und Jugendliche und befragen die Bewohner nach aktuellen Themen. In dieser Woche in Bockenheim. Für Fragen und Anregungen erreichen Sie uns unter den Telefonnummern 21 99-34 66, -33 67, -37 08, -39 31 oder schreiben Sie uns eine E-Mail an: stadtteile@fr.de.

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