Sportklinik Frankfurt: Leistungstests auf Herz und Nieren

In der Sportklinik Frankfurt werden Sportlerinnen und Sportler, besonders aus dem Nachwuchs, betreut und die routinemäßigen alljährlichen Untersuchungen zur Prävention vorgenommen.
Markus Hecht radelt bei 100 Watt Belastung los. Der 20-jährige Karateka sitzt mit freiem Oberkörper auf einem Ergometer in der Sportklinik Frankfurt. An seiner Brust sind Saugnäpfe mit Kabeln angebracht, die zu einem Computer führen. Alle drei Minuten steigert sich die Wattzahl um 50. Hecht muss kräftig in die Pedale treten, um gegen den Widerstand anzukämpfen.
Nach 15 Minuten ist alles vorbei. Der Nachwuchsleistungssportler schwitzt und atmet etwas schwer, aber sonst ist alles in Ordnung. Anschließend muss er sich hinlegen. Es wird geprüft, wie schnell sein Puls wieder sinkt, wann sich der Blutdruck normalisiert. „Es ist jetzt das vierte oder fünfte Mal, dass ich das mache“, erklärt Hecht, der in Lich wohnt. 45 Minuten lang wird er von Kopf bis Fuß durchgecheckt, dann darf er wieder nach Hause fahren.
„Das sind die Basics für die Landes- oder Bundeskaderuntersuchungen“, erklärt Lothar Böckler, der ärztliche Leiter der Sportklinik. Alle Sportlerinnen und Sportler werden gemessen: Größe, Gewicht, Körperfettanteil. Vor dem Radfahren gibt es ein Ruhe-EKG, anschließend ein Belastungs-EKG mit Blutdruckmonitoring.
Je nach Sportart wechselt auch das Sportgerät. Für Athletinnen und Athleten, die rudern, gibt es Ruderergometer. Sportler:innen im Rollstuhl bedienen ein Kurbelergometer. Für alle, die im Ausdauersport unterwegs sind, gibt es ein sogenanntes Lamellenlaufband. „Bundeskader kriegen alle zwei Jahre einen Herzultraschall routinemäßig“, erklärt Böckler, der den Job seit 30 Jahren macht.
Die Sportklinik liegt in direkter Nachbarschaft zu den großen Sportverbänden an der Otto-Fleck-Schneise. 1984 wurde sie als Sportmedizinisches Institut Frankfurt gegründet. „Es geht um Prävention und Prophylaxe“, erklärt Norbert Englisch, Präsident des Trägervereins.
In der Sportklinik Frankfurt finden jährlich über 2500 leistungsdiagnostische Tests und Untersuchungen zur Abklärung der Sporttauglichkeit statt. Die Sportklinik hat 25 regionale Untersuchungsstellen in ganz Hessen. Sie ist lizenzierte Untersuchungsstelle des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und unter anderem für die Bundeskader der Spitzenverbände zuständig. Anfang Januar waren zum Beispiel die Feldhockey-Spieler da, die vor einer Woche in Indien Weltmeister geworden sind.
Die Sportklinik
Die Sportklinik Frankfurt hat ihren Sitz in der Otto-Fleck-Schneise 10. Sie existiert seit 1984. Nach einem Wechsel des Ärztlichen Leiters und Neugründung des Trägervereins im Mai 2016 wurde die Sportklinik in den neuen Trägerverein übergeleitet.
Die Mitglieder des Trägervereins Sportklinik Frankfurt am Main e.V. kommen aus über 30 hessischen Sportverbänden.
Die Versorgung der Kadersportlerinnen und -sportler findet in direkter Kooperation mit dem Olympiastützpunkt Hessen (Bundeskader) und dem Landessportbund (Landeskader) statt. Außerdem ist die Sportklinik Frankfurt als Untersuchungszentrum auch für die Bundeskaderuntersuchungen durch den DOSB lizenziert.
Zu den Aufgaben gehören unter anderem die sportärztliche Diagnostik, Therapie und Prävention für Sportlerinnen und Sportler aller Alters- und Leistungsklassen, für Vereine sowie für nicht vereinsgebundene Sportler. Außerdem wird im Gebäude auch Physiotherapie aller Art angeboten.
2500 leistungsdiagnostische Tests und Untersuchungen finden jährlich in der Klinik zur Abklärung der Sporttauglichkeit statt. tim
„Es geht uns darum, möglichst neue Standards zu setzen“, sagt Englisch. Etwa in einem Projekt mit der Flughafenstiftung, bei dem es um die Herzsicherheit für Kinder und Jugendliche geht. Es gehe darum, mögliche Erkrankungen zu entdecken beziehungsweise auszuschließen, bevor sie Leistungssport betreiben, erklärt Englisch.
Vor drei Wochen übergab der Chef der Hessischen Staatskanzlei, Staatsminister Axel Wintermeyer, in seiner Funktion als Mitglied des Vorstandes der Flughafenstiftung der Sportklinik einen Förderbescheid in Höhe von 100 000 Euro. „Immer wieder hören wir von Spitzensportlerinnen und Spitzensportlern, die nach einer Corona-Infektion beispielsweise unter einer Herzmuskelentzündung oder gefährlichen Herzrhythmusstörungen leiden“, sagte Wintermeyer. Sofern diese nicht frühzeitig erkannt würden, könne dies fatale Folgen vor allem im Leistungssport haben. Die Herzuntersuchungen seien „eine präventive Maßnahme, die Leben retten kann“.
Neben angehenden Leistungssportler:innen, für die diese Tests verpflichtend sind, können auch Amateursportler:innen Leistungsvermögen und Belastungsgrenzen testen lassen. „Die wollen wissen: Wie ist meine Performance? Wo ist meine anaerobe Schwelle? Wie ist meine Grundlagenausdauer?“, berichtet Böckler. In erster Linien seien es ausdauerorientierte Sportlerinnen und Sportler, die im Triathlon oder Marathon unterwegs sind. Früher gab es auch eine Kooperation mit dem Deutschen Schwimmverband, der den sogenannten Pansold-Test in Hamburg durchgeführt hat. Acht mal 200 Meter schwimmen mit Laktatentnahmen, die in der Sportklinik gecheckt wurden. Dafür gibt es jedoch aktuell keine Förderung mehr.
Die Tests aus den vergangenen Jahrzehnten haben sich bewährt, aber in der Sportmedizin hat sich dennoch einiges getan. „In der Sportkardiologie hat es in den vergangenen Jahren große Fortschritte gegeben“, berichtet Böckler. Auch in der Orthopädie werde die Behandlungspalette immer breiter, sodass nur selten und wenn, nur „minimalinvasiv“ operiert werden muss. Die Sportklinik sei aber vor allem auf die Herz-Kreislaufprävention und die Leistungsdiagnostik spezialisiert.
Zwar würden nicht unbedingt mehr Krankheiten entdeckt, aber man könne viele Sachen besser messen und grafisch darstellen. Die digitalen Systeme helfen enorm bei der Dokumentation. „Jetzt können wir die Sachen nachbearbeiten und an die Sportler verschicken“, sagt Böckler. Das Coronavirus hätten die allermeisten Athletinnen und Athleten zwischen 14 und 20 gut weggesteckt. Wegen Long-Covid beeinträchtigt seien vielleicht eine Handvoll, die ihre Tests in der Sportklinik gemacht haben.
Bei Markus Hecht war bei der Untersuchung am Ende alles in Ordnung. Er wird im nächsten Jahr wieder vorstellig werden, um sich auf Herz und Nieren testen zu lassen.




