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Spaziergang im Lärmschatten

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Von: Jürgen Streicher

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Protest gegen noch mehr Lärm und noch mehr Asphalt.
Protest gegen noch mehr Lärm und noch mehr Asphalt. © Rolf Oeser

Rund 100 Menschen demonstrieren am Sonntag gegen den geplanten Ausbau der A5 im Frankfurter Westen. Schon jetzt sei es dort zu laut, warnen Umweltschutz-Organisationen.

In der Siedlung Am Neufeld, draußen am Rand von Griesheim, führt die Autobahn je nach Windrichtung mitten durchs Wohngebiet. Gefühlt jedenfalls, der Verkehrslärm von der A5 und der A648, die sich kaum 100 Meter hinter den letzten kleinen Häuschen nahe der Nidda zu einem schier monströsen Verkehrsknäuel verknoten, bestimmt den Geräuschpegel in der Siedlung Tag und Nacht. Die Lärmschutzmauer aus großen Betonteilen erfüllt ihren Zweck nur halbherzig.

Ein Stück weiter südlich entlang der Waldäckerstraße, Richtung Mainzer Landstraße, liegt das Gelände des Kleingartenvereins „Gutleut“ direkt vor der Mauer. Elf solche Gartenparadiese sind es insgesamt entlang der Trasse bis Goldstein. Alle sind betroffen, wenn die A5 in die Breite wachsen soll. In der Siedlung Lindenhag mit den kleinen Seitengassen Waldmeisterpfad, Anemonenpfad, Geißblattpfad, ist das ähnlich. Das scheinbare Idyll wird immer mehr zur Prüfung für das Aushaltbare. Viele haben sich daran gewöhnt, für andere ist es der blanke Horror, immer mehr Menschen wollen sich dagegen verwehren, dass es noch mehr wird. Also, dass es noch lauter wird. Und gehen dafür am schönen Sonntagmittag mit Vorfrühlingstemperatur auf die Straße.

Auf der Frankfurter Lärmkarte, die auf Verkehrslärm beruht, sind einige Hotspots übermäßiger Belastung zwischen Griesheim, Nied und Goldstein längst in der Alarmzone. Durchschnittswerte von 75 Dezibel über 24 Stunden wurden an drei Stellen gemessen, mehr als 62 Dezibel sollten es in Wohngebieten keineswegs sein. Darauf verweist Hans Christoph Stoodt, einer der Organisatoren des Sonntagsspazierganges. Der pensionierte evangelische Pfarrer ist als Umweltaktivist auf vielen Ebenen bekannt. Der gestrige „Spaziergang“ zwischen der „Mainzer“ und der Nidda und zurück entlang der Mauer in steter Sichtweite wird im Einvernehmen mit der Polizei kurzfristig als Versammlung deklariert. Fast 100 Menschen sind es nämlich plötzlich doch geworden, die gegen den möglichen Ausbau der A5 auf acht offizielle Spuren oder gar zehn Spuren, wenn es ganz dicke kommt, protestieren wollen, solange es noch nicht zu spät ist.

„Wald statt Asphalt“ und „Verkehrswende jetzt“ steht auf einer mitgebrachten grünen Fahne. Das „Aktionsbündnis unmenschliche Autobahn“ hat ein großes Banner mitgebracht, die Initiative „Es ist zu laut“ und andere Gruppierungen haben sich getroffen, auch um mit den direkt betroffenen Menschen in den Wohngebieten zu sprechen.

Denn wenn die im (noch aktuellen) Bundesverkehrswegeplan 2030 festgeschriebenen Pläne verwirklicht werden, dann wird es nicht nur um noch mehr Autos und noch mehr Lärm gehen, dann sind wohl viele Parzellen von Kleingärtner:innen genauso von Enteignung betroffen wie Siedlungshäuser, die direkt an der Mauer stehen.

Über acht oder gar zehn Spuren A5 zwischen Frankfurter Kreuz und Anschlussstelle Friedberg wird diskutiert, sie brauchen Platz, ob mit oder ohne Standspuren, nichts Genaues weiß man nicht. „Was ist konkret geplant? Information darüber müssen wir erzwingen“, sagt Hans Christoph Stoodt.

Laut einer Studie sei der zehnspurige Ausbau der A5 grundsätzlich machbar, hieß es von der bundeseigenen Autobahn-Gesellschaft Ende 2022. Die Ergebnisse müssten mit dem Bundesverkehrsministerium abgestimmt werden, um sich auf acht oder zehn Spuren festzulegen. Zehn Spuren seien „momentan nicht sehr wahrscheinlich“, wurde da verkündet. Ohne Festlegung wird es aber auch keine Weiterplanung der derzeitigen Acht-Spuren-Version geben. Schon jetzt ist diese Variante durch temporäre Freigabe der Seitenstreifen ja „faktisch bereits gegeben“, monieren die Kritiker:innen weiteren Ausbaus.

Im Verkehrsausschuss im Römer habe die Koalition gegen zehn Spuren votiert, sagt ein anwesender Kommunalpolitiker der Grünen, der dabei war. Bei acht Spuren würde die Stadt auch von zusätzlichem Lärmschutz profitieren, heißt es. Den demonstrierenden Menschen reicht das nicht, sie wollen klare Kommunikation. In Griesheim gibt es schon seit November immer wieder Anwohnerproteste, das Aktionsbündnis will jetzt jeden Monat auftreten. Nächster Termin zum Sonntagstreffen auf der Straße ist der 26. März.

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