Sight City in Frankfurt: Lernen, was man nicht sieht

Auf der Blindenmesse „Sight City“ in Frankfurt präsentieren sich nicht nur internationale Aussteller sondern auch Bildungseinrichtungen aus Hessen.
Auf der Messe für Blinden- und Sehbehinderten-Hilfsmittel „Sight City“ präsentierten sich in den vergangenen Tagen zahlreiche Aussteller aus der ganzen Welt. Auch das Publikum war international, gilt die Schau doch als größte ihrer Art. Trotz der Weltgewandtheit gibt es auch viel Expertise direkt aus Hessen.
Die Frankfurter Stiftung für Blinde und Sehbehinderte beispielsweise bietet eine Blindentechnische Grundausbildung. „Seit einigen Jahren vermehrt auch für Menschen mit Fluchterfahrung“, sagt Markus Hofmann, Bereichsleiter Soziale und Berufliche Rehabilitation bei der Stiftung. In diesen Fällen dauere die Ausbildung länger, weil es zunächst einen Deutschkurs gebe. Dieser sei eine besondere Herausforderung, weil die Lehrkräfte die Sprache ohne das Visuelle vermitteln müssen.
Später werden auch sie geschult in Braille-Schrift, dem Umgang mit EDV, „Lebenspraktischen Fähigkeiten“, Orientierung und Mobilität.
Ergänzt wird das Portfolio durch eine Low Vision-Beratung, bei der eine Expertin die Sehschärfe ermittelt. Sie gibt auch Anregungen, durch welche Hilfsmittel die Sehfähigkeit verbessert werden kann. Zudem gibt es noch die Werkstatt „Galerie 37“, bei der die blinden und sehbehinderten Menschen Kunsthandwerk ausüben können.
Unterstützung im Studium
Das Thema Bildung wird bei Seheinschränkungen bereits in frühen Jahren wichtig. Bei der Deutschen Blindenstudienanstalt (Blista) in Marburg können bereits Kinder ab der fünften Klasse mit der Carl-Strehl-Schule eine besondere Bildungseinrichtung besuchen. Marburg gilt als Blindenstadt: In keiner anderen deutschen Stadt gibt es im Verhältnis zur Bevölkerung so viele blinde und sehbehinderte Menschen wie in Marburg. „Von hier aus traten die akustischen Ampeln und die weißen Langstöcke ihren Siegeszug an“, heißt es auf der Homepage der Stadt.
Doch zurück zur Schule. Diese besucht auch die 19-jährige Sophia, die auf der Messe von ihrem Alltag berichtet. „Ich komme ursprünglich aus Sachsen-Anhalt“, sagt die Zwölftklässlerin. Die Entscheidung für die 300 Kilometer entfernte Schule in Marburg sei richtig gewesen, auch wenn es ihr nicht leicht gefallen sei. Seit drei Jahren lebt sie im Internat, macht gern Musik und besucht das Fitnessstudio.
Nach ihrem Abitur möchte sie gleich ein Studium beginnen. Jura soll es werden – ebenfalls in Marburg.
Wäre die Wahl auf einen technischen Studiengang gefallen, wäre vielleicht die Technische Hochschule Mittelhessen in Betracht gekommen. Dort gibt es seit 25 Jahren das Zentrum für Blinde und sehbehinderte Studierende (Bliz).
Das Zentrum berät, kümmert sich um Anträge und ermöglicht blinden und sehbehinderten jungen Menschen schlussendlich das Studium an der Hochschule, die überwiegend von sehenden Studierenden besucht wird. „Es gibt keine speziellen Vorlesungen für Blinde, aber alles wird realitätsnah für sie aufgearbeitet“, sagt Monika Maria Moehring, geschäftsführende Direktorin des Bliz. Das beginnt bei den Skripten in Braille-Schrift oder optimiert für Lesegeräte, geht über Architekturmodelle zum Anfassen bis hin zur Visualisierung von Grafiken, Landkarten und mehr. Und Moehring verspricht: „Wir ruhen nicht, bis unsere Absolventen einen Job haben.“