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Kampf gegen den Müll in Seckbach

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Marion Dominiak-Keller auf ihrer vormittäglichen Runde durch Seckbach.
Marion Dominiak-Keller auf ihrer vormittäglichen Runde durch Seckbach. © Peter Jülich

Marion Dominiak-Keller ist 72 – und sammelt fast jeden Tag Abfälle in ihrem Stadtteil ein. das macht sie ehrenamtlich als Müllpatin.

Mit Zahlen sind manche Sachen einfach leichter zu begreifen. So auch in diesem Fall: Bis zu 10 000 Taschentücher sammelt Marion Dominiak-Keller pro Jahr. Aber nicht, weil sie eine etwas abseitige Sammelleidenschaft hat. Stattdessen hat die 72-Jährige eine Aufgabe: Sie will Seckbach – oder zumindest einen Teil davon – vom Müll befreien. Dazu ist sie fast jeden Tag unterwegs. Und hebt unter anderem jedes einzelne, weggeworfene Taschentuch auf.

Aber nicht nur das: Bonbonpapier, Plastikverpackungen, Reste von Silvesterböllern, Biomüll, Flaschen, Becher – es scheint nichts zu geben, was die Menschen nicht einfach so an den Wegesrand oder dahinter werfen.

Bewusst wurde das der Rentnerin, die ausgebildete Psychologin ist, vor knapp zwei Jahren. Damals war das Riedbad, in das sie sonst immer zum Schwimmen ging, wegen Corona geschlossen. „Also bin ich, um Bewegung zu haben, spazieren gegangen. Schnell hatte sie zwei feste Routen in ihrem Alltag etabliert, die eine rund um den Kirchbergweg, den Klingenweg und den Lohrberg, die andere von der Wilhelmshöher Straße auf die Hofhausstraße. „Und dabei fiel mir immer wieder die Menge an Müll auf“, so Dominiak-Keller.

Also wurde sie Müllpatin bei der FES, wurde vom Entsorgungsunternehmen mit Mülltüten versorgt – und nun geht sie vier- bis fünf Mal pro Woche los. Meist schon morgens um 8 Uhr, montags erst um 11 Uhr. Immer dabei: ein Greifarm, um die Abfälle aufheben zu können, Tüten – und einen Parka mit Rückaufnäher, auf dem über Bildern von Müllarten groß „NEIN!!!“ steht. Ein Geschenk ihres zwölfjährigen Enkels, der, wie Dominiak-Keller erzählt, „der einzige in der Familie ist, der mein Hobby cool findet“.

An diesem Montag dauert es nur wenige Sekunden, da erspäht „Else von Seckbach“, wie sie ihre Tochter scherzhaft getauft hat, das erste Taschentuch; kurz danach das zweite. Es folgen kleine Schnapsflaschen, „natürlich Wodka“, denn die Müllpatin kann mittlerweile die Schnapssorte der weggeworfenen Flaschen einzelnen Straßenzügen zuordnen.

Dann erreicht sie die Ecke Kirchbergweg / Vilbeler Landstraße, in deren Nähe sie wohnt. Im Gebüsch hängen mehrere Hundekotbeutel, von Hundehaltern oder -halterinnen achtlos ins Geäst geworfen. Gegenüber stehen zwei volle Plastiktüten mit Abfall, ein Teil des Inhalts hat der Wind bereits auf der Wiese verstreut. Für achtlos fallen gelassene oder weggeworfene Dinge mag die Müllsammlerin noch irgendwie Verständnis haben, „das kann mal passieren“. Aber diese Tüten muss jemand von zu Hause mit voller Absicht hier abgestellt haben. „Dafür habe ich wirklich keinerlei Verständnis.“

Verstehen will sie, warum Menschen das tun, sagt die gelernte Psychologin. Oft denkt sie während ihrer Rundgänge über diese Frage nach. Eine Antwort hat sie bisher nicht. Durch ihr Engagement will sie zeigen, dass Müll nicht in die Natur gehört. Auch nicht die Sektflasche, Sektgläser, Kerzen und – nun ja – Taschentücher, die sie neulich am Lohrberg wegräumen musste. Hinterlassenschaften eines Liebespaares. „Die scheinen es sich sogar recht romantisch gemacht zu haben“, gesteht Marion Dominiak-Keller ihnen zu, „aber sie sollen doch danach bitte einfach ihren Müll entsorgen.“

Ihr Statement hat sie auf den Rücken genäht: „Nein!!!“
Ihr Statement hat sie auf den Rücken genäht: „Nein!!!“ © Peter Jülich
Auch hinter parkenden Autos lauert der Müll.
Auch hinter parkenden Autos lauert der Müll. © Peter Jülich
Das ist nur ein Zwischenergebnis ihres Rundgangs.
Das ist nur ein Zwischenergebnis ihres Rundgangs. © Peter Jülich

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