Zum Geburtstag eine Graffitiwand

Das Quartiersprojekt „Henriette Pur“ feiert sein zehnjähriges Bestehen. Das Angebot der Caritas bietet Mädchen und Jungen bis zwölf Jahren eine Station zum Andocken im Stadtteil.
Quentin versucht sich zum ersten Mal mit Graffiti. Doch die Grundtechnik beherrscht der Zwölfjährige schon recht gut: „Mit der pinkfarbenen Sprühdose trage ich die kräftige Farbe auf, darüber drücke ich etwas kürzer auf die türkisfarbene Dose, damit die zarte Farbe schön glitzert“, erklärt er fachkundig. Denn zum zehnten Geburtstag des Quartiersprojekts „Henriette Pur“ am Samstag wünschen sich die Kinder der Siedlung Henriette-Fürth-Straße frische Farben auf der Garagenwand ihrer Spielwiese, genannt „Acker“.
Und so finden rund 200 Besucher und Besucherinnen in den Nachmittags- und Abendstunden ihren Weg zur Geburtstagsparty, um das kreative Projekt mit künstlerischen Darbietungen und Workshops zu feiern: Die Bässe der DJs wummern, verschiedene Akrobatik-Tricks werden vorgeführt und selbst ausprobiert, während sich die jüngsten Gäste auf der Hüpfburg austoben oder zwischendurch mit Grillwürstchen stärken. Außerdem gibt eine Fotoausstellung einen Rückblick auf die Projekte des vergangenen Jahrzehnts.
„Früher war der Acker nur ein großer Bolzplatz“, berichtet Dirk Wenzel vom Kulturmobil der Caritas. „Doch dann wurde er von unserem Projekt und der Kinderbeauftragten umgestaltet und zu einem Spielplatz ergänzt, da kam es bald zu weiteren Wünschen.“ Einige der schönsten Bilder, die die Kinder damals und heute aufgenommen haben, hat er in Fotobüchern verewigt: Zu den Wünschen gehören auch neue Rutschen, eine Seilbahn und ein Basketballkorb.
Konkret verwirklicht wird am Samstag die neue Graffitiwand: Auch wenn zunächst noch nicht erkennbar ist, was dort wirklich einmal entstehen soll. „Wenn so viele Kids kommen und gehen, dann bleibt nicht viel Zeit für lange Erklärungen“, sagt Sprayer Stephan Onegin, der hauptberuflich im Bildungszentrum Herrmann Hesse arbeitet. „Learning by Spraying“, sozusagen. „Später arbeite ich den Schriftzug ,Acker‘ heraus, dann deute ich zwei fußballspielende Comicfiguren an“, meint er.
Schließlich ist der Fußball nach wie vor präsent, wenn auch inzwischen auf einem verkleinerten Bolzplatz. „Doch um das Jahr 2010 häuften sich die Beschwerden von der benachbarten Kita, dass immer mehr Kinder sich selbst überlassen sind, auch mal Unfug treiben“, erinnert sich der zuständige Sozialbezirksvorsteher Helmut Frank.
Auch auf die Initiative des zuständigen Sozialrathauses Sachsenhausen hin setze man sich zusammen: „Wir suchten nach Lösungen der aufsuchenden Kinderarbeit, damit Mädchen und Jungen bis zu zwölf Jahren eine Station zum Andocken haben“, sagt Conny Wagner-Schletzke, Projektleiterin von Henriette Pur. Das Projekt kam in die Trägerschaft der Caritas, die für Personalkosten einen Jahresetat von 10 000 Euro zur Verfügung hat.
Seitdem kommt zwei Mal wöchentlich ein Spielmobil zum Acker, zudem werden in den Ferien Ausflüge, Märchen- und Vorlesenachmittage sowie andere Aktivitäten angeboten. Damit nicht genug: Ein Jahr später stellte die Deutsche Annington (heute: Vonovia) eine Wohnung der Siedlung für dieses und andere Projekte zur Verfügung: „Deshalb können wir im Winter die Angebote nach drinnen verlagern, zusätzlich Hausaufgabenhilfe anbieten – und unsere soziale Beratungsstunde für alle Bürger“, lobt Frank die Wohnungsgesellschaft.