Schüsse auf Tauben in Frankfurt

Eine Jagd auf Ringeltauben erschreckt Anwohner:innen in einem Frankfurter Wohngebiet. Die Schüsse waren zwar genehmigt, doch es wurden auch Stadttauben erlegt.
Frankfurt – Ursula Gärtner und ihr Mann Peter, die in Wirklichkeit anders heißen, waren am Samstagmittag (17.07.2021) überrascht, als sie in der Nähe ihres Hauses am Frankfurter Berg Schüsse vernahmen. Erst dachten sie, dass da jemand Feuerwerk entzündet. Doch der Lärm nahm kein Ende. Und auch der Familienhund hatte sich bereits ängstlich in den Keller verkrochen. Zwei Anrufe später bei der Polizei zeigte sich: Da jagt jemand mit Genehmigung der Stadt Tauben im Frankfurter Norden.
Familie Gärtner machte sich mit dem Auto auf, der Sache genauer auf den Grund zu gehen. Auf einem abgemähten Getreidefeld in der Bonameser Straße fanden sie schließlich einen Jäger mit einem Gewehr in der Hand. Auf dem Boden lagen vier erschossene Tauben. Der Mann erklärte, dass man zu dritt samt Hund auf Taubenjagd sei. Der Landwirt hatte die Jäger beauftragt, die Stadt – also die untere Jagdbehörde – hätte die Genehmigung erteilt. Vornehmlich sollten Ringeltauben geschossen werden.
Frankfurt: Auf Ringeltaubenjagd im Auftrag eines Landwirts
Aus der unteren Jagdbehörde heißt es auf FR-Nachfrage, dass in diesem Fall „eine Ausnahmegenehmigung zur Verhinderung übermäßigen Wildschadens erteilt“ wurde. Die Genehmigung habe sich ausschließlich auf Ringeltauben bezogen. Die Maßnahme diente der Verhinderung beziehungsweise Abwehr von Wildschäden an Feldfrüchten und zur Vergrämung der verursachenden Tierart. In welcher Form die Jagd ausgeübt wird, obliege dem Jagdpächter und sei abhängig von der Wildart, die bejagt wird.
In der Vergangenheit hätten ähnliche Maßnahmen „großen Erfolg“ gezeigt. Die Erlaubnis sei zeitlich und örtlich begrenzt. Wie lange geschossen werden darf, hänge auch davon ab, welcher Zeitraum notwendig ist, um weitere Schäden zu verhindern.
Frankfurt: Stadttaube darf nicht bejagt werden
Ursula Gärtner erhielt auf Nachfrage bei der Oberen Jagdbehörde in Kassel die Antwort, dass Ringeltauben in Hessen zwar nur in der Zeit vom 1. November bis 15. Januar bejagbar sind. Allerdings würden die Jagd- und Schonzeiten in befriedeten Bezirken (etwa bewohnte städtische Gebiete) nicht gelten. Jedoch dürften dann zur Aufzucht notwendige Elterntiere bis zum Selbstständigwerden der Jungtiere trotzdem nicht bejagt werden.
„Ich frage mich, wie ein Jäger von unten erkennen will, ob das Elterntier noch zur Aufzucht benötigt wird. Und ob es überhaupt eine Ringeltaube ist und nicht eine Stadttaube“, sagt Gärtner.
Taubenpopulation am Frankfurter Berg: Wer erteilt Genehmigung zur Jagd?
Gudrun Stürmer, 1. Vorsitzende des Stadttaubenprojekts Frankfurt, hat sich das Foto, welches Gärtner von den geschossenen Tauben gemacht hat, angeschaut und Stadttauben darauf identifiziert. „Stadttauben unterliegen nicht dem Jagdrecht und dürfen deshalb nicht bejagt werden“, sagt Stürmer. Sie denkt, dass in diesem Fall durchaus ein Verstoß vorliegen könnte.
Gärtner und Stürmer rätseln, ob die Taubenpopulation am Frankfurter Berg so groß ist, dass wirklich ein großer wirtschaftlicher Schaden zu erwarten war, wenn die Tauben nicht bejagt worden wären. Die Vorsitzende des Stadttaubenprojekts fragt sich deshalb, wer überhaupt feststellt, dass dem Landwirt ein Schaden durch Tauben entsteht, bevor es zur Genehmigung einer Jagd kommt. (Steven Micksch)