Schüsse auf den Dealer
Reklamationseskalation wird vor dem Landgericht verhandelt
Der Konsum von Drogen ist mit Risiken und Nebenwirkungen behaftet. Das gilt auch für den Handel. Das aber ein unzufriedener Kunde auf seinen Dealer schießt, ist dann doch eher die Ausnahme.
Doch genau deswegen muss sich der 24 Jahre alte Ahmad F. seit Dienstag wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht verantworten. Laut Anklage ging im Juni 2022 das „freundschaftliche Verhältnis“ F.s zu seinem Dealer Zachary B. in die Binsen, weil dieser ihm gestrecktes Haschisch angedreht und F. daraufhin die noch fällige Zahlung verweigerte hatte, was wiederum B. erzürnte, der nun F. drohte, ihn Mores zu lehren.
Als dann am Abend des 28. Juni zwei sinistre Fremde an F.s elterlicher Wohnung klingelten, in der dieser mit noch drei weiteren Geschwistern wohnt, witterte F. gedungene Schergen seines Dealers und beschloss, so die Anklage, den Streit zu beenden. Er steckte eine Pistole ein, klingelte an B.s Wohnungstür, die dieser nicht öffnete, und forderte ihn via Instagram auf, vor die Tür zu treten und wie ein Mann zu kämpfen, was dieser nicht tat. Erst als F. chattete, er stünde hier neben B.s Ehefrau, fasste dieser doch noch Mut. Er trat nach draußen, F. zog die Knarre, B. verließ der Mut wieder, F. verpasste dem Flüchtenden einen Durchsschuss der linken Hand und einen Streifschuss am rechten Unterarm.
Am ersten Verhandlungstag stellt F. erst mal ein paar Fakten richtig. Zum einen habe er B. gar nicht totschießen, sondern nur erschrecken wollen. Wie die beiden Kugeln den Dealer hätten treffen können. sei ihm schleierhaft. Er habe nämlich eigentlich in die Luft geschossen, diese aber wohl leider verfehlt. Immerhin hätten ihn mit B. über Monate hinweg die Leidenschaft für drei tolle Hobbys verbunden: „Chillen, Gras rauchen, Essen gehen.“
Zum anderen habe er niemals gechattet, dass er neben B.s Ehefrau stünde. Sondern vielmehr vor ihr. Und gemeint habe er auch nicht die Frau, sondern die Tür, die ja - da ist F. die personifizierte Gendergerechtigkeit - gleichermaßen von Herrn und Frau B. genutzt würde. Nachdem das geklärt wäre erschließt sich auch die Weisheit von F.s Verteidigern, ihrem Mandanten vom Beantworten weiterer Fragen abraten.
Ein bisschen krankt der Prozess daran, dass Zachary B. trotz intensiven Bemühungen von Polizei und Gericht derzeit unauffindbar ist. „Der war in Eschersheim und Ginnheim ziemlich bekannt, weil er Gras und Hasch verkauft hat“, erinnert sich F. an seinen Ex-Kumpel, „aber ob er’s aktuell noch macht, weiß ich nicht.“ In Ermittlerkreisen gilt es allerdings als unwahrscheinlich, dass B. zwischenzeitlich auf Altenpflege oder Landschaftsgärtnerei umgesattelt hat.
Der Prozess wird - ob mit oder ohne Dealer - fortgesetzt.