Schnarchende Wölfe und pupsende Hasen beim Comic-Festival

Beim Festival „Yippie“ können Kinder Comics erleben.
Eigentlich ist es keine Lesung. Es ist mehr eine Performance, die die Comiczeichner Ralf König und Dominik Merscheid am Samstagnachmittag hinlegen. Denn sie lesen nicht einfach das Comic „Trip mit Tropf“ vor, sie führen es auf. Sie lassen den Wolf mit ihren Stimmen schnarchen, den Auspuff röhren, den Hasen pupsen, während die Comicbilder an die Wand projiziert werden. Beim Pupsen des Hasen ist das Gekicher der Kinder beim Kindercomic-Festival wenig überraschend besonders groß, aber auch sonst gehen sie beim Roadtrip von Wolf und Hase gespannt mit. „Das war total lustig, auch weil so viele Geräusche gemacht wurden“, sagt die neunjährige Elisa. Und das Buch hat sie dann auch gekauft.
Zum fünften Mal findet das Kindercomic-Festival „Yippie“ inzwischen statt. Mehr als 15 Künstler:innen präsentierten am Wochenende ihre Comics, am Samstag ist es im Jungen Museum in Frankfurt drängend voll. „So voll war es noch nie“, sagt Autorin und Illustratorin Moni Port, die selbst am Samstagnachmittag vorliest. Oder eben performt. Das Comicfestival habe sich wohl herumgesprochen. „Eltern rümpfen in Deutschland ja immer noch die Nase, wenn Kinder nur Comics lesen.“ In Frankreich sei das ganz anders, aber es werde langsam auch in Deutschland besser. „Denn es ist eine totale Bereicherung.“
Die Eltern zu überzeugen – das war auch einer der Gründe, um das Festival ins Leben zu rufen. Auch weil es kein eigenes Comicfestival für Kinder gab, aber durch seine Lesungen in Schulklassen wisse er, „dass die Kinder es immer gut finden, was wir machen“, sagt Jakob Hoffmann, Mitgründer des Festivals. Er habe gemerkt, wie viel man mit Comics für Kinder machen könne, wenn man sie auf die Bühne bringe. Aber die Eltern, „die muss man überzeugen, zu kommen“.
Das klappt offenbar von Jahr zu Jahr immer besser. Es gibt ja auch was zu erleben auf dem Festival. Beim Workshop „Comiczeichnen“ mit Sylvain Merot können die Kinder etwa mit einem Profi zeichnen. Zum Beispiel auf Frankfurt-Fotos Zeichnungen einfügen. Oder sie zeichnen ihre Bilder in einen Comicstrip. Es kann mit vorgefertigten Zeichnungen gearbeitet werden, aber „manche nehmen einfach ein Blatt und legen los“, sagt Merot. „Kinder haben genug Fantasie, um ihre eigene Geschichte zu schreiben.“ So wie gerade eine Elfjährige am Tisch. Um zwei Tassen gehe es, die Brüder seien, erklärt sie. Und die Tassen mit Augen und Mund hat sie auch schon gezeichnet. „Es wird ein Witz – aber wie der geht, das verrate ich noch nicht.“
König und Merscheid geben weiterhin einen grummelnden Wolf und einen piepsigen Hasen mit verstellten Stimmen auf der Bühne, und Jäger und Hunde und Rocker und Bären. Die Kinder kichern, auch Eltern lachen. Als der Wolf angeschossen wird, gibt es einen Schreckmoment. Ein Mädchen ruft: „Er ist nur verletzt. Glaube ich“. Erwachsene merken schnell, dass es in der Geschichte eigentlich um einen Hasen geht, der todkrank ist. Und um einen Wolf, der nicht so recht weiß, wie er damit umgehen soll. Der Hase hat Krebs, verliert sein Fell, ein Infusionstropf ist immer dabei. Das klingt nach einer traurigen Geschichte. „Verstehen die Kinder die Tragik? Nicht unbedingt“, sagt Port. Die Geschichte habe zwei Ebenen und je älter die Kinder seien, desto mehr zögen sie da heraus. „Aber es ist auch einfach so eine rasante, lustige Geschichte.“ Die in einer Comiclesung aber eben nicht einfach so vorgelesen wird. Ein „Livehörspiel“ nennt das Autor Ferdinand Lutz. Er erlebe öfter nach Veranstaltungen, dass Kinder ihre Nase ins Buch steckten und Eltern sagten, es sei das erste Mal, dass ihr Kind ein Buch in die Hand nehme. „Sie haben gesehen und erlebt, was normalerweise während des Lesens im Kopf stattfindet“, sagt Lutz. „Das wirkt total stimulierend und inspirierend, um sich ein Buch in die Hand zu nehmen.“
Beim Kindercomic-Festival können die Jungen und Mädchen nicht nur solche Livehörspiele erleben, sondern auch selber welche machen. Max hat sich das Comic vom Zauberer Rerebuaz ausgesucht, das er gemeinsam mit seiner Mutter Cora Grannemann einspricht. Mit verstellter Stimme habe er das getan, so der Achtjährige. Und den Zauberer habe er knurrend gesprochen. Geräusche konnte er auch mit Gitarre, Rassel und Trommel machen. Er hatte offenbar Spaß dabei. „Kann ich das noch einmal machen?“, fragt er seine Mutter. „Nächstes Mal“, antwortet sie. Wenn wieder Kindercomic-Festival ist.



