Lernen, umweltfreundlich zu leben

An der IGS Süd erarbeiten sich Kinder mit einer speziellen Lernmethode Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen. Ziel ist es, sich bereits früh mit Umweltthemen auseinanderzusetzen.
In Asien herrscht Aufruhr. Gemeint ist nicht der Kontinent, sondern der Klassenraum der Schulklasse „Asien B“ an der Integrierten Gesamtschule Frankfurt-Süd (IGS). Auf dem Stundenplan stehen heute nicht Mathematik oder Kunst, sondern das Unterrichtsfach „Leben“, in dem alle Schülerinnen und Schüler der IGS Süd an sechs Stunden in der Woche unterrichtet werden. Gerade sitzen die Kinder im Raum verteilt und diskutieren in Kleingruppen den Arbeitsauftrag. An der Wand hängt ein Zeitplan, der vom heutigen Montag bis zu den Weihnachtsferien reicht.
Das Besondere: Es handelt sich nicht um eine normale Gruppenarbeit. In den kommenden Wochen werden die Kinder arbeiten wie Projektmanager in Großbanken – angepasst an ihre Lernziele. Die Aufgabe: Zu dritt oder zu viert ein Projekt entwickeln, das sich inhaltlich mit einem der 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen beschäftigt. Wie dieses Projekt am Ende aussieht – ob Müllsammelaktion oder Kurzfilm – bleibt ihnen selbst überlassen. Wichtig ist, dass sie kreativ und eigenverantwortlich arbeiten, Ziele formulieren, diese in regelmäßigen Abständen überprüfen und ihre Planung ständig anpassen. Genau darum geht es bei „Scrum“, einer Methode des agilen Lernens, die ursprünglich aus der Software-Entwicklung stammt. Heute wird diese Arbeitsweise vor allem im Projektmanagement in Unternehmen angewendet. An der IGS Süd dient sie nun als Unterrichtsmethode für Schülerinnen und Schüler. Dafür kooperiert die Schule mit der Beratungsfirma borisgloger consulting im Rahmen der Initiative „Scrum4Schools“, die das Konzept für den Einsatz an Schulen bereit gemacht hat.
„Die Methode passt zu unserem Mindset“, sagt die stellvertretende Schulleiterin Silke Henningsen. Mit der Gründung der Schule vor etwa vier Jahren habe man sich Gedanken gemacht, wie Schule moderner und flexibler an die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler angepasst sein könne, um zukunftsfähig zu sein.
Fach „Leben“ ausschließlich projektorientiert unterrichtet
Nicht nur die Nachhaltigkeitsziele der UN spielten daher eine wichtige Rolle im Schulkonzept, sondern auch eigenständige Lernprozesse. Das Fach „Leben“, in dem sich die jungen Lernenden mit Themen aus ihrem Alltag von Plastikverbrauch bis Demokratie beschäftigen, wird ausschließlich projektorientiert unterrichtet.
Moritz Müller, Management Consultant bei borisgloger, freut sich über die Kooperation. „Die IGS ist eine Schule bei der Scrum auf offene Arme trifft“, sagt Müller. Bisher habe man die Lernmethode vor allem in kleineren Workshops oder mit einzelnen Schulkassen ausprobiert. Mit der derzeitigen Projektphase arbeite zum ersten Mal eine ganze Schule mit mehr als 500 Schülern parallel mit Scrum4Schools. Im Rahmen der Kooperation sind alle Lehrkräfte, die das betreffende Fach unterrichten, in die Methode eingewiesen worden. Zudem unterstützt ein Team des Beratungsunternehmens die Lehrkräfte vor Ort.
Die Klasse „Asien B“, in der Schulkinder aus der fünften und sechsten Jahrgangsstufe gemeinsam lernen, steht noch am Anfang des Projekts. Die Arbeitsweise scheint ihnen zu gefallen. „Das macht Spaß, weil jeder etwas beitragen kann“, sagt die elfjährige Helene. Gemeinsam mit ihrer Gruppe hat sie sich für ein Thema entschieden: Das 14. Nachhaltigkeitsziel „Leben unter Wasser“ soll im Zentrum ihres Projekts stehen. Silke Henningsen hofft, dass die Schülerinnen sich nicht nur inhaltlich mit den Themen beschäftigen, sondern auch merken, dass sie selbst etwas bewirken können. Auch das ist eines der Ziele des Konzepts.