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Römerbriefe: Verrückte Zeiten

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Von: Sandra Busch, Georg Leppert

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Hinter den Türen im Römer geht es auch mal grotesk zu.
Hinter den Türen im Römer geht es auch mal grotesk zu. © Michael Schick

Unsere Kommunalpolitikerinnen und -politiker machen bizarre Dinge. Sie pöbeln, parken und posten grotesk. Was kommt als nächstes? Die FR-Kolumne aus dem Frankfurter Rathaus.

Busch: Am Wahlabend spielt ja die Eintracht. Wie schaust du das?

Leppert: Gar nicht. Ist nur die Eintracht.

Busch: Bitte?

Leppert: War nur ein Scherz. Das Tablet und ich werden an dem Abend untrennbar miteinander verbunden sein.

Die Zeiten sind ein bisschen verrückt, liebe Freundinnen und Freunde der Kommunalpolitik. Nicht völlig verrückt, manches hat auch Bestand. Also wundern Sie sich nicht, wenn Sie am Abend des 5. März im Fernsehen sehen, wie der Wahlsieger oder die Wahlsiegerin durch den Römer läuft, umringt von Dutzenden Journalist:innen, und ein Römerbriefschreiber hat in der rechten Hand seinen Notizblock und in der linken sein Tablet. Und wenn er plötzlich den Wahlsieger oder die Wahlsiegerin umarmt, hat das keinen politischen Hintergrund. Dann hat die Eintracht ein Tor geschossen.

Aber ein bisschen komisch ist das ja schon alles gerade. Da gibt es einen OB-Kandidaten der FDP mit hohen moralischen Ansprüchen. Insbesondere wenn es um frühere Oberbürgermeister geht. Er selbst stellt sein Auto schon einmal auf einen Behindertenparkplatz. Dann ist da ein SPD-Stadtverordneter. Der pöbelt auf YouTube rum, vergleicht Menschen mit Affen, haut rassistische Sprüche raus – und jetzt zieht er ins Kuratorium für den Paulskirchenpreis für Demokratie ein. Und dann haben wir noch eine Bildungsdezernentin, die auf Facebook die Ukraine-Petition von Wagenknecht und der Emma-Gründerin verbreitet. Was es nicht alles gibt.

Was kommt als Nächstes? Unserer verrückten Fantasie sind in diesen Tagen keine Grenzen gesetzt.

Uwe Becker (CDU) zum Beispiel könnte die OB-Wahl gewinnen, weil der gesamte Norden der Stadt und alle Menschen im Oeder Weg für ihn stimmen und der Rest von Frankfurt anhand von Beckers Plakaten („Ihr Oberbürgermeister“) glaubt, es gebe gar keine Wahl mehr. Dann wird sein Posten als Antisemitismusbeauftragter frei. Isabel Schnitzler (FDP) schlägt Roger Waters für den Job vor.

Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne) schlägt vor, Parkplätze zu bauen. In der Innenstadt. Jetzt hat er zwar gerade verkündet, dass die Parkplätze in der Innenstadt abgeschafft werden, aber nun, es ist OB-Wahlkampf, da zählt jede Stimme. Auch die von Autofahrer:innen. Majer preist seine Idee an mit „Einmal-Parkplätzen“. Die Basis der Grünen schmiedet schon Pläne, wie sie Majer vor seiner Rente noch absetzen kann, aber dann wird Grünen-OB-Kandidatin Manuela Rottmann mit überwältigender Mehrheit gewählt, da die einen nur „Parkplatz“ und die anderen nur „einmal“ lesen und damit alle zufrieden sind. Nach der Wahl weist Majer den Main als Parkplatzzone aus.

Im Stadtparlament beschließen die Stadtverordneten, dass alle so lange bei der Sitzung reden dürfen, wie sie wollen. Es gibt schließlich so viel zu sagen, immer wird im falschen Moment unterbrochen. Die erste Stadtverordnetenversammlung danach dauert 44 Stunden, es kommt zu Kreislaufkollapsen. In der nächsten richtet Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner (Grüne) eine Stille Treppe ein, weil Leute vom Rednerpult geprügelt werden. In der dritten kommt niemand mehr. Nur der oder die neue OB. Die erste Rede geht ein in die Annalen unter der Rubrik: Die besten Reden, die nie gehalten wurden.

Sandra Busch und Georg Leppert gehören zum Römer-Team der FR, das

aus dem Frankfurter Rathaus berichtet. Frühere Römerbriefe gibt es unter www.fr.de/roemerbriefe.

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