Römerbriefe: Post mit Pathos

Franz Josef Wagner schreibt für den Boulevard täglich emotionale, manchmal auch etwas wirre Briefe. Das versuchen wir jetzt auch mal. Die FR-Kolumne aus dem Frankfurter Rathaus.
Leppert: Kennst du Franz Josef Wagner?
Busch: Den „Bild“-Kolumnisten, der immer so verrückte und pathetische Briefe an irgendwelche Menschen schreibt? Alle kennen den, aber müssen wir das hier besprechen, das ist ein bisschen unangenehm und außerdem schreibt der für eine andere Zeitung.
Leppert: Bitte, ich möchte einmal so schreiben wie der.
Busch: Na gut. Wann, wenn nicht im letzten Römerbrief vor der OB-Wahl?
Lieber Uwe Becker, lieber Mike Josef,
Sie sind ein Teil unseres Lebens geworden. Wir stehen mit Ihnen auf, wir essen unser Müsli mit Ihnen (und mit Milch), wir kennen Sie mittlerweile besser als unseren Mann und unsere Frau (missverständlich formuliert, aber Sie wissen schon was wir meinen). Sie, lieber Uwe Becker, schauen bei uns (also bei einem von uns) sogar in die Wohnung rein. Irgendjemand hat Ihr Wahlplakat umgedreht (Beweisfoto in unserer Online-Ausgabe). Ein Wahlplakat als Spiegelbild Ihrer selbst? Ja, wir glauben, das sind Sie.
Herr Becker, Herr Josef, Sie sind die Hoffnung dieser Stadt. Die Hoffnung einer Stadt, die von Peter F. missbraucht wurde. Nicht einmal den Europapokal hat er dieser Stadt gelassen. Mit Ihnen wird Frankfurt neue Pokale gewinnen. Pokale für die Menschen.
Sie sind nicht fehlerfrei. Wir sind nicht fehlerfrei. Menschen machen Fehler. Sie, Uwe Becker, haben angedeutet, Sie könnten den Grünen das Verkehrsdezernat wegnehmen. Sie sind Christ. Man nimmt Menschen nichts weg. Und dann, als Sie sich selbst als „Der Beste“ und „Ihr Oberbürgermeister“ bezeichnet haben ... Hochmut, lieber Herr Becker ... Sie kennen den Spruch.
Und Sie, lieber Herr Josef. Wie viele AWO-Skandale haben Sie uns verheimlicht? Einen, zwei? Oder gar keinen? Wir möchten Ihnen glauben. Menschen möchten anderen Menschen glauben, dafür wurden sie geboren. Aber es gibt auch die Fakten. Ein Büro wurde durchsucht. Das Büro eines Parteifreundes, er ist verwickelt in einen Skandal um unangemessene Gefälligkeiten und ihre unangemessene Gegenleistung. Es ist Ihre Partei, um die sich dieser Skandal dreht. Und Sie wollen das alles nicht mitbekommen haben?
Sie sagen, Sie lehnten Korruption ab. Das ist zu wenig, lieber Herr Josef. Sie müssen sie bekämpfen. Sie sind ein Kämpfer, Sie haben immer gekämpft. Damals auf dem Fußballplatz, als Sie fast Nationalspieler wurden, obwohl (oder weil) Sie die Größe von Philipp Lahm haben. Und dann im Asta, als Sie jeden auffressen wollten, der Studiengebühren forderte. Kämpfen Sie. Für das Gute.
Herr Becker, Herr Josef, der Tag der Entscheidung naht. Wir müssen uns entscheiden. Nicht gegen einen von Ihnen. Für einen von Ihnen. Aber das sagt sich so leicht. Kennen Sie das Dschungelcamp? Da muss in der zweiten Woche auch immer einer gehen. Es ist furchtbar, denn mit jedem OB-Kandidaten geht ein Mensch. Aber die Welt ist furchtbar. Auch Frankfurt ist furchtbar. Sie wissen das. Deshalb sind Sie angetreten. Um Frankfurt weniger furchtbar zu machen. Um die Welt weniger furchtbar zu machen.
Gehen Sie diesen Weg weiter. Bleiben Sie stark. Wir wünschten, es könnte zwei Oberbürgermeister geben.
Herzlichst,
Ihr Team der Römerbriefe
Sandra Busch und Georg Leppert gehören zum Römer-Team der FR, das aus dem Frankfurter Rathaus berichtet. Frühere Römerbriefe gibt es unter www.fr.de/roemerbriefe.