„Das ist ein ganz demokratisches Singen“

Bei der offenen Gesangsgruppe im Vereinsringhaus darf sich jeder etwas aus dem Liederbuch wünschen.
Günter Göpfert betritt den etwas zu kalten Vereinsraum des Rödelheimer Vereinsringhauses im Friedel-Schomann-Weg. Ein weiterer Musiker hält bereits sein Akkordeon auf dem Schoß und spielt sich mit Johnny Cashs „I walk the Line“ warm. Göpfert, musikalischer Leiter der Gesangsgruppe „Rödelheim singt Rock & Pop“, packt seine Akustikgitarre aus und verteilt Liederbücher. In ihnen Songs von Bob Dylan, Buddy Holly, Elvis Presley und den Beatles. Aber auch von Marlene Dietrich, Udo Jürgens und Roberto Blanco.
Einige der Teilnehmer haben früher im Gesangsverein „Rödelheimer Neuner“ gesungen. Deutsche Kunstlieder und Schlager standen da hauptsächlich auf dem Programm. Man habe aber etwas modernere Musik machen wollen, sagt Göpfert. Deshalb hat er vor Jahren die neue Popgruppe als Ableger gegründet. „Diese Musikrichtung ist eher meins“, sagt Göpfert, auf dessen Gitarre ein Friedenszeichen klebt.
Die Teilnehmer singen in ungezwungener Atmosphäre das, worauf sie Lust haben. Nach der Reihe darf sich jeder etwas aus dem Liederbuch wünschen. „Das ist ein ganz demokratisches Singen“, scherzt Maria Raftopoulo. Seit gut drei Jahren kommt sie regelmäßig ins Vereinsringhaus, um mit anderen anderthalb Stunden lang zu musizieren. Besonders gut seien sie nicht, sagt sie. Darum gehe es aber auch nicht. Es mache Spaß und: „Singen befreit“.
Klassiker von Manfred Mann, John Lennon und Bob Dylan hat die Gruppe, die an diesem Abend aus zehn Musikfreunden besteht, schon gesungen. In einer kurzen Pause hebt Günter Göpfert eine Zeitungsseite vom Tisch auf, die er mitgebracht hat. Es ist die Todesanzeige eines kürzlich verschiedenen Rödelheimer Musikers. „Alles ist Blues“ steht als Trauerspruch darauf. Dann improvisiert Göpfert ein Blues-Solo, das er dem Verstorbenen widmet. Die Gruppe klatscht im Takt mit.
Lokale Musikkultur bewahren
Gestorbene Künstler zu ehren hat bei den Rödelheimern Tradition. Dem Gruppenleiter ist es wichtig, die lokale Musikkultur zu bewahren. Natürlich werden auch internationale Musikgrößen geehrt. Gut kann sich Maria Raftopoulo noch daran erinnern, als Leonard Cohen vor zwei Jahren gestorben ist. „Wir haben viele seiner Lieder gesungen, um ihn nach seinem Tod gebührend zu würdigen“.
Wichtig ist den Hobbymusikern des Gesangstreffs die Zwanglosigkeit, mit der sowohl alte wie neue Teilnehmer zusammen Musik machen. Auch an diesem Abend sind wieder neue Gesichter dabei. Nicht jeder Takt und Ton muss perfekt sitzen. Hin und wieder ruft jemand laut „Stopp“, wenn sich jemand verspielt hat. Die Gruppe lacht. Dann setzt das Ensemble erneut an.
Die offenen Treffen sollen keinen professionellen Gesangsunterricht ersetzen. Die Freude an der Musik steht hier im Vordergrund. Deshalb stört es auch nicht, dass sich die Anwesenden zwischendurch über die Entstehung der Stücke unterhalten oder Anekdoten austauschen.
Obwohl manche am Mittwoch zum ersten Mal da sind, fügen sich alle schnell zu einer illustren Runde zusammen, in der viel gewitzelt wird. Musik verbindet eben. Passenderweise wünscht sich eine Teilnehmerin gegen Ende des Abends dann Roberto Blancos „Ein bisschen Spaß muss sein“. Nicht alle mögen das Lied, aber jeder kennt es und singt laut mit.
Der Vereinsring lädt jeden zweiten Mittwoch im Monat zum offenen Singen in den Friedel-Schomann-Weg 7 ein. Gerne dürfen auch Instrumente mitgebracht werden. Ab November trifft sich die Gruppe schon um 18.30 Uhr. Weitere Informationen gibt es unter www.roedelheimer-vereinsring.de.