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Rheins Rede: Kein großer Wurf für Hessen

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Von: Hanning Voigts

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Boris Rhein stellt im hessischen Landtag seine Politik vor. Foto: dpa
Boris Rhein stellt im hessischen Landtag seine Politik vor. Foto: dpa © dpa

Boris Rhein setzt bei seiner ersten Regierungserklärung auf Sicherheit und viele grüne Themen. Er dürfte dabei jetzt schon die Landtagswahl 2023 im Blick haben.

Schwarz-Grün wird grüner in Hessen. Diesen Eindruck konnte man zumindest gewinnen, wenn man am Dienstag der ersten Regierungserklärung des neuen Ministerpräsidenten Boris Rhein zuhörte. Minutenlang widmete der CDU-Politiker sich zu Anfang seiner Rede klassischen grünen Kernthemen: Kampf gegen den menschengemachten Klimawandel, Ausbau von Solaranlagen auf Behördendächern, Förderung von Bus und Bahn, massive Aufforstung.

Einerseits signalisiert der neue Chef der Staatskanzlei damit Kontinuität: Immer wieder haben CDU und Grüne vor Rheins Wahl und dem Abgang seines Amtsvorgängers Volker Bouffier betont, dass ihr Koalitionsvertrag von 2018 weiter gelte. Andererseits ist es gut möglich, dass Boris Rhein bei seinen Ausführungen zur Klimakrise, die er als die zentrale Aufgabe seiner Generation bezeichnete, schon an den Herbst 2023 denkt.

Im Oktober kommenden Jahres wird in Hessen schon wieder gewählt

Denn voraussichtlich im Oktober kommenden Jahres wird in Hessen gewählt, und Boris Rhein dürfte kein Interesse daran haben, als Ministerpräsident mit der kürzesten Amtszeit der jüngsten Zeit in die hessische Geschichte einzugehen. Vielleicht stellt er sich schon darauf ein, nach der Wahl mit den Grünen weiterzuregieren. Denn die Alternative, eine Koalition von CDU und FDP, ist letzten Umfragen zufolge nicht besonders wahrscheinlich. Außerdem könnte Rhein allen Wähler:innen, denen die Klimakrise ein wichtiges Thema ist, frühzeitig signalisieren wollen: Wer grüne Politik will, muss nicht Grün wählen.

Abgesehen vom starken Fokus auf den Klimaschutz bot Rheins Rede kaum Überraschendes: Der neue Ministerpräsident lobte die hessische Polizei, warnte vor „No-go-Areas“ und forderte schnellere Abschiebungen von ausreisepflichtigen Flüchtlingen; er positionierte sich als Förderer der hessischen Wirtschaft und stellte seine ganze Rede unter den Leitbegriff der Sicherheit. Klassische CDU also, Rhein hat sein Verständnis von Sicherheit lediglich um Aspekte wie bezahlbaren Wohnraum, Klimaschutz und gesellschaftlichen Zusammenhalt ergänzt.

Den großen Plan für Hessen hat Boris Rhein im Landtag nicht vorgelegt

In Krisenzeiten, in denen viele Menschen verunsichert sind, ist das politisch keine schlechte Idee, aber den großen Wurf, das große Projekt hat Boris Rhein am Dienstag nicht vorgelegt. Das ist durchaus erstaunlich, denn er hat über mehrere Wochen die Erwartung geschürt, mit seiner Regierungserklärung werde er genau aufzeigen, wohin die Reise bis zum Herbst 2023 gehen soll.

Ärgerlich ist, dass Rhein die Gelegenheit nicht genutzt hat, die vielen Skandale in der hessischen Polizei der letzten Jahre zu thematisieren. In der Öffentlichkeit hat das Vertrauen in die Polizei stark gelitten, immer neue rechte Umtriebe in den Sicherheitsbehörden haben Witze wie den vom „täglichen Einzelfall“ entstehen lassen, im Prozess um den „NSU 2.0“ halten es einige Beteiligte immer noch für möglich, dass ein Polizist in die neonazistischen Morddrohungen verstrickt war. Mit einigen klaren Worten zur Aufgabe und Verantwortung einer demokratischen Polizei hätte Rhein all jenen den Rücken stärken können, die sich für Reformen starkmachen.

Hessen: Hat Boris Rhein sein Profil genug herausgestellt?

Insgesamt hat Rhein zwar konkrete Projekte vorgestellt – ein Klimagesetz, einen „Krankenhausgipfel“, Verschärfungen im Waffenrecht, eine Neuregelung der Beamtenbesoldung –, aber insgesamt stehen nach seiner Rede die Zeichen auf „Weiter so“. Das ist verständlich, denn in den Umfragen ist Schwarz-Grün populär. Aber nach fast zwölf Jahren Volker Bouffier stellt sich die Frage, ob Rhein nicht etwas mehr bieten muss, um in der nächsten Zeit sein politisches Profil zu schärfen.

(Hanning Voigts)

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