1. Startseite
  2. Frankfurt

Repair-Café Sachsenhausen: Das zweite Leben einer Nähmaschine

Erstellt:

Von: Clemens Dörrenberg

Kommentare

Manchmal fehlte nur ein wenig Öl: ein Blick ins Repair-Café in Sachsenhausen.
Manchmal fehlte nur ein wenig Öl: ein Blick ins Repair-Café in Sachsenhausen. © ROLF OESER

Das Repair-Café in Sachsenhausen haucht defekten Nähmaschinen und Toastern neues Leben ein. Der coronabedingte Schwund bei den Ehrenamtlichen wird indes zum Problem.

Bei seiner Premiere als Reparateur hat es Osaied Falaha gleich mit zwei Toastern hintereinander zu tun. Im Sachsenhäuser „Repair-Café“, das monatlich vom Umweltverband BUND im Gemeindehaus St. Wendel organisiert wird, hilft der 28-Jährige erstmals mit und hat gleich ein Erfolgserlebnis. Dem Brotröster von Gast Stefan Beyer, der zum ersten Mal da ist und sich „unkompliziert“ per E-Mail angemeldet hat, kann Falaha mit Unterstützung neues Leben einhauchen. „Es ist mal ein Toast stecken geblieben“, sagt Beyer, „den habe ich mit Gewalt herausgezogen.“ So sei das Gerät kaputtgegangen, ergänzt der 38-Jährige.

„Ein Blech war verbogen“, berichtet Falaha, der sich vor der Fehlerbehebung im Internet schlau gemacht hatte. Mit einem Dreiecks-Schraubenzieher, den Beyer nicht zu Hause gehabt hätte, wie er sagt, habe Falaha, als Auszubildender zum Elektroniker für Betriebstechnik, die Sicherheitsschrauben gelöst, ein „Klemm-Gehäuse“ geöffnet und die „Magnetizität“ wieder hergestellt. So nennt es Hubert Stierhof, der am Tisch gegenüber hinter Glasscheiben als Trennwand zum Corona-Schutz sitzt. Der 65-Jährige hat eine Nähmaschine im Inneren geölt und schraubt sie gerade wieder zusammen. Nebenbei: Fehlendes Öl sei zu „90 Prozent“ der Grund, warum Nähmaschinen nicht mehr liefen, berichtet Stierhof. Der Praunheimer repariert schon seit ein paar Jahren regelmäßig in Sachsenhausen und hatte für den Einsteiger ein paar Tipps. „Bei Reparaturen gibt es entweder das Problem der Öffnung oder der Diagnosen-Findung“, sagt er. Ein weiterer Tipp als gewohntes Ritual: Nach erfolgreicher Reparatur die Kuhglocke läuten, die auf einem der Tische steht. Damit die Handvoll Leute, alle mit Mund-Nasen-Bedeckung, die an den anderen Tischen fieberhaft an einer Kaffeemaschine, einem Tablet und einem Rasierapparat basteln oder gespannt zugucken, auch mitbekommen, dass ein Gegenstand wieder einsatzfähig ist.

Toaster-Besitzer Stefan Beyer freut sich und packt das Gerät in den Korb auf seinem Fahrradgepäckträger. „Ich muss das Ding nicht entsorgen und kann ihn weiter gebrauchen.“

Repair-Cafés

Von den zwölf Frankfurter Repair-Cafés öffnen einige in den kommenden Wochen wieder. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie sind bei allen Cafés Hygieneschutzmaßnahmen einzuhalten, eine vorherige Anmeldung ist meist nötig.

Das nächste Mal wird in Rödelheim repariert, im Begegnungs- und Servicezentrum Auguste-Oberwinter-Haus, Burgfriedenstraße 7. Am Samstag, 7. August, wird von 15 bis 17.30 Uhr repariert. Anmeldung per E-Mail: repaircafe-roedelheim@gmx.de – telefonischer Kontakt: 069 / 780 026. Der Folgetermin in Rödelheim ist am 4. September.

In Hausen wird am 12. August von 15 bis 17 Uhr wieder gewerkelt. Das „DRIN-Café“ der Evangelischen Lydiagemeinde, Alt Hausen 3, öffnet dafür wie gewohnt seine Pforten. Kontakt: drin.cafe@lydiagemeinde.de
Im Ostend bietet das Nachbarschaftszentrum im Mehrgenerationenhaus, Waldschmidtstraße 39, am 14. August, von 10 bis 12 Uhr, Raum für Reparaturen. Eine Anmeldung unter: 069 / 439 645 ist auch hier nötig. Kontakt per E-Mail: info@nbz-ostend.de

Im Heddernheimer Begegnungszentrum, Aßlarer Straße 3, ist der nächste Termin am 21. August, von 14 bis 18 Uhr. Anmeldung telefonisch: 069 / 577 131 oder per E-Mail: sybille.vogl@frankfurter-verband.eu

In Sachsenhausen , im Gemeindehaus St. Wendel, Altes Schützenhüttengäßchen 4, wird nach Anmeldung per E-Mail (rc-sachs@bund-frankfurt.de) am 4. September (17.30 bis 20 Uhr) repariert, im Familienzentrum Billabong am Riedberg voraussichtlich erst wieder am 30. Oktober. Kontakt: info@billabong-family.de oder telefonisch unter: 069 / 989 577 95.

Eine Übersicht über alle Frankfurter Repair-Cafés gibt es unter:
http://repaircafefrankfurt.de/wp-content/uploads/2020/10/flyer-repair-cafes-in-frankfurt.pdf

Ein Terminkalender sowie weitere Infos zu den Repair-Cafés, insbesondere dem Sachsenhäuser Ableger, ist hier zu finden:
http://www.repaircafefrankfurt.de

Auch Barbara Michalski, vom BUND, ist froh – über den neuen ehrenamtlichen Helfer. Vier Wochen vorher, beim letzten Repair-Café, hatte sie Falaha die mobile Werkstatt gezeigt. „Ich suche ehrenamtliche Arbeit“, hatte der Mann aus Syrien da berichtet, auch, um sein Asylverfahren zu beschleunigen und Erfahrungen in seinem Metier zu sammeln. Im dritten Lehrjahr sei der angehende Elektroniker aktuell.

Michalski sagt: „Es ist ein Bildungsprojekt, bei dem Fehler gemeinsam gesucht werden und Gäste mitkriegen, was repariert werden kann“. Nachdem die Reparatur-Cafés coronabedingt die letzten Monate nicht oder nur online stattfinden konnten, habe es doch einen gewissen Schwund bei den Reparierenden gegeben. „Nach einem Jahr mussten wir die Leute wieder zusammen- trommeln“, sagt Michalski. Ähnlich sieht es im hohen Frankfurter Norden aus. „Wir fangen fast bei allem wieder bei Null an“, sagt Anja Hohmann vom Familienzentrum Billabong am Riedberg. Einige Helfende hätten sich „aus dem Ehrenamt verabschiedet“ und die Reparatur-Veranstaltungen müssten wieder mit „Flyern beworben“ werden. Toaster, Drucker, Staubsauger seien im Juli bei der ersten Ausgabe nach der Corona-Pause repariert worden, außerdem „von zwei Näherinnen Vorhänge geflickt“ worden.

Die Näharbeiten in Sachsenhausen übernimmt Helga Baltes. Sie steht von ihrem Platz an der Nähmaschine auf und zeigt ihre bunt gemusterte Hose und den peppigen grünen Pulli mit gelber Kordel am Halsausschnitt: „Alles selbst genäht“. Müllvermeidung ist der ehemaligen Pädagogin und Psychologin wichtig. Reißverschlüsse, Risse in Jacken, fehlende Knöpfe oder das Kürzen von Hosen und Röcken: „Ich versuche es mit den Leuten zusammen zu machen, damit sie es lernen“. Das ist ein zentraler Gedanke der Repair-Cafés: Hilfe zur Selbsthilfe.

Die fehlt derzeit im Nachbarschaftszentrum Ostend. „Wir suchen noch Leute, die vorwiegend bei Elektronik, wie Lampen, helfen können“, sagt Bettina Völkers. Daneben seien die Repair-Cafés auch immer „Treffpunkte, um einen Kaffee zu trinken und ein Schwätzchen zu halten“.

Dieter Werner repariert eine Kaffeemaschine.
Dieter Werner repariert eine Kaffeemaschine. © ROLF OESER

Auch interessant

Kommentare