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Frankfurt: Rechte bei der Buchmesse – Schwarze Autorin fühlt sich nicht sicher

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Von: Hanning Voigts

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Stein des Anstoßes: Messestand der rechten Kleinverlage „Oikos“ und „Jungeuropa“.
Stein des Anstoßes: Messestand der rechten Kleinverlage „Oikos“ und „Jungeuropa“. © Renate Hoyer

Auch in diesem Jahr wird über die Präsenz rechtsextremer Kleinverlage auf der Buchmesse gestritten. Anlass ist vor allem, dass die Autorin Jasmina Kuhnke ihren Auftritt mit Verweis auf Sicherheitsbedenken abgesagt hat.

Frankfurt - Auf den ersten Blick gibt es wenig zu sehen, was die große Aufregung rechtfertigt. Am Mittwochmorgen (20.10.2021) stehen in Halle 3.1, am gemeinsamen Messestand der Kleinverlage „Jungeuropa“ und „Oikos“, lediglich vier gescheitelte Männer und trinken Wasser oder Kaffee. Der Stand liegt günstig neben dem „Blauen Sofa“ von ZDF, 3sat und Bertelsmann, trotzdem bleibt kaum jemand vor der schmalen Auslage stehen. Auch ein pompöses Werbebanner kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Stand nicht viel beachtet wird.

Und doch sorgt der kleine Auftritt in Halle 3.1 für den ersten großen Streit zu Beginn der Buchmesse. „Jungeuropa“ und sein Verleger Philip Stein sowie „Oikos“ von Jonas Schick stammen aus dem Umfeld der sogenannten Neuen Rechten, haben Verbindungen zur AfD und zur rechtsextremen „Identitären Bewegung“. Philip Stein ist strammrechter Burschenschafter und leitet die rechtsextreme Kampagne „Ein Prozent für unser Land“; Schick gibt das neurechte Öko-Magazin „Die Kehre“ heraus.

Buchmesse Frankfurt: Weitere Autor:innen sagen Besuch wegen rechter Präsenz ab

Die deutsche Autorin Jasmina Kuhnke, die auf der Messe ihren bei Rowohlt erschienenen Debütroman „Schwarzes Herz“ vorstellen wollte, sagte ihren Auftritt mit Verweis auf die Präsenz rechtsextremer Verlage ab. Sie fühle sich als Schwarze Frau auf der Buchmesse nicht sicher, teilte Kuhnke via Twitter mit. „Ich möchte den Verantwortlichen damit aufzeigen, dass die hier getroffene Entscheidung, Nazis den Raum zu bieten sich darzustellen, vor allem Konsequenzen für Betroffene wie mich hat.“

Die Bildungsstätte Anne Frank, die Choreographin Nikeata Thompson und weitere Autor:innen solidarisierten sich mit Kuhnke, die Moderatorin Annabelle Mandeng sagte ihren Auftritt auf dem „Blauen Sofa“ ebenfalls ab. Unter dem Hashtag #BuchmesseBoykott wurde im Netz sogar dazu aufgerufen, nicht zur Buchmesse zu gehen, solange „Jungeuropa“ und „Oikos“ dort geduldet seien.

Frankfurt: Buchmesse distanziert sich von Rechten – steht aber zur Publikationsfreiheit

Die Buchmesse und der Börsenverein des Deutschen Buchhandels teilten am Mittwoch in einem gemeinsamen Statement mit, man bedauere die Absagen von Kuhnke und Mandeng. Man setze „eindeutige Zeichen für eine vielfältige Gesellschaft“, grenze sich von „extremen Positionen deutlich ab“ und sorge für die Sicherheit aller Besucher:innen der Buchmesse. Zugleich stehe man aber für die Freiheit des Wortes und die Publikationsfreiheit. Die Buchmesse bleibt damit ihrer Linie aus den vergangenen Jahren treu, rechtsextreme Verlage nicht auszuladen. In der Vergangenheit hatte vor allem der Antaios-Verlag des neurechten Verlegers Götz Kubitschek für Streit auf der Buchmesse gesorgt.

Rowohlt, der Verlag von Jasmina Kuhnke, teilte am Mittwoch mit, man bedauere die Absage der Autorin sehr, finde sie aber verständlich. Die Meinungsfreiheit stoße an Grenzen, „wenn die Sicherheit und die Grundrechte anderer bedroht werden“. Eine Diskussion zwischen Verlagen und Buchmesse über das Thema sei „dringend erforderlich“. (Hanning Voigts)

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